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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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sollte uns eine SMS schicken, wenn sie sich mit Weis trifft“, keuche ich, während wir zu unseren Autos sprinten. Zum Glück geht es jetzt wenigstens bergab.
    „Nicht jetzt nachsehen“, ruft Vesna zurück. Sie ist schon gute zwanzig Meter vor mir.
    Berger steht mit einer Rolle Klopapier im Vorraum und sieht irgendwie ertappt drein. Kommt davon, wenn Türen immer offen stehen. Wenngleich die Tür zum WC woanders ist, ganz hinten, noch hinter dem Arbeitszimmer. Weis hatte immerhin so viel Anstand, die beiden WCs mit einigermaßen blickdichten Reispapierwänden zu umgeben. Wobei ich ihm die Übung „Öffentliche Notdurft zur Reinigung und Befreiung“ durchaus zutrauen würde. Wäre aber wohl mit einem Teil seiner Jüngerinnen nicht machbar, einige von ihnen sehen so aus, als würden sie derlei Dinge gar nicht tun.
    Ich lächle Berger an. „Ich wollte mich nur verabschieden und mich für die gute Zusammenarbeit bedanken. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass Weis mich rausgeworfen hat.“
    Berger legt die Klopapierrolle auf dem durchsichtigen Tischchen mit den Visitenkarten des Weis.Zentrums ab. Sofort wirkt sie wie die moderne Skulptur irgendeines sehr populären Künstlers, der sich dabei eine Menge gedacht hat.
    „Sie haben ihn nicht gerade geschont in Ihrem Artikel“, erwidert Berger. „Aber ich kann Sie verstehen. Das ist Ihr Job. Und genau betrachtet war ja nichts falsch, was Sie geschrieben haben.“
    Berger ist so anders als Weis. Nachdenklich. Zurückhaltend. Ruhig. Ich weiß, dass er das meiste Material für Weis’ neues Buch gesammelt hat. Ob er irgendetwas dafür bekommt? Was hat die beiden zueinandergeführt?
    „Es tut mir leid, Sie nun aus den Augen zu verlieren“, sage ich wahrheitsgemäß und füge hinzu: „Vielleicht hätte ich bei Ihnen ein paar Stunden nehmen sollen. Kann ja niemandem schaden, ein bisschen in seinem Innenleben aufzuräumen.“ Das klingt irgendwie nach Vesna und ihrer Reinigungsfirma. Seltsam. Aber ist schon was dran. Mein Verhältnis zu Oskar klären, der jetzt auch Vater ist, zu Carmen, zu ihrer Mutter, zum Älterwerden. – Warum nicht auch gleich mein Verhältnis zu Gismo?, spotte ich über mich selbst.
    „Bei mir?“, fragt Berger und lächelt ungläubig. „Beim Handwerker? Wo Sie den Guru auch hätten haben können? Erfolgsfrauen interessieren ihn immer.“
    Was bin ich? Eine Erfolgsfrau? Hab ich noch nie so gesehen. Vielleicht bräuchte ich wirklich eine Therapie. „Ich hab was übrig für Handwerk“, sage ich, „mehr als für Schaumschlägerei. Warum nennt er Sie eigentlich so?“
    „Er sagt, mir fehle die Inspiration, die spirituelle Offenheit zu den anderen hin. Vielleicht hat er recht. Ich habe als Psychologe einfach gelernt, mit Menschen und ihren Problemen umzugehen. Wissen Sie, dass es für gewisse Störungen ziemlich klare Lösungsmuster gibt? Eine Angststörung zum Beispiel kann, wenn der Person sonst nichts fehlt, nach ein paar Gesprächssitzungen einfach weg sein.“
    „Warum arbeiten Sie mit Weis zusammen?“, will ich wissen. „Sie erledigen ja auch eine Menge organisatorischen Kram für ihn“, füge ich hinzu und starre schon wieder auf die Klopapierrollenskulptur.
    „Es hat sich so ergeben“, sagt er kurz und sein Gesicht verschließt sich.
    „Sind Sie eigentlich beteiligt oder bezahlt er Sie?“, frage ich weiter. Er muss mir ja nicht antworten.
    „Mir gehören dreißig Prozent des Zentrums“, erwidert Berger. „Das lässt sich auch jederzeit im Firmenbuch einsehen, aber ich weiß nicht, was Ihnen das für die nächste Reportage bringen soll. Es wird doch eine nächste geben, oder?“
    „Wahrscheinlich schon. Was halten Sie eigentlich von den Vorwürfen gegen Zerwolf? Keine Angst, ich werde Sie nicht erwähnen. Ich brauche nur die Einschätzung eines Menschen, der sich da besser auskennt als ich.“ Das brächte alle, die ein wenig eitel sind, zum Reden. Berger wirkt leider nicht besonders eitel.
    „Ich kann sie schwer nachvollziehen“, sagt der Psychologe trotzdem. „Alles ist vorstellbar, auch dass ein arrivierter Philosoph in der Nacht Frauen belästigt. Wahrscheinlich ist es allerdings nicht. Üblicherweise finden Männer wie er verstecktere Wege, mit sexuellen Störungen umzugehen.“
    „Und die Sache mit dem Terrorismus?“
    „Scheint mir weit hergeholt. Ich würde mich nicht darauf einlassen.“
    „Weis sieht das anders“, entgegne ich.
    „Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum?“, sagt Berger und redet dann sehr

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