Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
in einer Woche wirst du mich anrufen und geradezu betteln, dass ich aus dem Urlaub zurückkommen soll.“
„Das werden wir noch sehen“, er nahm sich demonstrativ eine Akte von einer Seite seines Schreibtisches und blätterte sie auf, „wenn du mich jetzt entschuldigen würdest. Ich habe zu arbeiten.“
„Mistkerl“, sagte Julia bereits im aufstehen.
„Danke, das weiß ich bereits. Das bekomme ich jeden Tag von meiner Frau zu hören. Ist eine Art Kosename für mich“, breit grinsend sah er sie an, „schönen Tag noch und mach bitte die Tür von außen zu.“
Julia fand es grauenvoll, dass er immer das letzte Wort zu haben schien und ihr oft nichts zu entgegnen einfiel.
„Solltest du mich brauchen, du findest mich in den nächsten Tagen an der Alster, laufen.“
„Das glaub’ ich erst, wenn ich es sehe.“
„Dann komm vorbei und kontrolliere mich gern. Ich muss jetzt los, hab noch Termine.“
Noch bevor er ihr etwas erwidern konnte hatte sie sein Büro verlassen.
Sie hatte sich ihren Wecker nicht gestellt und doch wurde sie wie jeden Morgen um kurz nach sieben wach.
„Na toll“, sagte sie laut zu sich selbst.
Jetzt konnte sie endlich einmal ausschlafen, was sie jeden morgen gern getan hätte, und trotzdem weckte sie ihre innere Uhr. Sie richtete sich auf, um einen Blick aus ihrem Fenster zu riskieren. Draußen war es grau, dabei sollte es heute eigentlich sonnig und schön werden. Sicher erst in ein paar Stunden, so lange konnte sie sich wieder hinlegen und weiterschlafen.
Sie drehte sich in ihre Decke und schloss ihre Augen. Aber sie war nicht mehr müde. Ganz im Gegenteil, wie war putzmunter. Entnervt legte sie sich auf den Rücken und betrachtete ihre Decke. Die hätte sie durchaus besser renovieren können, hier und da waren Unebenheiten zu erkennen. Aber die Deckenhöhe war überdurchschnittlich, was typisch für einen Altbau war. Da sie keine männliche Unterstützung gehabt hatte, passte sie Arbeiten ihren Gegebenheiten an. Wer schaut schon pausenlos an die Decke?
Sie wollte so lange in ihrem Bett liegen bleiben, bis es draußen heller wurde. In der Zwischenzeit grübelte sie über ihr Leben nach. Sie war nun einunddreißig Jahre alt und dabei eine anständige Karriere als Anwältin zu machen. Die Arbeit in einer Kanzlei war das, was sie schon immer hatte tun wollen. Sie konnte sich nicht daran erinnern einen anderen Berufswunsch gehabt zu haben. Und sie hatte es nie bereut zielstrebig den Weg in Richtung Juristin gegangen zu sein.
Das war allerdings nur ein Teil ihres Lebens, der zur Zeit jedoch ihre gesamte Energie in Anspruch nahm und sie hatte nichts dagegen, so brauchte sie sich nicht über den Rest ihres, wie sie fand, kläglichen Daseins auseinanderzusetzen. So lange sie arbeitete war alles in Ordnung. Sie ging in ihrer Arbeit auf und es befriedigte sie ungemein. Aber das konnte doch nicht alles gewesen sein. Wenn sie in neun Jahren zurück blickte, wollte sie nicht sagen müssen, dass alles, was sie bis dahin geschafft hatte, eine Partnerschaft in der Kanzlei sei.
Was aber erwartete sie vom Leben? Sie wollte nicht heiraten und sie wollte keine Kinder. Wobei sie sich über Familie eigentlich noch gar keine richtigen Gedanken gemacht hatte. Im herkömmlichen Sinn wollte sie das sicher nicht. Sie dachte, wenn sie ein Mann wäre, dann würde es ihr auch nichts ausmachen Kinder zu haben, dann brauchte sie ihre Arbeit nicht aufzugeben. Das hätte Ulli auf jeden Fall von ihr erwartet. Er wäre nie zu Hause geblieben, um sie den Lebensunterhalt verdienen zu lassen. Auf eine Diskussion, dass die Kinder auch in einer Kindertagesstätte gut aufgehoben wären, hätte er sich nicht eingelassen. Schließlich blieben seine Schwägerinnen auch zu Hause.
Julia überlegte, wann ihre innere Uhr anfangen würde zu ticken, so wie es immer alle sagten, irgendwann spürt jede Frau, dass sie Kinder haben möchte. Sie jedoch fand Kinder noch nie toll und schon gar nicht niedlich. Jedes Mal, wenn eine ihrer Freundinnen deren Neugeborenen ihr auf den Arm legten, bekam sie Schweißausbrüche. Noch nie hatte sie dafür etwas empfunden, wenn sie Babys oder kleine Kinder sah. Alle anderen Frauen waren immer aus dem Häuschen und fingen an zu quietschen, wie süß doch Kinder seien und sie unbedingt auch eins wollten. Was also stimmte nicht mit ihr?
Sie musste an Maren denken, ihre damals beste Freundin, die sie in den Semesterferien an einen Amerikaner verloren hatte. Maren war in die Staaten
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