Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
aller Ruhe ein halbes Brötchen vers peist hatte, sah sie Julia wohlgesonnen an.
„Wieso bist du zu Hause, bist du krank?“
„Nein“, maulte Julia, „Robert hat mich beurlaubt. Er meinte ich sehe so abgekämpft aus und ich sollte mich mal ausruhen. So ein Quatsch. Was soll ich denn zu Hause anfangen?“
„Also, erstens hat er schon ein bisschen Recht. Du siehst müde aus. Und zweitens solltest du dich freuen. Urlaub ist doch was Schönes. Jetzt kannst du mal machen was du willst.“
„Ich weiß aber nicht, was ich will. Ich kenne nichts anderes als Arbeit. Bestimmt werde ich mich langweilen.“
„Ach was. Lies doch mal ein Buch, einfach nur so zum Spaß. Keine Paragraphen und so ein Zeug.“
„Ich liebe Paragraphen, die geben mir Sicherheit.“
„Du spinnst.“
„Ich weiß“, gab Julia zu, „wieso hast du mir nicht gesagt, dass man schon sieht, dass ich abgenommen habe?“
„Keine Ahnung, man sieht das schon, aber irgendwie dachte ich nicht daran, es dir zu sagen.“
„Es hätte mich mehr motiviert.“
„Dann tut es mir leid. Wer hat dir denn gesagt, dass du schon dünner geworden bist?“
„Robert.“
„Ach, na denn.“
„Was soll das denn schon wieder heißen?“
„Der wollte sich doch bestimmt nur bei dir einschleimen.“
„Du bist unmöglich und er wollte das bestimmt nicht, so.“
„Julia, nimm doch nicht immer alles so ernst. Schon gar nicht was ich sage, wenn es noch so früh ist. Du weißt, dass ich viele Dinge nicht so meine, wie sie sich anhören.“
Sie griff nach Julias Hand und drückte sie.
„Ich weiß, ist schon gut. Und trotzdem weiß ich nicht was ich die nächsten drei Wochen anfangen soll?“
In den ersten Tagen quälte Julia eine unerträgliche Langeweile und die Zeit kroch langsam dahin. Zwar frühstückte sie jeden morgen mit Gitte, was beide Frauen genossen, aber was sollte sie mit dem Rest des Tages anfangen?
Sie widmete sich der Reinigung ihrer Wohnung, obwohl das gar nicht nötig war. Nachdem sie alle Fenster geputzt hatte, nahm sie sich der Bügelwäsche an. Das machte sie normalerweise sonntags. Das war ihr Ritual. Nachmittags den Fernseher einzuschalten, einen Film anzusehen, sich darüber lustig zu machen und dabei zu bügeln. Sie versuchte nicht daran zu denken, was sie nun am Sonntag machen sollte, wo sie nun die Bügelwäsche bereits erledigt hatte.
Jeden Morgen, wen n sie aufwachte, grübelte sie über ihr Leben nach. Das wurde fast wie ein Ritual, immer mit dem gleichen, wenig erfreulichen Ergebnis. Ihr Leben war trostlos.
„Sag mal“, fragte sie Gitte eines morgens, „möchtest du eigentlich Kinder haben?“
„Wie kommst du denn jetzt auf einmal darauf?“
„Ich denke täglich über mein Leben nach und darüber, warum ich keine Kinder will. Manchmal glaube ich, dass ich nicht normal bin, weil ich keine haben möchte und nichts empfinde, wenn ich ein Baby sehe. Wieso tickt in mir keine Uhr, wie bei jeder anderen Frau?“
„Du spinnst. Ist doch völlig okay, wenn du keine Kinder möchtest.“
„Findest du? Ich hatte mal eine Freundin, die behauptete, dass man keine wirkliche Frau sei, wenn man keine Kinder hätte.“
„Was du für eigenartige Freunde hast.“
„Sie ist nicht mehr meine Freundin.“
„Das beruhigt mich.“
„Willst du denn nun Kinder?“
„Nein.“
„Woher weißt du das so sicher?“
„Als ich mit zwanzig als Aupairmädchen nach England ging, dachte ich, das beste Jahr meines Lebens vor mir zu haben. Ich hatte Glück und kam in eine super reiche Familie in London. Besser geht’s nicht, dachte ich. Ich lebte in einem riesigen Haus mitten in London, hatte meine eigene kleine Einliegerwohnung im Keller. Alles hätte wunderbar sein sollen.“
„Und was war, hat dich der Ehemann angemacht?“
„Nein, das wäre schön gewesen. Der sah verdammt gut aus, für einen Engländer jedenfalls. Ich hatte die Aufgabe mich um die Kleinen zu kümmern, dass wofür eben ein Aupairmädchen da ist. Die Kinder waren zwei und drei Jahre alt. Die Kleinere musste ich sogar noch wickeln.“
„Na und?“
„Ich habe mich Tag und Nacht um die Kinder gekümmert. Die Eltern hatten viele gesellschaftliche Verpflichtungen und waren auch nachts viel unterwegs. Ein Jahr war ich die Ersatzmutter. Nicht, dass die Kleinen nicht nett gewesen wären, aber sie zerrten ständig an mir und ich hatte nicht eine ruhige Minute. Während andere Aupairs sich trafen und auf Partys gingen, musste ich immer die Kinder hüten, dabei
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