Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
trafen, auch wenn niemand den Verdacht hatte, dass die beiden etwas miteinander hätten haben können.
Sogar einer ihrer anderen Chefs kam vorbei und wollte wissen, was passiert sei. Es konnte unmöglich noch an der Trennung seiner Frau liegen, das war inzwischen schon Monate her. Man fragte Julia tatsächlich, ob es an einer anderen Frau hätte liegen können. In solchen Momenten wurde Julia regelmäßig schlecht.
Sie musste etwas unternehmen. Eines Nachmittags, als er krank zu Hause war, fuhr sie mit Unterlagen zu ihm, die er dringend brauchte. Nur äußerst widerwillig ließ er sie in seine Wohnung. Er sah nicht gut aus. Seine Wangen waren eingefallen. Tiefe Schatten unter seinen Augen unterstrichen seinen schlechten Zustand. Sie erschrak regelrecht und bekam augenblicklich ein schlechtes Gewissen.
„Was willst du?“
„Ich bringe dir die Unterlagen, die du wolltest.“
„Das hätte auch jemand anderes machen können. Einer, dem wir nicht so viel Stundenlohn zahlen. Das ist ein verdammt teurer Kurierdienst, dass ist dir hoffentlich klar?“
„Sei doch bitte nicht so, das tut mir weh.“
„Was du nicht sagst. Ich kann mir kaum vorstellen, dass du Gefühle hast”, er lachte, dabei sah er nicht aus, als sei er amüsiert.
„Ich wollte dich sehen und hören wie es dir geht.“
„Nun, jetzt hast du mich gesehen und dich davon überzeugt, dass es mir beschissen geht. Du hast doch sicher noch sehr viel Arbeit in der Kanzlei.“
„Hör doch bitte damit auf. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass wir das nicht tun sollten, weil ich genau das befürchtet hatte.“
„Ach ja, was denn? Das du mir das Herz rausreißen würdest?“
„Robert, bitte”, flehte sie ihn an, „ lass es. Du wusstest worauf du dich eingelassen hattest. Jetzt vergeh’ nicht in Selbstmitleid deswegen.“
„Tu ich das?“
„Ja, das tust du. Sieh dich doch an? Alle in der Kanzlei fragen sich, was mit dir los ist. Sie haben mich geschickt, damit ich nach dir sehe und dich wieder zur Vernunft bringe.“
„Also bist du gar nicht meinetwegen gekommen?“
„Doch natürlich. Was denkst du? Ich rufe dich täglich an, um mir von dir eine Abfuhr zu holen und mich von dir anpampen zu lassen.“
Sie war ohne zu fragen in sein Wohnzimmer gegangen. Robert hatte sich in einen der Sessel gesetzt, sah sie nicht an, machte nur eine abwehrende Handbewegung und starrte in Richtung des Fensters. Draußen war es herrlich sommerlich. Die Sonne schien bei angenehmen sechsundzwanzig Grad. Inzwischen war es Anfang Juni. Erstaunlicherweise war der Sommer recht schön geworden.
Alle Fenster waren verschlossen und die Vorhänge leicht zugezogen. In der Wohnung roch es abgestanden und stickig. Sie öffnete die Fenster und ließ frische, warme Luft herein.
„Was machst du da?“
„Das siehst du doch. So kannst du nicht gesund werden.“
Die Sonne durchflutete augenblicklich sein Wohnzimmer und brachte nach Sommer duftende Aromen mit sich. Erst jetzt sah sie, wie schlecht er wirklich aussah.
„Du gehst jetzt ab ins Bad und ich koch dir was Schönes. Du siehst so aus, als hättest du schon lange nichts Richtiges gegessen.“
„Hör auf und verschwinde wieder”, brummte er sie an.
„Auf gar keinen Fall. Ich bleibe, das bin ich dir schuldig.“
„Du schuldest mir gar nichts. Tu mir einen Gefallen und mach die Tür von außen zu.“
„Nein, das werde ich nicht. So geht das nicht. Ich mach mir Sorgen.“
„Weißt du was? Ich scheiß auf deine Fürsorge.“
Sie starrte ihn an und spürte, wie Tränen aufstiegen. Ob sie durch Wut oder aber durch verletzten Gefühle hervorgerufen wurden, konnte sie nicht genau sagen.
„Und weißt du was? Du hast mich überhaupt nicht verdient. Kein Wunder, dass ich dich nicht lieben konnte.“
Sofort bedauerte sie ihre Worte. So hart wollte sie gar nicht sein und er hatte es nicht verdient, egal, wie gemein er zu ihr war. Immerhin hatte er einen guten Grund, auf sie sauer zu sein. Er mühte sich ab ihre Liebe zu bekommen, aber sie wollte nur Sex.
Beide starrten sich an. Keiner der beiden hatte Worte für den anderen und beide waren über die Maßen verletzt. Robert erhob sich und kam auf sie zu. Schweigend stand er vor ihr und nahm sie in seine Arme. Sie spürte, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Auch wenn sie ihn nicht liebte, seine Nähe war ihr immer sehr angenehm gewesen.
„Es tut mir leid”, sagte er mit sanfter Stimme, „ich wollte dich nicht soweit bringen, dass du solche Sachen
Weitere Kostenlose Bücher