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Leben mit Hochsensibilitaet

Leben mit Hochsensibilitaet

Titel: Leben mit Hochsensibilitaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marletta-Hart Susan
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am schwersten, selbst wenn das nach außen hin nicht sichtbar wird.
    Im Fall von häuslichem Streit hat das hochsensible Kind schwer zu tragen unter dem Bombardement von heftigen Wortwechseln, Beschimpfungen und Anklagen, die mit vielfachen Konflikten einhergehen. Doch auch wenn der Streit zwischen den Eltern unausgesprochen bleibt und unterschwellig wuchert, kann dessen negative Energie für hochsensible Kinder eine große Bedrängnis darstellen. Das Kind wird auf irgendeine Art mit Unruhe reagieren. Wenn die häusliche Situation bedrohlich erscheint, wenn Eltern süchtig oder ständig abwesend sind, die Kinder schlagen oder bedrohen, leidet ein sensibles Kind auf verschiedenste Art, abhängig von seinem Temperament. Die Reaktionsmuster der Kinder sind ganz unterschiedlich. Das Thema ist zu komplex, um es hier in all seinen Facetten zu besprechen. Ich möchte lediglich die am häufigsten vorkommenden Reaktionen kurz aufzählen. Es sind Angststörungen, Depressionen, Schuld- und Schamgefühle und Fluchtverhalten.
    In Sylvias Elternhaus waren viele unausgesprochene Probleme zu spüren. Anfangs reagierte sie darauf mit Ruhelosigkeit und indem sie die Aufmerksamkeit auf sich zog. Durch ihre Hochsensibilität spürte sie genau, wie schlecht es zwischen ihren Eltern lief. Ihre Unfähigkeit, daran etwas zu ändern, führte dazu, dass sie schwer erziehbar wurde. Später drückte es sich in Drogensucht aus. „MeinVater war ein stiller, introvertierter Mann. Er war Berufsschullehrer und musste häufig die Schule wechseln, wodurch wir mehrmals umziehen mussten. Ob er hochsensibel war, weiß ich nicht, aber es kann gut sein. Jedenfalls fiel ich zu Hause durch meine Hochsensibilität auf, die damals natürlich noch nicht so genannt wurde.
    Die schlechte Beziehung zwischen meinen Eltern wurde nie richtig angesprochen – dafür spürte ich sie umso mehr. Es brodelte überall im Haus. Weil ich das merkte, legte ich mich quer und versuchte, auf negative Art die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ich nahm die Stelle des Blitzableiters ein.
    Ich hatte einen eigenen starken Willen. Mein Bruder und meine Schwester waren viel einfacher im Umgang. Sie passten sich an.
    Ich reagierte vor allem auf die Stimmungen meiner Mutter. Damals träumte ich sehr viel. Manche Träume waren hellsichtig. Ich glaubte mehr und mehr, dass ich verrückt wurde. Meine Eltern halfen mir kein bisschen dabei, meine Persönlichkeit zu akzeptieren. Sie fanden, dass ich zu nichts taugte, und sprachen das auch immer deutlicher laut aus, während ich doch eigentlich mehr Aufmerksamkeit und echten Kontakt benötigte. Meine Mutter sagte immer: ‚Bei Sylvia muss man die Worte auf die Goldwaage legen.‘ Im Nachhinein betrachtet, beschrieb sie damit präzise meine Hochsensibilität.
    Als ich vierzehn war, fand ich ein Büchlein mit dem Titel
Überempfindliche Menschen
. Darin erkannte ich mich selbst. In meinen Tagebüchern von damals drückte ich es so aus: ‚Es scheint mir, als gehöre ich gar nicht zu unserer Familie. Ich brauche viel Aufmerksamkeit und die bekomme ich nicht. Was muss ich tun?‘ Ich kam in eine Phase, in der ich mich selbst abhärtete. Ich dachte, dass darin die Lösung läge. Aus diesem Grund begann ich auch, mit Drogen zu experimentieren. Anfangs waren es nur weiche Drogen. Aber ich ging schnell zu den harten Drogen über. Ab einem bestimmten Moment war mir alles egal. Ich wurde richtig süchtig. In dieser Zeit wollte ich am liebsten sterben.“ 36
    Wenn Liebe und Sicherheit strukturell fehlen, reagieren manche Kinder, indem sie streitlustig, trotzig und widerspenstig werden, so wie es bei Sylvia der Fall war. Als das nicht zu funktionieren schien, suchte sie ihr Heil in Drogen. Andere Kinder flüchten sich in Alkohol oder in bestimmte Cliquen oder Gruppierungen, die auf einem anderen Gebiet auffällig werden. Wieder andere hochsensible Kinder bleiben den Eltern gegenüber sehr loyal und werden übermäßig verantwortungsbewusst. Sie begreifen ihre eigene Rolle nicht. Sie sehen sich als Sündenbock und fühlen sich schuldig für Dinge, für die sie absolut nichts können. In ihrem kindlichen Verständnis verbinden sie einen Teil der eigenen Persönlichkeit, eine bestimmte Handlung oder ein Geschehnis mit den Problemen, die in der Familie vorhanden sind. Als Erwachsene haben sie häufig extreme Schuldgefühle, die sie nirgends einordnen können.
    Rose war stets diejenige, die sich entschuldigte, wenn es Streit gab. Ihre Schwester blieb häufig

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