Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben
eine Sache gibt, die sich nicht bezweifeln lässt. Dass Descartes zweifelte, bedeutet, dass er denken musste. Sogar wenn er sich täuschen ließ, sogar wenn er sich irrte, dachte er immer noch über etwas nach. Das ist sein berühmtes »Cogito, ergo sum«: »Ich denke, also bin ich.« Aber wenn Descartes weiß, dass er denkt, dann kann er im Hinblick auf seinen Geist etwas mit Sicherheit behaupten, was er im Hinblick auf sein Gehirn nicht sicher wissen kann. Folglich muss sich der Geist vom Gehirn unterscheiden.
So genial Descartes’ Argument auch ist, konnte es doch die meisten Philosophen nicht überzeugen. Gleichwohl hat der Dualismus in den letzten Jahren neuen Respekt und neue Anhänger gewonnen, unter Philosophen ebenso wie unter Wissenschaftlern. Auch wenn die meisten Philosophen sich immer noch für Materialisten halten, haben einige von ihnen erkannt, dass der scheinbar unüberwindliche Einwand gegen den Dualismus (»Wie kann der Geist den Körper bewegen?«) am Ende wohl doch nicht so stark ist. Der Einwand wurzelt in der Autorität der Wissenschaft: Da die Welt von physikalischen Gesetzen beherrscht wird, wie können da immaterielle Gedanken, Überzeugungen
und Wünsche zu materiellen Ergebnissen führen? Natürlich kommt der objektive Ansatz der Wissenschaft an die subjektive, immaterielle Welt der Gedanken, Überzeugungen und Wünsche gar nicht heran, denn nur die materielle Welt wird von den Gesetzen der Physik beherrscht. Dass die Wissenschaft nicht erklären kann, wie das Immaterielle das Materielle beeinflusst, ist eigentlich nur bezeichnend für die begrenzte Reichweite der Wissenschaft.
Das Comeback des Dualismus in der Wissenschaft hat mit neueren Entwicklungen in der Medizin zu tun. Sie zeigen, dass mentale Aktivitäten nicht nur materielle Folgen haben, sondern auch die Neuronen in unserem Gehirn wiederherstellen und neu programmieren. In The Mind and the Brain beschreibt der Arzt Jeffrey Schwartz seine Arbeit mit Patienten, die unter Zwangsstörungen leiden. Dabei handelt es sich um Störungen der Hirnchemie, die den Patienten dazu veranlassen, sich beispielsweise alle paar Minuten die Hände zu waschen oder vor Spinnen zu flüchten, von denen er sich verfolgt fühlt, oder jeden Morgen mit der Furcht aufzuwachen, dass sich auf seinem Gesicht Exkremente befinden. Seit Jahrzehnten werden Zwangsstörungen mit Medikamenten und Verhaltenstherapie behandelt, die den Patienten zwingen will, »sich der Furcht zu stellen«. Wenn man also eine paranoide Furcht vor Spinnen oder vor der Berührung mit Exkrementen hat, dann besteht ein Teil der Behandlung darin, dass man Spinnen auf sich herumkriechen lassen oder den Kopf in einen Misthaufen stecken muss.
Diese Behandlung zeigte bisher nur mäßigen Erfolg. Es überrascht nicht, dass viele Patienten sie demütigend fanden und rundweg ablehnten. Schwartz entwickelte etwas,
was er »kognitive Therapie« nennt. Die Patienten lernen dabei, ihren Geist neu auszurichten, weg von den Zwängen, und ihre Gedanken und Handlungen idealerweise auf Angenehmeres zu konzentrieren. Diese Behandlung zeigt nicht nur eindrucksvolle Resultate, sondern Schwartz hat auch festgestellt, dass die Gehirne der Patienten dabei neu verschaltet wurden, sodass sie keine paranoiden und zerstörerischen Zwänge mehr empfanden. Mit anderen Worten: Die Patienten modifizierten nicht nur ihre zwanghaften Gedanken, sondern gaben ihrem Gehirn tatsächlich eine neue Ordnung. 2
In gewisser Weise ist die Entdeckung von Schwartz, dass der Geist das Gehirn verändern kann, nicht neu. Ärzte wissen schon lange, dass mentaler Stress hohen Blutdruck fördern kann. Der Neurowissenschaftler Mario Beauregard hebt außerdem hervor, dass eins der am häufigsten nachgewiesenen Phänomene in der Medizin der Placeboeffekt ist, der dazu führt, dass es Patienten, die nur Scheinmedikamente erhalten, deutlich besser geht. Die Patienten glauben, sie hätten eine wirksame Arznei erhalten, und ihr Körper reagiert entsprechend. Ein weniger bekanntes komplementäres Phänomen ist der Noceboeffekt, bei dem es darum geht, was mit dem Körper eines Menschen geschieht, der glaubt, er sei infiziert oder verseucht worden. Patienten, die davon überzeugt sind, dass ein bestimmtes Medikament bei ihnen Übelkeit auslösen wird, empfinden tatsächlich Übelkeit, auch wenn sie in Wirklichkeit nur eine Zuckerpille als Scheinmedikament erhalten haben. Ganz ähnlich geht es Medizinstudenten, die manchmal die Symptome von
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