Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben
auch anders hätten entscheiden können. Diese Art von Freiheit schließt nicht aus, dass andere Faktoren unsere Wahl beeinflussen, aber die Entscheidung bleibt uns überlassen. Dennett und Flanagan behaupten,
dass eine solche Freiheit in einem gesetzmäßig funktionierenden Universum ausgeschlossen ist. Die andere Art von Freiheit besteht in der Abwesenheit von Einschränkungen. Das bedeutet, dass wir die freie Wahl haben, wenn uns nichts im Weg steht. Unser Handeln kann zwar durch Hirnzustände verursacht oder determiniert sein, die sich unserer Kontrolle entziehen, aber es handelt sich dabei um unsere persönlichen Hirnzustände. Solange kein äußeres Hindernis uns von unseren Aktivitäten abhält, sind wir zumindest in diesem Sinne frei. Damit sagen Dennett und Flanagan also, dass wir wählen können, was wir wollen, auch wenn wir nicht wollen können, was wir wollen.
Kann dieser Versuch, die freie Wahl und den Determinismus unter einen Hut zu bringen, wirklich funktionieren? Ich glaube, nicht. Stellen Sie sich ein ferngesteuertes Auto vor, das sich durch ein Zimmer bewegt, ohne auf ein Hindernis zu stoßen. Es scheint absurd zu sagen, das Auto habe einen freien Willen, nur weil es nichts gibt, womit es zusammenstoßen könnte; in Wirklichkeit wird es voll und ganz von demjenigen kontrolliert, der die Fernbedienung in der Hand hat. Sogar auf der menschlichen Ebene ist die Vorstellung absurd, dass Schlafwandler oder Heroinsüchtige über ihr Handeln frei entscheiden, nur weil niemand sie zurückhält. Würde ein verrückter Neurowissenschaftler Ihr Gehirn manipulieren und Sie auf Meuchelmord programmieren, würden Sie dann frei und selbstbestimmt handeln? Natürlich nicht. Das ist es wirklich nicht, was wir unter Freiheit verstehen. Wenn Menschen Autonomie und Selbstbestimmung haben sollen, dann setzt das eine Art von Freiheit voraus, die weit über die Abwesenheit äußerer Beschränkungen hinausgeht.
Kehren wir zurück zum Argument von Laplace, der den freien Willen auf der Grundlage des Newton’schen Weltbilds verwirft. Aber dieses Paradigma ist durch die moderne Physik längst überholt. Viele Physiker haben erklärt, dass die Quantenphysik und ganz besonders die Unschärferelation durchaus einen Raum für den freien Willen eröffnen. Die Logik ist sehr einfach: Wenn das Universum deterministisch ist, kann es keinen freien Willen geben; das Universum ist aber nicht deterministisch, und deshalb kann es einen freien Willen geben. Der Physiker Stephen Barr kommt zu dem Schluss: »In den heute anerkannten Naturgesetzen gibt es nichts, was logisch nicht mit dem freien Willen vereinbar wäre.« 15
Für den freien Willen spricht noch mehr, wenn wir uns klarmachen, dass alle Versuche, ihn anzufechten, ohne Zusammenhang sind. In seinem Buch Possible Worlds schrieb der Evolutionist J.B.S. Haldane: »Wenn meine mentalen Prozesse vollständig durch die Bewegungen von Atomen in meinem Gehirn festgelegt sind, habe ich keinen Grund zu der Annahme, dass meine Überzeugungen der Wahrheit entsprechen … und deshalb habe ich keinen Grund zu der Annahme, dass mein Gehirn aus Atomen zusammengesetzt ist.« 16 Ein Mensch, der den freien Willen leugnet, ist das intellektuelle Äquivalent zu jemandem, der sich von einer Klippe stürzt.
Einer der ersten Denker, die das Problem in seiner vollen Tragweite erkannt haben, war Immanuel Kant. In seinem Buch Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft führte er einen Beweis des freien Willens, der in seiner Originalität ebenso wie in seiner Richtung überrascht. Kant argumentierte, die Moral sei ein unverzichtbarer Teil des
Menschseins. Es hat nie eine menschliche Kultur ohne Moral gegeben. Kein normales menschliches Wesen kann die Moral vollständig ablehnen; wer richtig und falsch nicht unterscheiden kann, gilt als Psychopath. Wenn man einen Materialisten mit unmenschlicher Brutalität behandelt – nicht als Person, sondern als Objekt –, dann wird er empört protestieren: »Das hättest du nicht tun dürfen!« Sosehr er sich darum bemühen mag, auch der Materialist kommt nicht ganz ohne Moral aus. Moral ist ein unbestreitbares Faktum in der Welt, nicht weniger real als irgendwelche anderen Fakten.
Sogar Materialisten, die den freien Willen leugnen, denken und handeln typischerweise moralisch wie jeder andere Mensch. Wie in diesem Kapitel schon erwähnt wurde, hält der Biologe E. O. Wilson den freien Willen für eine Illusion. Sehen wir uns also an, wie stimmig
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