Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
Botschaft zu formulieren, findet sich in seinem vielzitierten Artikel »Exercise in the Prevention of Coronary Heart Disease: Today’s Best Buy in Public Health« (»Sportliche Betätigung als Vorbeugung gegen koronare Herzkrankheit: Die beste Option in der Gesundheitsvorsorge«), der 1994 erschien, als der Autor schon stolze 84 Jahre zählte.
Die Lehre, dass »wenig Sport besser als gar keiner ist, mehr aber auf jeden Fall besser als wenig«, erscheint uns ziemlich vereinfacht und auch augenfällig, aber man muss bedenken, dass sie erst nach über 60 Jahren Forschungsarbeit allgemein akzeptiert wurde. Selbst heute noch wird die Forschung nach den von diesen beiden Wissenschaftlern erstellten Prinzipien fortgesetzt; sie prägt inzwischen gesetzliche Vorschriften, politische Regelungen und, noch bemerkenswerter, die Einstellung von Millionen Menschen. Während der Arbeit an diesem Buch berichtete ein Forscherteam unter Timothy S. Church am Pennington Biomedical Research Center in Baton Ragon über eine neue Studie, die den beträchtlichen Gewichtszuwachs im Bevölkerungsdurchschnitt auf die Veränderungen in der Arbeitswelt seit 1960 zurückführt. Berufsbilder mit mäßig schwerer körperlicher Arbeit, etwa in der Landwirtschaft und der Produktion, die 1960 etwa 50 Prozent der Arbeitsplätze ausmachten, gibt es heute nur noch für etwa 20 Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Ich halte einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und der mangelnden Anstrengung bei der Arbeit für nicht sehr überraschend. Churchs Ergebnisse fügen sich einfach in das Bild ein, das Forscher wie Morris und Paffenberger gewonnen haben. Es ist unwahrscheinlich, dass die körperliche Anstrengung je wieder ins Berufsleben zurückkehrt, aber wir können dafür sorgen, dass wir das in der Freizeit ausgleichen.
Paffenberger selbst gaben seine Studien so sehr zu denken, dass er schließlich seine eigene Medizin schluckte, als er sich klarmachte, dass er als Mediziner ja ebenfalls kaum körperliche Bewegung hatte. Seine Erkenntnis, dass die Aufnahme sportlicher Aktivitäten auch im Alter noch ähnliche Wirkungen hat, als hätte man sein Leben lang Sport getrieben, motivierte Paffenberger, einen bis dahin völlig unsportlichen Mann, in dessen Familie mehrere Fälle früher Herzinfarkte aufgetreten waren, im Herbst 1967 mit 45 Jahren ein Lauftraining zu beginnen. Als er 1993 im Alter von 71 das Laufen aufgeben musste, hatte er an 151 Marathon- und Ultramarathonläufen teilgenommen, darunter zweimal am Boston Marathon und fünfmal am gefürchteten Western States 100 Endurance Run, wobei er sein erstes Hundertmeilenrennen (also etwa 160 Kilometer) durch die Sierra Nevada in weniger als 29 Stunden absolvierte; damals war er 54. Keine Panik, Sie müssen es nicht so extrem angehen lassen, wenn Sie die Früchte körperlicher Bewegung ernten möchten. Ich werde Ihnen ein viel einfacheres – und sehr viel weniger zeitaufwändiges – Programm empfehlen. Paffenberger war anscheinend nicht nur als Forscher eine Anomalie, sondern auch in seiner Freizeit.
Über 50 Jahre, nachdem Morris und Paffenberger ihre Studien durchgeführt hatten, waren sie immer noch unzufrieden mit ihren Kollegen in den Arztpraxen, im Gesundheitswesen und in der Gesundheitspolitik, weil die überwältigenden Belege für den gesundheitlichen Nutzen sportlicher Betätigung in der klinischen Praxis wie in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge weiterhin nur unzureichend umgesetzt wurden. Die beiden betätigten sich als hartnäckige Nervensägen, mahnten, quengelten, drängten und wollten einfach nicht aufhören, mehr Bewegung zu fordern. Im Vorwort eines 2003 erschienenen Buches konnte Morris sich die Bemerkung nicht verkneifen: »In dem halben Jahrhundert seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat es eine Explosion an Wissen über Nutzen und Notwendigkeit körperlicher Betätigung/Sport für das ganze Leben und den ganzen Körper gegeben. Dieses Wissen wird allerdings kaum praktisch angewendet. Die Folge ist eine ungeheure Verschwendung an menschlichem Potenzial für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.« Im selben Buch schreibt er: »Spätere Geschichtsschreiber werden das Versagen unserer Gesellschaft bei der Anwendung des Wissens um die normalen Alterungsprozesse, besonders des Muskelschwunds, und ihrer Linderung wohl kaum verstehen.« Ich könnte es nicht besser ausdrücken.
Es ist interessant, dass Paffenberger erst mit 84 Jahren im Jahr 2007 an Herzversagen
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