Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
wie man nach potenziellen Fehlern oder zukünftigen Ausfällen suchen muss –, und dann müsste man wissen, wie man die Bedingungen optimiert, um Ausfällen vorzubeugen. Man könnte auch gleichsam die »Komponenten« austauschen, die nicht richtig funktionieren oder die mit Medikamententherapien oder Änderungen der Lebensweise umgebaut werden müssen. Anstatt Krankheiten oder Systemversagen erst zu behandeln, wenn sie schon eingetreten sind, könnten Sie vorbeugen, damit sie es gar nicht erst tun.
Grundlage der Medizin komplexer Systeme ist die Identifikation der Elemente eines Systems und der anschließende Test ihrer Wechselwirkungen und Beziehungen durch »Störung« des Systems. Auch eine Krankheit ist schließlich eine »Störung« des Systems, entweder durch genetische oder Umweltveränderungen oder durch beides. Wenn wir erst einmal das vollständige Netzwerk der Gene oder Proteine erfasst haben, die in einem bestimmten Gewebstypus zusammenwirken, können wir Teile dieses Netzwerks in verschiedenen Proben manipulieren und die Ergebnisse vergleichen. Wir können zum Beispiel ausprobieren, was ein Blutdruckmedikament oder eine tägliche Tablette Baby-Aspirin mit dem System als Ganzem anstellt, und zwar auch in Bereichen, wo wir ihnen keine Wirkung zuschreiben würden. Letztlich könnten solche Experimente zur Entdeckung molekularer Veränderungen bei der Entstehung von Karzinomen, Entzündungen oder anderer Erkrankungen führen. In vielen Fällen gehört zu diesen Veränderungen möglicherweise auch die Ausschüttung von Proteinen in den Blutkreislauf; daher die Idee eines Bluttests für Krankheiten – einschließlich Krebs.
Nicht mehr lange, und die Pharmafirmen werden nicht nur auf den einzelnen Kunden maßgeschneiderte Therapien entwickeln, sondern auch Ärzte werden die Vergabe von Medikamenten – wer welche Behandlung erhält – entsprechend anpassen können. Sagen wir beispielsweise, dass ein neues Krebsmedikament nutzlos ist, wenn beim Test nur 20 Prozent der Patienten auf das Mittel ansprechen, es den meisten nicht hilft und womöglich einige sogar ziemlich krank macht. Wäre es nicht schön, wenn man ein Muster von Proteinen oder anderen Molekülen im Blut nachweisen könnte, das uns sagt, welche 20 Prozent der Patienten auf das Mittel ansprechen? Für die Betroffenen ist es schließlich ein Wundermittel. Wenn die Genetik allein aussagen könnte, wer auf welches Mittel anspricht, dann bräuchten wir die Informationen über die Proteine und anderen Moleküle nicht. Aber in diesem Bereich der Medizin reichen die reinen Zutatenlisten nicht aus; man muss wissen, was in der Küche passiert.
Die relevanten Informationen liegen mit größerer Wahrscheinlichkeit in den Proteinen. Wir können jetzt anfangen abzuwägen: »Wenn wir das Proteinmuster X sehen, deutet das auf Problem Y, gegen das Medikament Z hilft.« Ganz plötzlich haben wir Hunderttausende Indikatoren für die konkreten Vorgänge im Körper – die uns eben auch sagen, ob wir uns in Richtung Gesundheit oder Krankheit bewegen. Zum ersten Mal können wir unser System wirklich untersuchen, messen und verstehen, und das kann den entscheidenden Unterschied nicht nur für die Zukunft der Medizin, sondern auch für die Zukunft unsrer individuellen Gesundheit ausmachen.
Natürlich sind auch andere Moleküle wichtig, nicht nur die Proteine. Wir wissen zum Beispiel, dass auch Glukose wichtig ist. Glukose ist ein Zuckermolekül, das den Zellstoffwechsel antreibt; sie ist also unsere Hauptenergiequelle. Aber wiederum regeln Proteine die Produktion und den Abbau anderer Moleküle, wie etwa auch der Glukose; wenn wir also den Zustand der Proteine erfassen und verstehen, dann können wir daraus erschließen, was mit den anderen Molekülen geschieht. Sicher, der körperliche Gesamtzustand hängt nicht nur von den Proteinen ab, aber dort scheinen sich die meisten Informationen darüber zu finden. Ich glaube, dass wir viel erreichen können, wenn wir den Proteincode entschlüsseln.
Für jemanden wie mich ist dies eine äußerst spannende Epoche der Medizin. Mithilfe von Spitzentechnologie, technischem und systemorientiertem Denken können wir heute zum ersten Mal die Variablen dieses komplexen Prozesses untersuchen – die dynamischen Variablen, die das Leben ausmachen.
Ihre eigene Zukunft: Nehmen Sie Ihre Behandlung persönlich
Wie auch immer in Zukunft die Behandlungsmethoden für Krebs, Autoimmun-, neurodegenerative oder Systemerkrankungen
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