Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
dass ich neugierig blieb. Nachdem ich eine Zeit lang an den National Institutes of Health und dem Johns Hopkins Hospital gearbeitet hatte, wurde es dann Zeit, mich für eine medizinische Fachrichtung zu entscheiden. Onkologe zu werden bedeutete, so erklärte man mir, »Karriereselbstmord«. Man riet mir stattdessen, in die Kardiologie oder die Lungenmedizin zu gehen, wo man »etwas bewirken« könne. Wer Kliniker am Johns Hopkins Hospital gewesen sei, habe Besseres zur Auswahl als das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, um sich dort mit Krebsmedizin zu befassen, einem seinerzeit vertrocknenden Zweig der Medizin ohne Hoffnung oder Fortschritt. Ich höre noch, wie mich meine Vorgesetzten von der Hopkins-Klinikleitung fragten, was ich in einem Fachgebiet wolle, in dem man die Patienten vergiftete und es ihnen nicht einmal half. Ich sah das anders und folgte meinem Wunsch, mich auf die Behandlung von Lymphomen zu spezialisieren, bevor ich mich der Erforschung von Prostatakrebs, der klinischen Behandlung und der Medikamenten- und Technologieentwicklung, zuwandte. Ich glaubte nicht, dass die Onkologie eine Sackgasse war. Ganz im Gegenteil sah ich sie als eines der wenigen medizinischen Gebiete, auf denen Ärzte und Patienten die Tradition hinter sich ließen und Risiken eingingen, um mangels Auswahl bessere Behandlungsmethoden zu finden. Ich wollte die im Labor gefundenen Lösungen sofort in der Therapie anwenden können und Anteil an der Zukunft der Krebsmedizin haben.
Ende der 1990er-Jahre gründete ich Oncology.com, seinerzeit das größte Internetforum auf diesem Gebiet. Mein Abenteuer begann gerade erst. Als Andy Grove, der ehemalige CEO und Vorsitzende von Intel und einer meiner liebsten Lehrer, mich drängte, an die Westküste zu gehen, wusste er, dass ich danach strebte, etwas Besonderes zu tun. Ich weiß noch, wie Andy am 13. Mai 1996 auf der Titelseite von Fortune erschien, um im Heft über Diagnose und Behandlung seines Prostatakrebses zu sprechen, einer Krankheit, die viel zu lange totgeschwiegen worden war. Inspiriert von vielen Gesprächen mit ihm und dem Unternehmergeist der Westküste zog ich mit meiner jungen Familie nach Kalifornien, wo ich die Verbindungen zu knüpfen begann, die mich meine Kinderträume erfüllen lassen würden. Ich wurde zum Mitgründer von Applied Proteomics and Navigenics, zwei Firmen für Gesundheit und Wohlbefinden (deren Technologien ich später noch erklären werde); und ich übernahm Führungspositionen an herausragenden Institutionen, unter anderem dem Cedars-Sinai Medical Center, der University of California Los Angeles und der University of Southern California. Ich hatte das Gefühl, dass die Zukunft der Medizin in einer Verbindung von Technologie und Biologie liegen würde und dass ich mich in einer Vielfalt von Projekten in verschiedenen Wirtschaftszweigen engagieren musste, die alle mit meiner eigentlichen Mission verbunden waren, nämlich die Chancen der Patienten zu verbessern und Einfluss auf die Rolle zu nehmen, die Krankheit in unserem Leben spielt. Es ist diese Mission, die mir die Erkenntnis gebracht hat, dass wir in unseren Ansichten über Gesundheit vom Kurs abgekommen sind – und wie wir wieder zurückfinden.
Über dieses Buch
Ursprünglich sollte das Buch den Titel Was ist Gesundheit? tragen und damit auf die Schrift Was ist Leben? des bekannten Physikers Erwin Schrödinger von 1944 anspielen, die dem Laien die angeborenen körperlichen Antriebskräfte des Lebens erklären sollte. Ich strich allerdings das Wort »Gesundheit« sofort wieder aus dem Titel, nachdem mir ein Freund in einer E-Mail offen geschrieben hatte: »Für mich klingt ›Gesundheit‹ immer nach etwas, das angeblich gut für mich ist, aber scheußlich schmeckt.« Diese Reaktion auf meinen Titelvorschlag ist gleich ein Beispiel für das Problem, das ich angehen möchte. Unsere gegenwärtigen Ansichten über Gesundheit sind dermaßen von Vorschriften und Hörensagen geprägt, dass wir vergessen haben, worum es eigentlich geht. Mit diesem Buch hoffe ich, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und Energie und Ressourcen auf eine neue Definition von Gesundheit zu konzentrieren.
Eine der wichtigsten Botschaften lautet, dass es in Gesundheitsfragen keine »richtige« Antwort gibt, sondern immer mehrere. Sie müssen selbst entscheiden, was für Sie am besten ist, wobei Sie von Ihren persönlichen Wertvorstellungen, Ihrem individuellen Gesundheitszustand und den Ratschlägen
Weitere Kostenlose Bücher