Leben statt kleben
in den funkelnden Reichtum!
Auch im Büro Mikro-Fortschritte wahrnehmen und genießen. Sich auf Erreichtes konzentrieren anstatt sich vorzuhalten, was noch alles zu tun ist. Zettel für Zettel die Lebensgeister wieder ausgraben.
Fotos als Freudenbringer
Die Digitalisierung hat uns den Umgang mit Bildern nicht erleichtert. Die Verantwortung für Aufbewahren und Anschauen bleibt. Oft machen wir sogar mehr Bilder, weil es so einfach geht und der Sonnenuntergang aus diesem raffinierten Winkel eventuell doch noch besser wirkt. Die anderen löschen wir dann einfach. Bald mal, wenn Zeit ist. Dabei wartet das Hochzeitsalbum noch auf Fertigstellung. Anstatt am Unerledigten zu leiden, kurzerhand definieren, dass jeder Bildschirm ein prima Album sein kann. Papierliebhaber umschiffen mit Einsteckalben zeitraubende Designentscheidungen oder mailen die Bilder einem Online-Service, der sie direkt als Kalender oder Buch druckt.
Warum fotografieren wir? Fotos sind unser Versuch, die Zeit anzuhalten. Wir konservieren Schlüsselmomente, wollen Glückszeiten verewigen, definieren uns durch selbstgemachte Bildergeschichten: so toll war der Urlaub, so groß der Fisch, so glücklich die Kindheit – Bilder als Beweis. Fotos sind Gefühle pur, die besten treffen mitten ins Herz, schreiben Geschichte. Deshalb haben wir vor Bildern ebenso große Ehrfurcht wie vor Büchern. Wegwerfen ist tabu.
Wir befürchten, mit dem Bild die Erinnerung zu verlieren. Aber die Erlebnisse haben uns zu dem gemacht, was wir sind, nicht die Abzüge davon. Erinnerung verlieren geht gar nicht. Wir werfen weder Leben weg, noch sind wir respektlos den Vorfahren gegenüber, wenn wir vergilbte Alben nicht zum fünftenmal mit umziehen. Es ist unser Leben! Warum nicht Uraltmaterial dem Heimatmuseum anbieten? Ohne darauf zu bestehen, dass die Bilder ausgestellt werden. Im Schrank weggeschlossen hatte sie ja auch nie jemand be wundert.
Klein anfangen, nicht ganze Schuhkartons auf einmal bearbeiten wollen. Vorsicht, Gefühle überrumpeln von hinten. Entweder eine Zahl festlegen (50 Fotos durchsehen) oder einen Projektabschnitt (ersten Teil der Urlaubsfotos einsortieren). Apropos Urlaub. Falls wir uns beim Packen stressen sollten – kurz hinsetzen, durchatmen und sich schon mal richtig vorfreuen auf das Reiseziel. Pass, Ticket und Geldkarte sind drin? Alles andere lässt sich käuflich erwerben. Bei nächster Gelegenheit Sonnenbrille aufsetzen (gerne auch, um damit die Sonne erst hervorzulocken) und losziehen, um als Balkonien-Tourist die gewohnte Umgebung zu erkunden. Sich mal anschauen, woran normalerweise vorbeigehastet wird. Nase in den Wind, mit Blick nach oben das Stolpern riskieren und sich keine einzige Sehenswürdigkeit entgehen lassen. Vor allem denen auf die Schliche kommen, die offiziell gar keine sind. Auf dem Weg in die Arbeit staunen, wo dreistes Grün den Asphalt bezwungen hat. Nach Feierabend in die Freiluft-Vernissage, die Sonne hat eingeladen und würde sich freuen, wenn wir ihre abstrakten Schattengemälde bewundern.
Ein Foto ist ein potentes Symbol. Im Endeffekt jedoch ein Stück Papier, ein paar Pixeldaten. Es bekommt keine Sonderbehandlung, unterzieht sich genau der gleichen Bestehensprobe wie der Reservedosenöffner oder die vier Paar Hosen für die Gartenarbeit. Gretchenfrage: „Trägt dieses Bild zu meiner Lebensfreude bei?“ Wenn nein, was hat es dann hier zu suchen? Fotos, die uns nichts bedeuten, sind ideales Los-lassen-üben-Material: verwackelte Abbildungen von Hügeln oder Häuserzeilen; nach ein paar Gläschen geknipste Schnappschüsse, die im Licht der Nüchternheit erheblich an Charme einbüßen. Auch Fotografien wollen inspirierende Freudenbringer sein und nicht als belastende Bürde vor sich hin verstauben. Tanken wir die frische Energie aktueller Bilder in farbenfrohen Collagen am Kühlschrank. Zeigen gerahmte Fotos die ganze Familie, so wie sie jetzt ist? Sind alle zusammen? Oder jeder einsam im eigenen Rahmen, in entgegengesetzte Richtungen gewandt? Durch frische Bildergeschichten lassen sich neue Schwerpunkte setzen.
Mit einer Linse vor den Augen, dem Skizzierstift in der Hand entdecken wir die Welt neu. Haben Sie schon mal mit dem Herzen fotografiert? Diese innere Kamera ist immer dabei, wir lassen sie nirgendwo liegen und müssen auch keine Angst haben, dass sie geklaut wird.
Inspirationsbuch zücken, wenn wir etwas Schönes sehen. Auch wenn es gar nicht hübsch ist. Ein paar Stichworte halten die Szene fest und werden
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