leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
verhökerte. – Das war nicht er und würde er auch nie sein. Was also lief nicht so gut? Sein Sohn würde am 8. Dezember das Licht der Welt erblicken, hatte die Ärztin errechnet, toll, was für ein schöner Tag um geboren zu werden. In den vier Jahren, in denen er nun mit seiner Freundin zusammen war, hatten sie einige Höhen und Tiefen erlebt, zusammen oder jeder für sich, ganz allein und bei einer Hall o weenfeier in der Merangasse hatte alles begonnen . Fabienne hatte neben einem Typen gestanden , den Ian von Anfang an nicht leiden konnte, sein Name war Kian , der gerade zu studieren bego n nen hatte , irgendwas mit Sprachwissenschaften , brotlos hatte Ian gedacht , aber er war F a biennes bester Freund . Kian war in die HAK zur Schule gegangen, wie er ihm erzählte, aber nicht im herköm m lichen Verfahren hatte er die Reifeprüfung erlagt, er hatte sich für den zweiten Bildungsweg en t schieden und hatte neben des Besuchs an der Abendschule den ganzen Tag über gearbe i tet . Die Zeit soll trotzdem sehr schön gewesen sein , hatte er erzählt. Kian strahlte Fabie n ne oft und gerne an, war sie doch seine erste große Liebe gewesen, wie Fabienne Ian erst vor Kurzem anvertraute. „Ich war zwar seine erste große Liebe, musste mich aber ungeschickt angestellt haben, denn mit t ler weile ist Kian verliebt, in einen Mann! Kian ist schwul !“, so und nicht anders hatte es F a bienne ihm erzählt . Sie fand solche Geschichten immer inte ressant. Da „d ie Zeit die Geschichten schrieb “, wie sie immer mit nickendem Gesicht und im philosoph i sche m Ton sagte .
Kian sahen sie öfters auf di ver sen Partys , war er ein fixer Bestandteil in Fabiennes L e ben , den sie nicht missen wollte. Und das war es auch, was ihn all die Jahre störte. Er mochte Kian nicht sonderlich. Der Typ war ihm suspekt, außerdem fragte er sich, wie man bloß schwul we r den konnte? Einfach unglaublich. Allein der Gedanke ließ ihn erschaudern, das zwei Männer mitei n ander das Bett teilten. Kian war attraktiv, muskulös, schlank und hatte ein verhältnismäßig sch ö nes Lächeln, aber das darauf andere Männer abfahren, ließ Ian von neuem erschaudern. Das ve r schwieg er seiner Freundin, denn die hatte Kian wahnsinnig gerne – oh Gott – wenn der Typ nicht schwul geworden wäre, dann stünde Kian jetzt an ihrer Seite. „Glück für mich“, flüsterte Ian und grinste wieder, rieb sich seinen Baum und schloss von Neuem wieder seine Augen. U nd die Erinnerungen verloren sich im Sand der Zeit … du n kel wurde es und Ian schlief ein .
Christiane hatte sich in der Zwischenzeit wieder an die Hotelbar gesetzt. S ie wollte sich diesmal ein alkoholisches Getränk gönnen, denn die Ungewissheit – die Zweifel – , die sie nun fühlte und durchmachte, überrannten sie buchstäblich. So trank sie ein Bier, ein Kamenitza , d as ihr recht gut schmeckte. Bier sollte von einer Frau niemals in aller Öffentlichkeit getrunken werden , das (und so manch anderen Scheiß) hatte sie Erziehung stechnisch an ihre Tochter weite rgegeben , aber es gab Au s nahmen, die einer jeden Frau vorherbestimmt waren, wie sie jetzt e r kannte. Die ersten paar Schlucke brannten sogar, aber es konnte nur besser werden, mit jedem Schluck natürlich. Christ i ane trank noch einen weiteren Schluck (oder zwei oder drei?) und wählte die Nummer ihres schwulen Ehemannes, der normalerweise – wenn er nicht mit dem scheiß-verfluchten und arsc h lochgesichtigen-massenfickerhirnärschigen Klaus beschäftig war – i m mer ans Telefon ging. Er ging nicht ans Tele fon! E in weite rer Schluck wurde genommen, das Glas war fast geleert und der Zeigefinger für das nächste Bier schon gehoben . Christiane dachte daran , sich heute noch massi e ren zu lassen und fragte den Barmann, den sie beim zweiten Blick recht attraktiv fand, wo sie ihre Massierstunden eintragen oder buchen konnte; bevor dies geschah , musste sie allerdings ein dri t tes Glas Bier bestel len. Diese Bulgaren haben ein außerg e wöhnlich gutes Bier, dachte sie si ch. Mehr noch, es schmeckte ein wenig wie das Stieglerbier, das ihr jüngster Sohn Pius oft trank, aber auch nur dann, wenn sie nicht zuhause war, denn ei n fach so kaufte s ie für ihren jüngsten Sohn kein Bier ein . Und ihr kam in den Sinn – meist viel zu spät –, dass auch ihr jüngster Sohn schon 26 Jahre war. Und wenn sie an das Alter ihrer Kinder dachte, mus s te sie an das Alter vom Klaus denken, d er jünger als das älteste Kind
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