leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
war . Es graute ihr vor dieser Schande . Wenn j e mand Schande brachte, dann doch nur der schwule Ehemann, wer sonst? Die Kirche hätte ihn längst verbannt und den Klaus verbrannt. „Wie Zunder hätte er am Scheiterhaufen geraucht und g e glüht “, sagte sie mu r melnd in ihr Glas hinein. Sogleich kam ein Kellner auf sie zu und fragte, ob sie einen Wunsch geäußert hätte. Christiane beschwichtigte ihn und lächelte ein wenig katzenartig . Dieser lächelte unwirsch zurück und wusch daraufhin seine Gläser weiter. E i ne gute Tag wäre vollbracht, wenn, wenn … wenn ich 30 Kilo leichter wäre.
I hr schwuler Ehemann war aber auch in Sachen Frauen nicht ganz ehrlich zu ihr gewesen. Wie sie erfuhr – wie er ihr selbst beichtete, im Chat, aber ohne zu wissen, dass er mit seiner eigenen Ehefrau im Schwulen-Chat sich unterhielt – betrog er sie nicht nur mit Männern, sondern auch mit anderen Frauen. „Ein Irrläufer der Evolution“, dachte Christiane jetzt. Nach dem dritten Bier, das sie allerdings etwas langsamer getrunken hatte, torkelte sie vom Ba r hocker und es hätte sie beinahe auf die Schnauze ge schmissen. S ie versuchte nicht zu torkeln, aber genau dann torkelte man noch schlimmer, und ihre wackeligen Füße führten sie in ihr Zi m mer. Der süße Barmann, der beim dritten Bier schon sexuelle Gefühle bei ihr auslöste, hatte ihr den Weg in den Wellnes s bereich gezeigt , in den sie aber nicht ging …
Mischa und Markus waren mit ihrem Schönheitspr o gramm fertig, sie waren massiert und hatten sich einer 20-Minütig en Gesichtspflege unterzogen, durch die ihre Haut gereinigt und porentief behan delt worden war . Markus fühlte regelrecht die Frische auf seiner Haut. Mischa hi n gegen wusste, wie so ein Ablauf – un d das danach sich einstellende Gefühl – war . Hatte sie schon einige ähnliche Prozed u ren über sich ergehen lassen , als sie noch modelte. Ja, das Modeln, eine feine Sache, besonders dann , wenn man genügend Durchhaltevermögen hatte. Und jetzt, ja, da kam es ihr wieder in den Sinn. Durchhalteve r mögen, das war das Wort, das sie selten benutzten. I hr Durchhaltevermögen war nach der Matura deutlich gesunken. Markus war mit seiner B e handlung noch nicht fertig, sie sagte ihm, sie würde an der Teebar, die in der Mitte des Schö n heitstempels angesiedelt war, auf ihn warten. Dort waren einige Gäste, teilweise hatte sie sie schon beim Mi t tagessen g e sehen, oftmals waren es ältere Leute, die sich vom Lärm der Enkel etwas Erholung gönnten. Mischa war glücklich. Sie spürte, dass es gut war, zu wissen, warum das Leben manc h mal ins Stocken geriet , und bei ihr war es ganz klar ihr nicht vorhandenes Durc h haltevermögen. Durchhalten, dachte sie sich und ihr Tee wurde serviert. Sie hatte sich für einen grünen Tee en t schieden , da dieser für das Ausscheiden von Schlackestoffen förderlich sein sollte. Mischa übe r legte, dass sie weder ih re Ehe durchgehalten hatte, noch im Studium wirklich erfol g reich war , auch Freundschaften vernachlässigte oder kaum Ambitionen zeigte einen geeigneten Job zu s u chen , in dem sie durchstarten konnte. Modeln war auch nur nebenbei, alles war nur nebenbei, nichts wir k lich zu 100%. Dies musste sich ändern, sie trank ihren Tee, trank und hätte sich gerne eine Zigarette angezündet. Ein bisschen Rauchen hatte schon eine sehr beruhigende Wirkung auf sie. Ein bisschen Rauch schmecken, ein wenig von allem. – Und da war es wieder. Mischa schü t telte brüskiert ihren Kopf (beobachten durfte sie jetzt keiner). Sie rückte ihren weißen Badema n tel zurecht und dachte sich, dass sie en t weder Raucherin oder keine Raucherin sein w ollte, ein D azwischen gab es nicht (nicht mehr) . Entweder würde sie mit Markus eine Freundschaft anfa n gen oder eine Liebschaft. Markus war süß. Ein wenig durfte sie noch im Graub e reich waten, ehe eine Entscheidung getroffen werden musste . D ie Gespräche, seine Nähe, es war ei n fach zu schön wieder jemanden kennenzulernen, der lieb war, einfach nur lieb. Und Markus , der schön war, schön anzusehen, eine liebe Stimme hatte, freund liche Ge sten aufwies – zwar ein bisschen schwul dadurch wirkte –, ha t te jedoch ganz ohne Zweifel das Herz am rechte n Fleck. Mischa lachte, spürte wie gut der Gedanke war , ein Ziel vor Augen zu haben. Sie dachte daran, dass im Zufall – hier im Hotel Bustrica – etwas Neues auf sie gewartet hatte , ein Lächeln huschte ihr über ihre Lippen und sie
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