leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
zeigen, dass trotz dieser Sit u ation alles gut war, alles okay war. Mischa fühlte sich gut, sie war verliebt.
„Das ist nicht okay !“, sagte Ian laut. Vögel b rausten in Windeseile über ihre Köp fe hi n weg.
Mischa streichelte über seinen Hinterkopf und sagte: „Schatz, ich darf dich doch so ne n nen?“ Sie lachte, er lachte und Ian lachte nicht, er hatte seinen Schatz nicht dabei und dankte dem Herrn, dass er keine zwei Flugt i ckets gewonnen hatte. „Schatz, es ist Schicksal, wir sind hier und wir schaffen das, an dem halten wir fest. Ich scheiß e mir fast in die Hose , aber was würde das für einen Sinn machen?“
„Genau, nächstes Stichwort: Sinn ! Was macht das für e i nen Sinn ?“
Beid e Angesprochenen wussten wovon er sprach. Und sie schüttelten den Kopf. Markus pl ä dierte darauf weiter zu gehen, sich nicht mit Kleinkram aufzuhalten. Sie waren nun mal hier und daran konnten sie nichts ändern. „Ihr wisst, was geschieht, wenn wir uns nicht sputen, die t ö ten uns einfach so! Das sind die Spielregeln! “
„Genau“, bekräftigte Ian. „ Es muss einen Sinn ergeben, dass gerade wir hier sind. Dass wir G e genstand dieses Spiels geworden sind, dieser Wette, wer überlebt. I ch möchte wissen, was für eine Gemeinsamkeit wir haben. Wir wurden für dieses Spiel ausgesucht , rekrutiert – ohne unser Wissen .“
Markus sah Ian, der n eben Mischa ging , kurz von der Seite aus an und sagte dann: „Du, Ian, ich bin mir ganz sicher, dass wir keine Gemeinsamkeit haben, außer vie l leicht , dass wir aus Fleisch bestehen, sie Fleisch brauchen und wir zufällig bei m selben Gewinnspiel mitgemacht h a ben.
„Wo du nicht einmal mitgemacht hast“, sagte Mischa und lächelte Markus an, hielt seine Hand ganz fest.
Er lächelte und er dachte daran, dass jede Kultur auf dieser Welt zu allen Zeiten Qualen an i h ren Mitmenschen verübt hatte. In den Ablagerungen men schlicher Geschichtsschreibung fa n den sich bei genauerer Betrachtung unendlich dicke Schichten fehlenden Mitgefühls, angefa n gen bei Ritualmorden, Massenmorden und Kriegen. Und jetzt und hier lagerten sich Stunde um Stunde neue Schichten aus Hoffnungslosigkeit, Angst und Schmerz ab, das spürte er am e i genen Körper. Mit seinen wärmenden und schützenden Händen, die – bei jedem An blick von Mischa – ihr G e sicht, ihren Mund und ihr Lächeln berührten, wünschte er sich in eine andere Gegenwart. Mann , habe ich Glück, dac h te er sich.
Mischa lächelte und sagte: „Wir kommen alle aus Graz oder Graz-Umgebung , da hast du deine Gemeinsa m keit.“ Und mit dieser Aussage hatte sie Ian den Wind aus den Segeln gekommen, sich für mögliche Gemeinsamkeiten ihrer Rei segruppe zu interessieren. B ei dem Stichwort Graz eri n nerte sich Mischa auch an Karl, den Exfreund des schwulen Ehemannes von Christiane. Di e ser hatte auch eine Reise gewonnen … von L.S.T.L.
„Wisst ihr“, fing sie kleinlaut zu erzählen an, „Christiane erzählte mir vor ihrem Tod eine G e schichte, sie beichtete mir ein paar ihrer Geheimnise und ich möchte sie auch nur am Rande e r zählt wissen, da sie sehr persönlich war en . I ch denke mir, einige Details solltet ihr auch wi s sen, möglicherweise hilft es uns wei ter. Christiane erzählte mir , dass ihr heiß geliebter Eh e mann, von dem sie so gerne spra ch und den sie unbedingt – auf B iegen und B rechen – anrufen bzw. erre i chen wollte, in Wahrheit schwul war, schon seit Jahrzehnte n und das s ein er seiner Exf reund e , ein Herr Karl , ebenso eine Re i se gewonnen hatte. Von dieser Reise, sponsor e d by L.S.T.L.-Tours, kam er nie wieder zurück. “
„Ein starkes Stück!“, sagte Ian.
„Warum hast du uns das nicht früher erzählt ? “, wollte Markus wissen. Mischa beschwichtigte und erklärte, sie hätte keinen Zeitpunkt gewusst, an dem sie so eine G e schichte auf den Tisch bringen hätte sollen.
„Tisch haben wir auch jetzt keinen.“
„Ist auch nur eine Redensart.“
„Und was machen wir mit dieser Information?“, fragte Markus , der sich in diesem Augenblick nach seiner Grazer-Wohnung sehn t e, die mit einer großen Badewanne ausgestattet war , mit Ke r zen und Duftölen und in der er sich bei einer Zigarette und einem guten Buch (in der Badewanne) en t spannt hätte.
Mischa ergriff das Wort: „Wir wissen nun – und das glaube ich wirklich – , dass wir nicht die er s ten Opfer von L.S.T.L.-Tours sind. Die machen das schon länger. Vielleicht ist jetzt Graz
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