leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
Äste und Zweige , Vogelgefla t ter, Bodentierlaute . „Was wollt ihr von uns?“ , s chrie sie laut mi t ten in den Wald hinein. Ein Schwarm Vögel schreckte über ihre Köpfe hinweg. „W-A-S?“, schrie sie noc h mals.
Markus versucht sie zu beruhigen. Dabei ergriff sie sein Handgelenk und brachte ihr Gesicht so dich t an seines heran, dass er ihre Haare an seiner Nase spürte. Er packte ebenso fester ihr Handgelenk an , damit sie spürte, dass sie nicht alleine die ses Leid zu ertragen hatte . Dann riss sie sich los und lief ein paar Schritte, schrie weiter und fragte den Wald, was das für eine Schei ße war . Mit Tränen in den Augen und einer hässlich gezogenen Fratze drehte sie sich zu Markus und Ian um und klagte : „Wir werden hier nicht wegko m men, die lassen uns nicht gehen, diese S-C-H-W-E-I-N-E!“
Markus versuchte mittels lauterer Stimme sie zu b e sänftigen, ihr zu erklären, dass es keinen Sinn machte , was sie tat. Franz war tot, für immer .
„Die geilen sich an unserem Leid nur auf, verstehst du das nicht?“, schrie sie hoffnungslos. Je m ehr sie litt, desto schneller wurde n ihre Atemzüge, gleich einem asthmatischen Anfall.
Und da ergriff Ian das Wort: „Er ist ohne uns losgega n gen , ohne uns! Ist dir das bewusst? Er wurde dafür b e straft, dass er nicht auf uns gewartet hat te . Vielleicht hat er uns gehört, so weit kann er von uns gar nicht en t fernt gewesen sein!“
„Das weißt du nicht , Ian“, sagte Mischa mit hysterischer Stimme, „so was kannst du nicht sagen, weil du es nicht we ißt.“
„ Die lassen uns nicht gehen. Am besten wir beenden es selbst, wählen den Freitod!“
Markus blickte erstaunt und Ian erschrocken.
„Solange wir noch eine Chance haben, sollten wir diese nutzen“, hatte Ian energisch gesagt, o b wohl er selbst schon wieder einen starken Brechreiz ver spürte.
Mischa sprach von einer Chance, die sie nicht sah. Es gab in ihren Augen keine Chance mehr. „Ian, denk nach, denk nach , was du sagst. Wir haben nicht mal mitbeko m men , das s Franz tot ist. Die Fliegen machen sich schon über seinen Leichnam her, und wir sind schon zu entkrä f tet, um ihn zu beerdigen . Ich kann kein Loch für ihn schaufeln, wir haben nicht mal eine Schaufel, wir haben nichts. Wir kö n nen uns nicht verabschieden. Franz, was hast du nur gemacht?“
Mischa weinte wieder, brach zusammen , verstummte . Christan lief zu ihr, weinte ebenso stark und hielt sie in seinen Armen. Er hielt sie, kniete, legte ihren Rücken ein wenig auf seine ang e winkelten Oberschenkel , damit ihr das At men leichter f iel. „Das ist zu viel für sie“, schluch z te er entkräftet und weinte, er weinte bitterlich. Ian kam zu Markus und umarmte ihn ebenso. Er brauchte eine Umar mung.
„Ich kann nicht mehr , Markus !“, sa g te Ian leise.
„ D u kannst, das kannst du, wir schaffen das. Wir müssen! Du für dein Kind , ich für M i scha.“
Ian kam dies logisch vor, obwohl er nicht mehr daran glaubte, dass ein Weg beschritten werden konnte, hörten sie ein Telefon läuten.
„Das Telefon“, sagte Markus . „Ian, hol es!“
„Ich?“
„Ja, du!“
Ian gehorchte und s tan d auf .
„Worauf wartest du noch?“ , sagte Markus und versuc h te den Kopf von Mischa in eine bessere Lage zu drehen.
Ian tat wie ihm befohlen und hörte die Musik von Leonard Cohen, irgendein Lied, aber unve r kennbar seine Stimme. Ian hatte Angst, hatte schreckliche Angst und ging einen Schritt in das Hä u schen.
„Beeil dich, sonst legen sie auf!“
Das war Ian jetzt egal. E r ging wieder einen Schritt. Ein Schritt noch und er ging in der Blutl a c h e. Ein Schritt war getätigt und er stieg in das Blut von Franz. Es ekelte ihn. Die Fliegen häu f ten sich, weiter, weiter. Franz war ein Freund, und er versuchte leichtfüßig auf dessen Blut zu gehen. Jetzt sah er den Körper genauer. Abgetrennt waren alle Gliedmaßen, schrecklich. Keine A r me, keine Beine, kein Kopf. Auf dem Rücken geschnallt der Rucksack, voller Blut. Er beweg t e Franz, dumpfe und schmatzende Geräusche hörte er, verursacht durch die Mischung aus verkleben und eingetrockne ten Blut es , dazw i schen war sein Rucksack.
„Nimm das verdammte Telefon“, hörte er von draußen lauthals schreien .
Misch a war inzwischen wieder zu sich gekommen u nd stammelte irgendwelche Worte . Ian konnte sie nicht ve r stehen, sie waren zu laut.
Er g riff nach dem Rucksack, und drehte Franz um. Dumpfe Geräusche hatte es gemacht, als das
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