Leben, um davon zu erzählen
Machenschaften der United Früh Company, die das Bananenmonopol anstrebte, begannen. Die Großeltern kamen mit ihrem einundzwanzigjährigen Sohn Juan de Dios und ihren beiden Töchtern, der neunzehnjährigen Margarita Maria Miniata de Alacoque und Luisa Santiaga, meiner Mutter, die damals fünf war. Vor deren Geburt hatten sie durch einen unglücklichen Abgang im vierten Schwangerschaftsmonat ein Zwillingspärchen verloren. Als sie meine Mutter bekam, erklärte die Großmutter, sie sei nun zweiundvierzig und das sei für sie die letzte Geburt. Fast ein halbes Jahrhundert später, im gleichen Alter und unter ebensolchen Umständen, sagte meine Mutter nach der Geburt von Eligio Gabriel, ihrem elften Kind, das Gleiche.
Der Umzug nach Aracataca war von den Großeltern als Reise ins Vergessen geplant. Ihre Bediensteten waren zwei Guajiro-Indios - Alirio und Apolinar - und eine India - Meine; alle drei hatten sie in ihrer Heimat zu je hundert Pesos gekauft, zu einer Zeit, als die Sklaverei längst abgeschafft war. Der Oberst, verfolgt von seinem schlechten Gewissen, einen Mann in einem Ehrenhandel getötet zu haben, führte alles mit sich, um die Vergangenheit fern der bösen Erinnerungen bewältigen zu können. Er kannte die Region schon lange, hatte er sie doch auf einem Feldzug Richtung Ciénaga durchquert und dann in seiner Eigenschaft als Militärbeauftragter an der Unterzeichung des Abkommens von Neerlandia teilgenommen.
Das neue Haus gab ihnen jedoch nicht die Ruhe wieder, denn die Gewissensbisse waren so bösartig, dass sogar noch irgendein verlorener Ururenkel davon infiziert wurde. Großmutter Mina, die schon blind und leicht wunderlich war, gedachte am häufigsten und intensivsten des Vorfalls, und wir hatten ihre Bemerkungen zu einer stimmigen Version geordnet. Inmitten des unerbittlichen Rumors, der die Tragödie ankündigte, war sie allerdings die Einzige gewesen, die von dem Duell erst erfuhr, nachdem es stattgefunden hatte.
Das Drama ereignete sich in Barrancas, einem friedlichen und wohlhabenden Städtchen in den Ausläufern der Sierra Nevada, wo der Oberst von seinem Vater und Großvater das Goldschmiedehandwerk gelernt hatte und wohin er endgültig zurückgekehrt war, nachdem die Friedensverträge unterzeichnet waren. Sein Gegner war ein Riese, sechzehn Jahre jünger, liberal bis in die Knochen, wie der Oberst selbst, militanter Katholik, armer Landwirt, seit kurzem verheiratet und Vater zweier Kinder, und er hatte sich als anständiger Mensch einen Namen gemacht: Medardo Pacheco. Besonders traurig für den Oberst war wohl, dass er nicht einen der unzähligen gesichtslosen Feinde, die ihm auf dem Schlachtfeld begegnet waren, sondern einen alten Freund und Parteigenossen, der als Soldat im Krieg der Tausend Tage unter ihm gedient hatte, auf Leben oder Tod herausfordern musste, als sie beide schon meinten den Frieden gewonnen zu haben.
Es war der erste Fall aus dem wirklichen Leben, der meine schriftstellerischen Instinkte aufwühlte, und ich habe ihn noch nicht bannen können. Sobald ich ein vernünftiges Alter erreicht hatte, war mir klar, welche Bedeutung und welches Gewicht dieses Drama für unser Haus hatte, die Einzelheiten aber blieben von Nebel umfangen. Meine Mutter, die damals gerade drei war, hat sich daran stets wie an einen unwahrscheinlichen Traum erinnert. Die Erwachsenen redeten drum herum, um mich zu verwirren, und ich konnte das Puzzle auch später nie ganz zusammensetzen, weil bei beiden Parteien jeder die Stücke nach seiner Art legte. Die glaubwürdigste Version war, dass Medardo Pachecos Mutter diesen aufgefordert hatte, ihre Ehre zu rächen, da sie sich von einer infamen Bemerkung verletzt fühlte, die meinem Großvater zugeschrieben wurde. Dieser stritt das als Verleumdung ab und rückte die Dinge öffentlich zurecht, Medardo Pacheco beharrte jedoch auf seinem Groll, kritisierte sein Verhalten als Liberaler und beschimpfte ihn aufs Gröblichste, so dass aus dem Beleidigten ein Beleidiger wurde. Ich habe nie genau erfahren, um was es ging. In seiner Ehre gekränkt, forderte mein Großvater ihn zum Duell heraus, legte aber kein bestimmtes Datum fest.
Beispielhaft für die Haltung des Obersten war, wie viel Zeit er zwischen Herausforderung und Duell verstreichen ließ. Heimlich regelte er seine Angelegenheiten, um für die Sicherheit seiner Familie zu sorgen, denn das Schicksal bot ihm nur zwei Möglichkeiten: Tod oder Gefängnis. Er begann damit, ohne jede Hast alles zu
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