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Leben, um davon zu erzählen

Leben, um davon zu erzählen

Titel: Leben, um davon zu erzählen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel García Márquez
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ersten Ball in Sucre erwähnt hatte: »Mein Papa sagt, der Prinz ist noch nicht geboren, der mich einmal heiraten wird.« Ich wusste auch nicht, ob sie das glaubte, aber bis zu den vorweihnachtlichen Tagen jenes Jahres, als sie die Einladung zur Tanzmatinee im Hotel del Prado annahm, verhielt sie sich so als ob. Ich bin derart abergläubisch, dass ich ihre Zusage auf meinen getrimmten Schnurrbart und den Künstlerhaarschnitt zurückführte, den mir der Friseur verpasst hatte, sowie auf den Anzug aus grobem Leinen und die Seidenkrawatte, die ich für diese Gelegenheit bei den Syrern ersteigert hatte. Ich war mir sicher, Mercedes würde wie immer von ihrem Vater begleitet, und so lud ich meine Schwester Aida Rosa, die ihre Ferien bei mir verbrachte, ein, mitzukommen. Doch Mercedes erschien ganz allein, und sie tanzte mit solcher Natürlichkeit und war so voller Ironie, dass jeder ernsthafte Antrag lächerlich gewirkt hätte. An jenem Tag wurde die unvergessliche Saison meines Gevatters Pacho Galan eröffnet, des ruhmreichen Schöpfers des Merecumbe, der dann jahrelang getanzt wurde und aus dem neue karibische Rhythmen hervorgingen, die noch heute beliebt sind. Mercedes tanzte sehr gut und beherrschte die Modetänze, und sie nutzte ihre Meisterschaft aus, um mit magischen Listen den Anträgen auszuweichen, mit denen ich sie belagerte. Ich glaube, ihre Taktik bestand darin, mich glauben zu machen, dass sie mich nicht ernst nahm, das tat sie aber so raffiniert, dass mir immer eine Möglichkeit blieb, weiter um sie zu werben.
    Um Punkt zwölf schreckte sie zusammen, weil es schon so spät war, und ließ mich mitten im Tanz stehen, wollte aber nicht, dass ich sie bis zur Tür begleitete. Auf meine Schwester wirkte das so seltsam, dass sie sich auf irgendeine Weise schuldig fühlte, und ich frage mich noch heute, ob dieses schlechte Beispiel etwas mit ihrer plötzlichen Entscheidung zu tun hatte, ins Kloster der Salesianerinnen in Medellin einzutreten. Von jenem Tag an begannen Mercedes und ich einen persönlichen Kode zu entwickeln, mit dem wir uns verständigten, ohne etwas sagen zu müssen, selbst wenn wir uns nicht sahen.
    Ich hörte nach einem Monat, am 22. Januar des neuen Jahres, wieder von ihr. Sie hatte eine knappe Botschaft für mich bei El Heraldo hinterlassen: »Sie haben Cayetano getötet.« Für uns konnte es nur einer sein: Cayetano Gentile, unser Freund aus Sucre, künftiger Arzt, Stimmungsmacher auf Bällen und von Beruf verliebt. Die erste Version des Geschehens lautete, die zwei Brüder der kleinen Lehrerin aus Chaparral, die wir mit Cayetano auf dem Pferd gesehen hatten, hätten ihn abgestochen. Im Laufe des Tages, von Telegramm zu Telegramm, erfuhr ich die vollständige Geschichte.
    Es waren noch nicht die Zeiten, in denen man einfach telefonieren konnte, und private Ferngespräche mussten durch Telegramme angekündigt werden. Meine unmittelbare Reaktion war die eines Reporters. Ich beschloss, nach Sucre zu fahren, um über den Fall zu schreiben, doch bei der Zeitung sah man das als sentimentale Anwandlung. Heute kann ich es verstehen, schließlich hatten wir Kolumbianer schon damals die Angewohnheit, einander aus irgendwelchen Gründen umzubringen, und manchmal erfanden wir sogar Gründe, um uns umbringen zu können. Verbrechen aus Leidenschaft waren jedoch ein Luxus, der den Reichen in den Städten vorbehalten blieb. Mir aber schien es ein unvergängliches Thema zu sein, und ich begann Zeugen zu befragen, bis meine Mutter meine geheimen Absichten entdeckte und mich anflehte, die Reportage nicht zu schreiben. Wenigstens nicht, solange Cayetanos Mutter Dona Julieta Chimento lebte, zumal diese als Taufpatin von Hernando, meinem Bruder Nummer acht, auch noch eine Gevatterin meiner Mutter war. Ihr Argument -unerlässlich für eine gute Reportage -war gewichtig. Als Cayetano, verfolgt von den beiden Brüdern der Lehrerin, versuchte, in sein Haus zu flüchten, war Dona Julieta gerade zum Eingang gestürzt und hatte die Tür abgesperrt, da sie glaubte, ihr Sohn sei bereits in seinem Schlafzimmer. Er kam deshalb nicht herein, und sie meuchelten ihn mit ihren Messern an der verschlossenen Tür.
    Ich wollte mich sofort an eine Reportage über das Verbrechen setzen, stieß jedoch auf alle möglichen Hindernisse. Dabei interessierte mich nicht mehr das Verbrechen als solches, sondern das literarische Thema der kollektiven Verantwortung. Aber kein Argument konnte meine Mutter überzeugen, und ohne ihre Erlaubnis

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