Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy
Eugenius hinzu, würde es dem Zwecke nicht entsprechen, denn es bedarf hier der äußersten Sauberkeit und Eleganz, was nach der Ansicht der Aerzte schon die halbe Cur ist; – denn wenn die Lettern sehr klein sind (was sie eigentlich sein müßten), so entsteht daraus der Vortheil, daß die heilenden Theile, welche in dieser Form mit dem Gegenstand in Berührung kommen, so unendlich dünn und mit solcher mathematischen Gleichheit (Initialen und große Buchstaben ausgenommen) darauf verbreitet werden, wie sie keine Kunst in Anwendung der Spatel gewähren kann. – Es trifft sich sehr glücklich, sagte Phutatorius, daß sich gerade die zweite Auflage meiner Abhandlung
de Concubinis retinendis
unter der Presse befindet. – Da können Sie jedes Blatt davon brauchen, gleichviel welches, versetzte Eugenius. – Nur darf nichts Schmutziges daran kleben, bemerkte Yorick.
Sie drucken jetzt gerade das neunte Kapitel, fuhr Phutatorius fort, – es ist das vorletzte des Buchs. – Wie ist der Titel dieses Kapitels? – fragte Yorick mit einer achtungsvollen Verbeugung gegen Phutatorius. – Ich glaube:
de Re Concubinaria
antwortete Phutatorius.
Ums Himmels willen bleiben Sie von diesem Kapitel weg, sagte Yorick.
In alle Wege! setzte Eugenius hinzu.
115. Kapitel.
Wäre, sprach Didius, indem er sich erhob und die rechte Hand mit ausgespreizten Fingern auf die Brust legte, – wäre ein solches Versehen mit einem Taufnamen vor der Reformation passirt – (Es passirte erst vorgestern, sagte mein Onkel Toby bei sich selbst), – wo die Taufformel in lateinischer Sprache gesprochen wurde (es geschah alles auf Englisch, sagte mein Onkel), – so hätten dabei allerlei Dinge zusammentreten können; und man hätte auf Grund verschiedener Bestimmungen die Taufe für nichtig erklären und die Ermächtigung ertheilen können, dem Kinde einen neuen Namen zu geben. – Hätte ein Priester zum Beispiel, was nicht selten vorkam, aus Unkenntniß der lateinischen Sprache ein Kind Tom o' Stiles
in nomine patriae et filia et spiritum sanctos
getauft, – so wäre die Taufe für nichtig erklärt worden. – Entschuldigen Sie, warf Kysarcius ein, – in diesen Falle, wo der Fehler nur die Endungen betraf, wäre die Taufe giltig gewesen; – um sie ungiltig zu machen, hätte der Fehler des Priesters auf die erste Sylbe jedes Namens, – und nicht wie in dem von Ihnen angeführten Falle auf die letzte fallen müssen.
Mein Vater fand an Spitzfindigkeiten dieser Art das größte Vergnügen und lauschte mit gespannter Aufmerksamkeit.
Gesetzt Gastripheres zum Beispiel, fuhr Kysarcius fort, taufte ein Kind John Stradling's
in gomine Gatris
u. s. w. Anstatt
in nomine Patris
u. s. w. – wäre eine solche Taufe giltig? – Nein, sagen die geschicktesten Casuisten; weil hiebei die Wurzel jedes Wortes ausgerissen, der Sinn und die Meinung desselben verlassen und in etwas ganz Anderes verwandelt wurde; denn
gomine
heißt nicht Namen und
Gatris
nicht Vater. – Was bedeuten sie denn? fragte mein Onkel Yorick. – Gar nichts, erwiderte Yorick.
Ergo
ist eine solche Taufe ungiltig, schloß Kysarcius. Natürlich! bemerkte Yorick, in einem Tone, der zu 2 / 3 Scherz und 1 / 3 Ernst war.
In dem angeführten Falle dagegen, fuhr Kysarcius fort, wo
patriae
für
patris
,
filia
für
filii
u. s. w. gesetzt ist, liegt der Fehler nur in der Declination, die Wurzeln der Worte bleiben unberührt, und so können auch die Beugungen derselben in dieser oder jener Richtung in keiner Weise die Taufhandlung beeinträchtigen, da die Worte den gleichen Sinn beibehalten haben wie vorher. – Dann aber, sprach Didius, muß nachgewiesen werden, daß es die Absicht des Priesters war, sie grammatikalisch auszusprechen. – Ganz recht, antwortete Kysarcius, und hievon, Bruder Didius, haben wir ein Beispiel in einem Decret der Decretalen des Papstes Leo III. – Aber meines Bruders Kind hat mit dem Papste nichts zu schaffen, rief mein Onkel Toby; – es ist einfach das Kind eines protestantischen Gutsbesitzers, das gegen den Willen und Wunsch des Vaters und der Mutter und aller Anverwandten Tristram getauft wurde.
Wenn nur, sagte Kysarcius, meinen Onkel Toby unterbrechend, wenn nur der Wille und Wunsch derjenigen, welche mit Herrn Shandy's Kind verwandt sind, in dieser Sache in die Wagschaale fallen, so hat Frau Shandy am allerwenigsten dabei zu schaffen. – Mein Onkel Toby legte seine Pfeife weg, mein Vater aber rückte seinen Stuhl noch näher an den Tisch – um die
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