Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy
ist, ihnen den Geist zu öffnen und ihn früh' mit Gedanken auszurüsten, um die Einbildungskraft leicht darauf zu setzen, sich hiebei von jeher in so geringem Maße der Hilfszeitwörter bedient haben; – mit Ausnahme des Raymond Lullius und des älteren Pelegrini, welch' letzterer es in Anwendung derselben bei seinen Thema's soweit brachte, daß er in wenig Lectionen einen jungen Mann mit Leichtigkeit über jeden Gegenstand
pro
und
contra
reden und Alles, was darüber zu sagen oder zu schreiben war, sagen und schreiben lehren konnte, ohne daß er ein Wort durchstreichen mußte, – zur Verwunderung Aller, die ihn sahen. – Es wäre mir doch recht angenehm, sagte Yorick indem er meinen Vater unterbrach, wenn ich dieser Sache näher treten könnte. – Das sollen Sie, versetzte mein Vater.
Die höchste Stufe der Verbesserung, der ein einzelnes Wort fähig ist, ist eine hohe Metapher; – wodurch nach meiner Ansicht der Gedanke im Allgemeinen verschlechtert, nicht verbessert wird. – sei dem aber wie ihm wolle – wenn der Geist dies damit vorgenommen hat, – ist er zu Ende; Geist und Gedanke ruhen, – bis eine neue Idee auftritt, – u. s. w.
Nun besteht der Nutzen der Hilfszeitwörter darin, daß sie die Seele über den Stoff, der ihr zugeführt wird, von selbst in Gang setzen und durch die Beweglichkeit der großen Maschine, um welche sie aufgewickelt sind, neue Wege der Forschung eröffnen und aus jedem Gedanken Millionen neuer erzeugen.
Sie nehmen meine Neugierde in hohem Maße in Anspruch, sagte Yorick.
Ich meines Theils, versetzte mein Onkel Toby, habe die Sache aufgegeben. – Die Dänen, Euer Gnaden, bemerkte der Corporal, die bei der Belagerung von Limerick auf dem linken Flügel standen, waren auch Hilfstruppen. [Wortspiel im Englischen:
auxiliaries
, Hilfstruppen und Hilfszeitwörter.] – Und zwar sehr gute, sagte mein Onkel Toby. – Aber die Hilfszeitwörter, Trim, von denen mein Bruder spricht, – sind etwas Anderes, so viel ich merke.
Merkst du das wirklich? fragte mein Vater und erhob sich.
161. Kapitel.
Mein Vater machte einen Gang durch das Zimmer, – setzte sich sodann wieder und beendigte das Kapitel.
Die Hilfszeitwörter, mit denen wir hier zu thun haben, fuhr mein Vater fort, sind bin, war, haben, hatte, thun, that, machen, machte, leiden, soll, sollte, will, wollte, kann, konnte, darf, dürfte, pflegte oder ist gewohnt; – dieselben können durch die Zeiten Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft eine Abwechselung erfahren, auch mit dem Zeitwort sehen conjugirt – oder mit folgenden Fragen verbunden werden: – Ist es? War es? Wird es sein? Würde es sein? Mag es sein? Möchte es sein? – Diese können dann wieder verneinend gestellt werden – Ist es nicht? War es nicht? Sollte es nicht? – oder bejahend: Es ist, es war, es sollte sein; – oder chronologisch: Ist es immer gewesen? Oder erst kürzlich? Wie lange her? – oder auch hypothetisch: – wenn es war? wenn es nicht war? – was würde daraus folgen? Wenn die Franzosen die Engländer schlagen sollten? Wenn die Sonne aus dem Thierkreis heraustreten sollte?
Bei richtiger Anwendung dieser Mittel, fuhr mein Vater fort, worin das Gedächtniß jedes Kindes geübt werden sollte, kann kein auch noch so dürrer Gedanke in dessen Gehirn treten, ohne daß daraus ein ganzes Magazin von Begriffen und Schlüssen abgeleitet werden könnte. – Sahst du jemals einen weißen Bären? fragte mein Vater und drehte den Kopf nach Trim herum, der hinter seinem Stuhle stand. – Nein, Euer Gnaden, antwortete der Corporal. – Aber du könntest nötigenfalls über einen sprechen, Trim? sagte mein Vater. – Wie wäre denn das möglich, Bruder, bemerkte mein Onkel Toby, wenn der Corporal nie einen gesehen hat? – Das will ich ja eben, erwiderte mein Vater; – und die Möglichkeit geht aus Folgendem hervor:
Ein weißer Bär! Schön. Hab' ich je einen gesehen? Möchte ich je einen gesehen haben? Werde ich je einen zu sehen bekommen? Hätte ich je einen sehen sollen? Oder kann ich je einen sehen?
Ich wollte, ich hätte einen weißen Bären gesehen (denn wie kann ich mir sonst einen vorstellen?)
Wenn ich einen weißen Bären sehen sollte, was würde ich sagen? Wenn ich aber nie einen weißen Bären sehen sollte, was dann?
Wenn ich nie einen weißen Bären lebendig gesehen habe, sehen kann, muß oder werde, – habe ich dann nicht wenigstens sein Fell gesehen? Sah' ich je einen gemalt? – beschrieben? Habe ich nie von einem geträumt?
Sah'
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