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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Höflichkeit! – wäre es nicht vernünftiger gewesen, wenn der Bursche sein Roß angehalten hätte, herabgesprungen wäre und Jenem geholfen hätte? – Herr, er that, was nur der Augenblick gestattete: – aber die Triebkraft des Kutschenpferdes war so groß, daß Obadiah nicht Alles auf einmal thun konnte; er ritt drei Mal eine Volte um
Dr.
 Slop, ehe er dazu kam; – und als er endlich sein Thier zum Stehen brachte, geschah es mit einer solchen Kothexplosion, daß es besser gewesen wäre, Obadiah hätte sich eine Wegstunde weiter weg befunden. Kurz noch nie war ein
Dr.
 Slop so verschmiert, so transsubstanziirt worden, seitdem letzteres Mode geworden ist.

35. Kapitel.
    Als
Dr.
 Slop in das hintere Zimmer trat, wo mein Vater und mein Onkel Toby sich über die Natur des Weibes unterhielten – war schwer zu entscheiden, ob
Dr.
 Slops Aussehen oder sein Erscheinen überhaupt sie in größeres Staunen versetzte; denn da jener Vorfall so nahe am Hause geschah, daß es Obadiah nicht der Mühe werth erschien, ihn wieder herzurichten – hatte ihn Obadiah hereingeführt wie er war, ungestriegelt. ungerichtet, ungebügelt, mit all seinen Spritzern und Flecken. – Da stand er nun wie Hamlets Geist, regungslos und sprachlos, volle anderthalb Minuten unter der Thüre (wobei Obadiah ihn bei der Hand hielt) in der ganzen Majestät seines Schmutzes: – die hintere Partie, auf die er gefallen war, über und über beschmiert; – und an jedem anderen Theil durch Obadiah's Explosion derart bespritzt, daß man (ohne Mentalreservation) hätte schwören können, jedes Schmutzkörnchen habe getroffen.
    Hier wäre nun die schönste Gelegenheit für meinen Onkel Toby gewesen, seinerseits über meinen Vater zu triumphiren; – denn kein Sterblicher, der
Dr.
 Slop in dieser Sauce sah, hätte meines Onkels Toby Ansicht bestreiten mögen; daß seine Schwägerin einen solchen
Dr.
 Slop sich nicht zunahe kommen lassen wolle. – Allein dies wäre ein
argumentum ad hominem
gewesen; und wenn mein Onkel Toby hiemit nicht bei der Hand war, so glauben Sie vielleicht, daß er sich eines solchen nicht zu bedienen verstanden habe. – Nein, der Grund war: – es lag nicht in seiner Natur, Jemand wehe zu thun.
    Dr.
 Slop's Erscheinen zu dieser Stunde war ebenso unerklärlich wie die Art wie dies geschah; doch hätte mein Vater das Räthsel leicht lösen können. wenn er nur einen Augenblick darüber nachdachte; denn erst vor acht Tagen hatte er
Dr.
 Slop benachrichtigt, daß es bei meiner Mutter ihrer Rechnung nach Zeit sei; und da der Doctor seitdem nichts mehr gehört hatte, so war es ganz natürlich und zugleich sehr klug von ihm, wenn er nach Shandy Hall ritt, wie er wirklich that, lediglich um zu sehen, wie die Sachen stünden.
    Allein meines Vaters Geist schlug unglücklicher Weise einen falschen Weg ein, als er darüber nachsann; wie der Geist des Hyperkritikus faßte er nur das Schellen der Glocke und das Pochen an die Thüre ins Auge – maß ihre Entfernung und war so eifrig mit dieser Sache beschäftigt, daß er nichts Anderes denken konnte – die gewöhnliche Schwachheit der größten Mathematiker! die mit aller Macht nur am Beweise arbeiten und ihre ganze Kraft daran setzen, so daß ihnen keine mehr bleibt, um einen nützlichen Schluß daraus zu ziehen.
    Auch auf das Sensorium meines Onkels Toby machte das Läuten der Glocke und das Pochen an der Thüre einen starken Eindruck; – rief aber hier einen ganz anderen Gedankengang hervor; – diese zwei unvereinbaren Töne brachten meinem Onkel Toby sofort den großen Ingenieur Stevenius zu Sinn. Was Stevenius hiebei zu thun hatte, – ist jedenfalls das größte Räthsel: – es soll gelöst werden; – aber nicht im nächsten Kapitel.

36. Kapitel.
    Das Schreiben, wenn es richtig getrieben wird (und Sie können versichert sein, daß ich denke, dies sei bei mir der Fall), ist nur eine andere Art von Gespräch. Wie Jemand, der weiß, wie er sich in einer guten Gesellschaft zu benehmen hat, dort nicht wagen wird alles herauszuschwatzen, – so darf auch ein Schriftsteller, der die Grenzen des Anstandes und der Bildung kennt, nicht Alles denken; er erweist daher dem Geiste des Lesers keine größere Achtung, als wenn er die Sache freundschaftlich halbirt und der Einbildungskraft jenes ebenfalls Etwas überläßt.
    Was mich anbelangt, so erweise ich ihm unaufhörlich Artigkeiten dieser Art und thue Alles was in meinen Kräften steht, um seine Phantasie ebenso thätig zu erhalten als

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