Leben und Schicksal
Mann mit dem Schwanz noch?« Er hob den von einem Fußlappen abgerissenen Fetzen, mit dem das Kätzchen zugedeckt war, hoch. »Ach, was für ein armes, schwaches Kätzchen«, sagte er, aber in seinen Augen blitzte ein frecher Ausdruck.
Am Abend war es den Deutschen nach einem kurzen Gefecht gelungen, sich ein wenig an die Flanke des Hauses »sechs Strich eins« vorzuschieben und den Weg zwischen dem Haus und der sowjetischen Verteidigungsstellung durch Maschinengewehrfeuer abzuriegeln. Die Telefonverbindung zum Stab des Schützenregiments war unterbrochen. Grekow befahl, einen kleinen Gang aus dem Keller zu dem unterirdischen Werkstunnel zu schlagen, der in der Nähe des Hauses vorbeiführte.
»Sprengstoff haben wir«, sagte der beleibte Feldwebel Anziferow, in der einen Hand einen Napf Tee und in der anderen ein Stück Würfelzucker haltend.
Die Hausbewohner, die sich in einer Grube vor der Hauptwand niedergelassen hatten, unterhielten sich miteinander. Alle bewegte das Schicksal der Zigeunerin, doch wie schon in den Stunden zuvor, so sprach auch jetzt niemand darüber. Es schien, als mache es ihnen überhaupt nichts aus, eingekesselt zu sein.
Diese Ruhe mutete Katja seltsam an, doch sie war besänftigend; selbst das schreckliche Wort »Einkesselung« hatte hier, unter den selbstbewussten Hausbewohnern, nichts Schreckliches für sie. Sie erschrak nicht einmal dann, als irgendwo ganz in der Nähe ein Maschinengewehr klickte und Grekow schrie: »Schlagt zu, schlagt zu, jetzt sind sie drin!« Und sie erschrak auch nicht, als Grekow sagte: »Jeder, wie er will: mit Granate, Messer oder Spaten. Euch zu belehren hieße euch verderben. Ich bitte euch nur – schlagt zu, jeder, womit es ihm passt!«
Wenn es gerade still war, diskutierten die Bewohner des Hauses ausführlich und in aller Ruhe über das Äußere der Funkerin. Batrakow, dem diese Dinge sonst völlig fernzuliegen schienen und der überdies noch kurzsichtig war, zeigte sich gründlich über alle Einzelheiten von Katjas Schönheit informiert.
»Für mich ist die Hauptsache an einer Frau der Busen«, sagte er.
Der Artillerist Kolomeizew war anderer Ansicht; in dem Streit, der darüber entbrannte, »redete er Klartext«, wie Subarew sich auszudrücken pflegte.
»Na, aber hast du etwa wegen der Katze ein Gespräch mit ihr angefangen?«, fragte Subarew.
»Was denn sonst?«, erwiderte Batrakow. »Sogar Papascha hat wegen der Katze eins angekurbelt.«
Der alte Granatwerferschütze spuckte aus und fuhr sich mit der Hand über die Brust.
»Wo ist denn bei ihr all das, was sich für ein gestandenes Mädel gehört? He? Ich frage euch!«
Ganz besonders ärgerte er sich, als er hörte, dass die Funkerin Grekow gefiel.
»Natürlich, in unserer Lage tut’s auch so eine Katka, in der Not frisst der Teufel Fliegen. Die Beine lang wie bei einem Kranich, hinten nichts dran. Große Kuhaugen. Ist das etwa ein Mädel?«
Tschenzow widersprach ihm: »Dir gefällt bloß eine Vollbusige. Das ist ein überholter, vorrevolutionärer Standpunkt.«
Kolomeizew, Schandmaul und Zotenreißer aus Passion, in dessen großem, kahlem Kopf sich allerlei Absonderliches und Widersprüchliches vereinte, sagte, die trüben grauen Augen spöttisch zusammenkneifend: »Das Mädel ist schon in Ordnung. Aber ich hab halt einen besonderen Geschmack. Ich mag gern kleine Frauen, Armenier- und Judenweibchen, flink und behänd, mit großen Augen und kurzen Haaren!«
Subarew blickte nachdenklich zum dunklen Himmel auf, an dem Scheinwerferstrahlen dekorative Muster bildeten, und meinte gedämpft: »Trotzdem wüsste ich gerne, wie die Sache ausgeht.«
»Wer sie kriegt?«, fragte Kolomeizew. »Grekow – das steht fest.«
»Nein, das steht nicht fest«, sagte Subarew, hob einen Ziegelstein vom Boden auf und schleuderte ihn kraftvoll gegen die Wand.
Die Kameraden schauten ihn an, schauten seinen Bart an und brachen in schallendes Gelächter aus.
»Womit willst du sie denn verführen? Mit deiner Haarpracht?«, erkundigte sich Batrakow.
»Mit seinem Gesang!«, verbesserte Kolomeizew. »Im Sendestudio am Mikrofon: die Infanterie. Er singt, und sie schickt das Programm in den Äther. Ein Paar wie aus dem Bilderbuch!«
Subarew blickte sich nach dem Jungen um, der am Abend vorher Gedichte gelesen hatte.
»Und was ist mit dir?«
Der alte Granatwerferschütze sagte herausfordernd: »Er schweigt, das heißt, er will nicht reden«, und im Ton eines Vaters, der seinen Sohn schilt, weil er die Gespräche
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