Lebendig und begraben
Belüftung werde ich natürlich anlassen, damit dir die Luft nicht ausgeht. Du wirst schreien, und keiner wird dich hören. Du wirst mit Fäusten und Fingernägeln gegen die Stahlwände deines Sarges schlagen, und niemand wird wissen, dass du da bist.«
»Bitte, ich würde alles tun«, sagte sie. »Alles.« Sie hielt inne, schluckte schwer und hatte das Gefühl, ihr könnte wieder schlecht werden. »Sie haben so viel Kraft. Für mich sind sie ein sehr attraktiver Mann.«
Aus dem Lautsprecher über ihrem Kopf drang ein Kichern. »Nichts, was du für mich tun könntest, könnte so erregend für mich sein, wie dir zuzuhören, wie du bettelst,winselst und mich anflehst, dich zu retten. Für mich ist das
sehr
erregend, Alexa.«
»Mein Vater wird Ihnen alles geben, was Sie wollen. Alles.«
»Nein. Da irrst du dich. Er gibt nichts für deine Freilassung.«
»Vielleicht
weiß
er nicht, was Sie von ihm wollen. Vielleicht weiß er nicht, was Mercury ist?«
»Dein Vater weiß es. Er versteht ganz genau, was ich meine. Weißt du, warum er uns nicht gibt, was wir wollen?«
»Er weiß nicht, was Sie wollen.«
»Du bedeutest ihm nichts, Alexa. Er liebt seine Frau und sein Geld mehr als dich. Vielleicht liebt er dich überhaupt nicht. Du bist gefangen wie eine Ratte, dein Vater weiß, in was für einer Lage du bist, und es ist ihm völlig egal.«
»
Das ist nicht wahr
!«
Keine Antwort.
Nur Stille.
»Das ist nicht wahr«, wiederholte Alexa. »Lassen Sie mich noch einmal mit ihm reden. Ich sage ihm, dass er jetzt handeln muss.«
Nichts. Stille.
»Bitte, lassen Sie mich mit ihm reden.«
In der erdrückenden Stille fing sie an, entfernte Geräusche zu hören, von denen sie zuerst dachte, es wären nur Halluzinationen, es wäre nur das Quietschen des Hamsterrades ihres verängstigten Bewusstseins.
Aber nein, das waren wirklich Stimmen. Geflüstert, nicht zu unterscheiden, aber mit Sicherheit Stimmen. So, wie sie manchmal die Stimmen ihrer Eltern durch die Heizrohre im Fußboden des großen alten Hauses hören konnte, obwohl sie sich zwei Stockwerke unter ihr aufhielten.
Da oben waren Leute
. Wahrscheinlich die Eule und die anderen,mit denen er zusammenarbeitete. Ihre Stimmen kamen durch das Rohr, den Schacht oder die Leitung, durch die die frische Luft strömte. Gehörten diese Leute zu ihm? Was wäre, wenn sie nicht zu ihm gehörten und nichts von ihr wüssten?
Alexa schrie so laut sie konnte. »HILFE HILFE HILFE BITTE ICH BRAUCHE HILFE ICH BIN HIER UNTEN HILFE!«
Die Antwort war Stille.
Dann fing das ferne Gemurmel wieder an, und Alexa war sich sicher, dass sie jemanden lachen hörte.
37. KAPITEL
Statt Alexa fanden wir nur ihr weggeworfenes Handy.
Eine Riesenenttäuschung, sicher. Aber je länger ich darüber nachdachte, desto mehr verriet es uns.
Es verriet uns, dass sie sich vermutlich im Umkreis von einhundert Meilen um Boston befand.
Aus dem Überwachungsvideo des Hotels wussten wir, wann sie entführt worden war. Der Notruf hatte uns verraten, dass sie weniger als eine Stunde später nördlich von Boston durch Leominster gekommen war.
Nach ein paar Telefonaten von Diana kamen wir zu dem Schluss, dass Alexa vermutlich gefahren, aber nicht in ein Flugzeug verfrachtet worden war. Der einzige Flughafen in der Nähe war der Finchburg Municipal Airport, der zwei Landebahnen hatte und von ein paar kleinen Chartergesellschaften genutzt wurde. In der Zeit zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh war dort kein Flugzeug gestartet.
Zwischen ihrer Entführung und der ersten Kontaktaufnahme der Kidnapper mit Marshall Marcus waren nur vierzehn Stunden vergangen. In der Zeit musste man sie transportiertund – wenn man ihre Hinweise wörtlich verstehen durfte – in so etwas wie einer Krypta oder einem Kellergewölbe begraben haben. Und man hatte Kameras installiert, die über das Internet senden konnten. So etwas einzurichten war kompliziert und dauerte seine Zeit. Es musste mehrere Stunden in Anspruch genommen haben. Also konnten sie nicht allzu weit fort sein.
Aber damit gab es immer noch viel zu viele Möglichkeiten, wo sie stecken konnte.
Ich setzte Diana am FBI-Hauptquartier ab. Es war erst kurz vor sechs Uhr morgens, deshalb hatte sie vor, heute mal einen Frühstart hinzulegen. Sie wollte sich die Techniker schnappen, sobald sie kämen, und sie bitten, Alexas Handy gründlich zu untersuchen.
Nachdem Diana ausgestiegen war, saß ich noch einige Zeit ohne besonderen Grund im Defender vor der One Center
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