Lebendig und begraben
Plaza herum und beschloss schließlich, nach Hause zu fahren und ein paar Stunden zu schlafen, weil es wahrscheinlich ein sehr langer Tag werden würde.
Bis ich meine E-Mails checkte.
Ich fand eine lange Liste von Mails, die als Absender keinen Namen, sondern Zahlenreihen hatten, die ich zuerst nicht zuordnen konnte. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich begriff, dass sie automatisch von dem Miniatur-GPS-Tracker verschickt wurden, der in Taylor Armstrongs goldenem Dupont-Feuerzeug versteckt war.
Na ja, nicht in
ihrem
Feuerzeug, sondern in dem, das ich ihr statt ihres eigenen gegeben hatte, nachdem ich es »versehentlich« auf das Kopfsteinpflaster von Beacon Hill hatte fallen lassen. Ich hatte es im Tabakwarenladen am Park Square gekauft … exakt das gleiche goldene Feuerzeug, das sie besaß: ein S. T. Dupont Ligne 2 Diamond Head. EinKlassiker und irrwitzig teuer. Aber viel billiger, als jemanden anzuheuern, um sie zu beschatten.
Ein alter Kumpel von mir aus den Special Forces, den wir Romeo nannten, hatte den Peilsender für mich eingebaut. Er hatte jetzt ein eigenes Geschäft im sogenannten TSCM-Be reich , der mit der Abwehr technischer Überwachungssysteme zu tun hatte. Romeo hatte sich bitter darüber beklagt, wie klein das Feuerzeug war. Er wusste nicht mit Sicherheit, ob er einen Peilsender besaß, der klein genug wäre. Am liebsten wäre es ihm gewesen, ich hätte ihr Handy gestohlen. Dann wäre es ein Kinderspiel gewesen. Aber man hätte ihr leichter unbemerkt eine Niere entfernen können. Und es gegen ein identisches Modell zu tauschen hatte auch keinen Sinn, weil alle ihre Fotos, Textnachrichten und Telefonnummern auf ihrem Handy gespeichert waren.
Aber nachdem Romeo erst einmal herausgefunden hatte, wie groß der Gastank im Feuerzeug war, schaffte er es, dort ein winziges GPS-Gerät einzubauen. Natürlich schimpfte er die ganze Zeit. Es war nicht gerade leicht, mit Romeo, der in Wirklichkeit George Devlin hieß, zu arbeiten, aber was er leistete, war einfach fantastisch.
Er programmierte das Ding so, dass es erst dann anfing, ein Positionssignal zu verschicken, wenn es mehr als dreihundert Meter fortbewegt wurde. Ich konnte jetzt sehen, dass Taylor fast unmittelbar nach unserem kleinen Gespräch an der Ecke bei Charles and Beacon nach Hause gegangen – oder in David Schechters Limousine nach Hause chauffiert worden war. Danach fuhr sie nach Medford, fünf Meilen nordwestlich.
Wen wollte sie wohl so dringend sehen?
Das konnte ich mir ziemlich gut denken.
38. KAPITEL
Zwanzig Minuten später fuhr ich die Oldfield Road in Medford hinunter. Es war eine nette Straße mit anmutigen alten Bäumen und schindelgedeckten Häusern. Darunter einige Zweifamilien- und mehrere Apartmenthäuser. Die meisten waren gut in Schuss, ordentlich gestrichen, mit säuberlich gemähtem Rasen und perfekt geschnittenen Hecken. Einige wenige sahen so aus, als hätten ihre auswärts wohnenden Vermieter vor dem Dreck ihrer studentischen Mieter kapituliert und die Häuser aufgegeben. Bis zum Gelände der Tufts-Universität war es von hier aus nur ein kurzer Spaziergang.
Das Haus, in dem Taylor Armstrong in der vergangenen Nacht dreiundvierzig Minuten verbracht hatte, war eines der schöneren von den weißgestrichenen, dreistöckigen Holzhäusern. Morgens um sechs Uhr dreißig war in der Gegend nicht viel los. Eine Frau joggte in einem türkis-schwarzen Sportbody. An der nächsten Straßenkreuzung fuhr ein Auto aus einer Auffahrt. Ich stieg aus und schlenderte am Haus vorbei, als wäre ich ein Nachbar auf seinem Morgenspaziergang. Nach einem kurzen Rundblick ging ich leise, aber ganz beiläufig zu dem vorderen Eingangsbereich. Dort befand sich eine Leiste mit fünf Türsummern und den dazugehörigen Klingelschildern. Fünf Apartments. Eines bewohnte wahrscheinlich der Besitzer. Auf den beiden oberen Etagen waren jeweils zwei Apartments.
Fünf Nachnamen: Schiff, Murdoch, Perreira, O’Connor und Unger. Ich prägte sie mir ein, dann ging ich zurück zum Wagen, drückte die Kurzwahl an meinem Blackberry und weckte Dorothy auf.
Fünf Minuten später rief sie wieder zurück.
»Margareth O’Connor ist neunundsiebzig, seit fünfzehnJahren verwitwet und besitzt das Haus seit 1974. Die anderen vier sind Mieter. Der eine hat gerade das College abgeschlossen und arbeitet für Amnesty International. Zwei weitere sind in den Abschlusssemestern der Tufts-Uni. Der vierte ist unser Mann.«
»Welcher ist es?«
»Perreira. Sein Name
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