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Lebens-Mittel

Lebens-Mittel

Titel: Lebens-Mittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Pollan
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Jede versorgt uns mit anderen Antioxidanzien und hilft so dem Körper, verschiedene Schadstoffarten zu eliminieren. (Es leuchtet ein, dass Sie umso mehr Pflanzen essen sollten, je mehr Schadstoffe in Ihrer Umwelt vorhanden sind.)
    Tiere können einige Antioxidanzien selbst synthetisieren, und früher gehörte auch das Vitamin C dazu. Allerdings enthielt die pflanzenreiche Ernährung unserer Vorfahren so viel Vitamin C, dass wir im Lauf der Zeit die Fähigkeit verloren, diese chemische Verbindung selbst herzustellen – vielleicht weil die natürliche Selektion dazu tendiert, auf alles Überflüssige zu verzichten, das vom Stoffwechsel aufwendig hergestellt werden muss. (Pflanzen sind deshalb eine so reichhaltige Quelle für Antioxidanzien, weil sie sie zur Bewältigung des vielen reinen Sauerstoffs brauchen, der bei der Fotosynthese entsteht.) Für die Pflanzen war das eine günstige Entwicklung, denn es machte die Menschen in Bezug auf einen essenziellen Nährstoff völlig von ihnen abhängig; und genau deshalb tun die Menschen seitdem so viel für ihre Vitamin-C-Produzenten, verbreiten deren Gene und erweitern deren Lebensraum. Manchmal meinen wir, für die Wechselbeziehung zwischen Pflanzen und Menschen wäre der süße Geschmack der Türöffner gewesen, aber Antioxidanzien wie das Vitamin C haben an ihr einen genauso wichtigen, wenn auch weniger wahrnehmbaren Anteil.
    Unsere biologische Abhängigkeit von den Pflanzen reicht also weit in die Vergangenheit zurück und tief in das Körpergeschehen hinein, und deshalb überrascht es nicht, dass es für uns so gut sein soll, sie zu essen. Zig Studien zeigen, dass eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse das Risiko verringert, an egal welcher Zivilisationskrankheit zu sterben. In Ländern, in denen die Menschen ein Pfund oder mehr Obst und Gemüse pro Tag essen, ist die Krebsrate halb so hoch wie in den Vereinigten Staaten. Wir wissen auch, dass Vegetarier für die meisten Zivilisationskrankheiten weniger anfällig sind und infolgedessen länger leben als wir anderen. (Obwohl Fastvegetarier – sogenannte Flexitarier – genauso gesund wie Vegetarier sind.) Die exakten Gründe dafür sind sehr viel weniger klar als die Tatsache, dass es so ist. Fast sicher haben die Antioxidanzien in den Pflanzen eine Schutzfunktion, aber genauso möglicherweise die Omega-3-Fettsäuren (ebenfalls essenzielle Nährstoffe, die wir nicht selbst herstellen können), die Ballaststoffe und weitere, bislang unbekannte Pflanzenkomponenten und -synergien; wie die Vollkorn-Studie nahelegt, sind pflanzliche Lebensmittel wohl mehr als die Summe ihrer Nährstoffbestandteile.
    Aber die Vorteile einer Kost auf Pflanzenbasis gehen wahrscheinlich über das hinaus, was in den Pflanzen drin ist: Weil pflanzliche Lebensmittel – mit Ausnahme der Samen – eine geringere Energiedichte als die meisten anderen Dinge haben, die Sie essen können, futtern Sie bei einer überwiegend pflanzlichen Ernährung wahrscheinlich weniger Kalorien in sich hinein (was an sich schon vor vielen chronischen Krankheiten schützt). Die Samenausnahme lässt ahnen, warum es wichtig ist, mehr Blätter als Samen zu essen: Unraffinierte Samen einschließlich vollwertiger Getreide und Nüsse können zwar sehr nahrhaft sein, haben aber – im Einklang mit ihrer biologischen Rolle als Energiespeicher – viele Kalorien. Nur wenn wir anfangen, Pflanzensamen zu raffinieren oder ohne den Rest der Pflanze zu konsumieren, kommen wir in Schwierigkeiten.
    Und wie sieht es mit dem Fleischessen aus? Im Gegensatz zu den Pflanzen, ohne die wir nicht leben können, müssen wir kein Fleisch essen – mit Ausnahme von Vitamin B 12 können wir jeden im Fleisch enthaltenen Nährstoff auch woanders herbekommen. (Und an die winzige Menge B 12 , die wir brauchen, ist nicht allzu schwer heranzukommen; es findet sich in allen tierischen Lebensmitteln und wird von Bakterien produziert, und deshalb nehmen Sie B 12 auf, wenn Sie verschmutzte, faulende oder vergorene Früchte und Gemüse essen.) Trotzdem ist Fleisch, das Menschen sich zum Teil unter heldenhaftem Einsatz erobert haben und das von ihnen schon seit geraumer Zeit genüsslich verdrückt wird, ein nahrhaftes Lebensmittel, das alle essenziellen Aminosäuren sowie viele Vitamine und Mineralstoffe liefert; einen zwingenden gesundheitlichen Grund, es vom Speisezettel zu streichen, habe ich nicht gefunden. (Das heißt nicht, dass es nicht gute ethische oder ökologische Gründe gibt, dies zu tun. 37

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