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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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Jahren oben in Hamburg, als ihm die one and only goldblonde Schwalbe Jocelyn über den Bordstein geflogen kam und schon eine Woche später vom Tiger im Hafen von Saint-Tropez in den Hafen der Ehe geführt wurde. Ein einfaches weißes Kleid hat sie getragen, das ihr der Moshammer in München auf den geschmeidigen Katzenkörper geschneidert hatte. Und auch er, muss er sagen, machte gehörig was her in seinem weißen Brioni, den er auch jetzt trägt, da er sich im Rückspiegel betrachtet und darin vielleicht einen Mörder sieht.
    Eine unverbindliche Fernbeziehung mit der Platinblonden, rekapituliert er nun, da er an Luckewalde vorbeirast, einen regelmäßigen Wochenendfick mit ihr hätte er Routinier locker organisieren können. Jedoch war die ganze verdammte Seifenoper auf dem Tingeltangel zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr steuerbar, weil er natürlich sofort gemerkt hat, dass auch der Tschu En Lei, dieses stille Wasser, ein Schlitzauge auf die Ivana geworfen hatte!
    Gefährlich hat er ihn aus seiner Schießbude heraus angeschaut, aus dem tiefsten Inneren seiner Gelassenheit heraus. Gewiss, da hätte der ganze abfahrende Zug in Richtung Hölle vielleicht noch gestoppt werden können, und er ärgert sich noch immer fürchterlich, dass er in der Folge einfach die Contenance über Bord geworfen hat und heißgelaufen ist wie ein Teekessel, wo er doch sonst so kühl ist, dass er kalte Pisse pisst.
    Doch hatten ihn die Götter zu diesem Zeitpunkt längst auserkoren, um ihn auf glattes Parkett zu locken und ihn unter schallendem Gelächter stürzen zu sehen. Weg von all dem, hätte sein Impuls sein müssen, weg weg weg! So wie er damals als Dreizehnjähriger seinem Impuls folgte, als er entschied: Weg aus Furzenbüttel! Weg vom Frisiersalon seiner Mutti! Hin zu den Hurenhäusern oben in Hamburg!
    Was aber wäre ein mit allen Butterflymessern bestückter Kosovare von der Reeperbahn gegen einen stoischen Chinesen mit Leberschadenhaut, über den plötzlich die Sturmflut der Eifersucht hinwegschwappt? Ein laues Mailüftchen wäre der dagegen, die Rote Armee ein Nähkränzchen im Vergleich! Plötzlich sprang das Gelbgesicht nämlich aus seiner Schießbude heraus und warf sich ihm von hinten an den Hals wie früher der Louis de Funès im Nachmittagsfilm, und zack zack zack schlägt er mit der Handkante auf ihn ein wie ein kleiner Japaner, der aus seiner Forelle Sushi macht.
    Frage: Wie anders hatte er sich von dem auf einmal gänzlich unstoischen Reiskorn befreien sollen, wenn nicht durch eine immens schnelle und ruckartige Links-rechts-links-rechts-Drehbewegung, die den Scheinasylanten ungespitzt in seine eigene Schießbude zurückkatapultiert hat, da war er endlich wieder ganz Konfuzius, der rabiate Tschu.
    In diesem Augenblick aber ist dem Schlevsky die Bredouille bis zu den Augenbrauen geschwappt, so wie dem Chinesen das Blut. Und nur der bewundernde Blick der Ivana hat ihn kurzzeitig vergessen lassen, dass er sich kurz vor seinem Lebensabend in einem Paragrafendschungel verheddert hat, aus dem er nur mehr sehr schwer herausfinden würde, es sei denn im Sarg als Sträfling aus der Anstalt in Moabit.
    Da war der Moment im Leben des komplett versauten Puffkaisers gekommen, dass er zum ersten Mal nicht an den kleinen Tod gedacht hatte, sondern an den großen Abgang!
    „Also steig ein, russisches Mädchen!“, hat er der Zuckerwatteverkäuferin den Arm gereicht und sie zum F50 geführt, der ihr gleich mächtig zu imponieren schien. „Um den halbtoten Chinesen sollen sich die Freiwilligen vom Roten Kreuz kümmern!
    Wie aber bekommt ein staatlich beeideter Puffkaiser eine siebzehnjährige Russin, platinblond und wie geschaffen für den Bordstein, dauerhaft aus Russland heraus und zum Zwecke der Gestaltung eines von gegenseitigem Respekt getragenen Lebensabende zu zweit nach Österreich hinein, ohne dass das Staatsganze ihm sofort unterstellt, er wolle sie dort als Schwalbe aufstellen? Und – problemos, auf einmal muchos problemos! -was macht er alter Sack überhaupt mit einem noch so perfekten russischen Körper in Aussee, wenn dieser nur Russisch spricht? Die paar Brocken Polnisch, die er beherrscht und mit denen er sich über ihre gemeinsame Flucht und Zukunft verständigt hat, werden ihm nicht weiter helfen, wenn ihn in Aussee der Alltag einholt und er sie in die Drogerie um ein Hühneraugenpflaster schicken muss. Herrgott, diese verdammten Prada-Schlüpfer sind ihm einfach eine Nummer zu klein!
    Solche und andere Probleme
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