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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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seine Pension teilen! Der hat schon sehr eigene Probleme, resümiert sie, wie sie anfängt, die Fenster zu putzen. Dabei beobachtet sie ihn vorsichtig aus den Augenwinkeln heraus und sieht diesen Menschen in der tiefsten Sickergrube seiner Unwürde auf seiner Bierkiste sitzend und einfach vor sich hin starrend.
    Da ist sie dann doch sehr froh, dass sie ihm den Duftbaum nicht hereingehängt hat. Das hätte ihn womöglich noch mehr verletzt.
    Plötzlich aber denkt die Anni nicht mehr an den Biermösel und seine Probleme. Denn durch die frisch geputzten Fenster schieben sich wieder ihre eigenen Probleme in den Vordergrund, als sie mit ansehen muss, wie der Puffkaiser Schlevsky in seinem amerikanischen Straßenkreuzer drüben vorm Einfamilienhaus des Mallinger einparkt. Das heißt, er versucht erst gar nicht sich einzuparken, weil ein amerikanischer Straßenkreuzer und eine österreichische Parklücke, das passt nicht zusammen. In Wirklichkeit ist es auch gar kein Amerikaner, den er da steuert, sondern ein Ferrari und also ein waschechter Italiener. Aber so viel zur Straßenverkehrsordnung hat die Anni vom Biermösel schon gelernt, dass sie weiß: Es ist alles amerikanisch zu nennen, was größer ist als eine Triumph Fips!
    Da spürt die Anni die Panik in sich aufsteigen. Als Frau, die das Leben in all seinen Ausbuchtungen kennt, weiß sie nur allzu gut, dass noch nie etwas Gescheites herausgekommen ist, wenn ein Puffkaiser mit seinem Ferrari auf einen Deutschlehrer mit seinen Heiligenerscheinungen trifft. Da bleibt ihr jetzt gar nichts anderes übrig, als sich wieder an den Biermösel zu wenden, der nach drei schnell gezischten Bieren auf seinem Klo Gott sei Dank schon wieder die gröbere Scham über Bord geworfen hat.
    „Biermösel“, fragt sie, „kannst du bitte den Schlevsky für mich erschießen?“
    Da steht der Biermösel von seiner Klomuschel auf und schaut die Anni mit sehnsuchtsvollen Augen an. Er blickt beim Fenster hinaus und erkennt den Grund ihrer Sorgen. Er sagt: „Anni, hör zu. Gerne täte ich den Schlevsky für dich erschießen. Aber leider hab ich die Doppelläufige drüben im Auerhahn gebunkert. Und nur mit der Glock alleine werde ich den hageren Gesellen nicht treffen.“
    Was aber könnte der Biermösel der Anni als Kompensation für das vorhin Erlebte sonst noch anbieten, wenn nicht das erlegte Haupt des Tigers? Die frisch gekaufte Mon Chéri vielleicht, die er jetzt in den tiefen Taschen von seinem Wetterfleck ertastet?
    Da muss er sich freilich selbst eingestehen:
    Falscher Zeitpunkt, Biermösel! Aber komplett falscher Zeitpunkt!

Nang-Pu tour
    „Duden!“, hört er den Schlevsky von draußen nach ihm rufen, und er würde ihm gerne antworten, doch das kann er nicht.
    Der Mallinger hat sich mit seinem Seidenpyjama „Saint Marie“ an einer Bettfeder seiner Ausziehcouch „Mystique“ verhängt. Wie eine Schildkröte rücklings auf ihrem Panzer liegend, zappelt er mit den Füßen und versucht sich zu befreien, während der angekündigte Besuch von draußen gegen die massive Eingangstür tritt und nicht aufhören will, nach ihm zu rufen. Alles in allem keine guten Vorzeichen für einen professionellen Umgang mit der mediengeilen Öffentlichkeit der Rennsportwelt, ärgert sich der Mallinger und strampelt dabei nur umso heftiger. Wenn jetzt auch noch ein Paparazzo einen Schnappschuss von ihm machen würde, bliebe seine Karriere als Rennsau womöglich auf halbem Wege stecken.
    „Duden!!“
    Der Schlevsky hat sich, nachdem er den F50 leer geräumt und sein Gepäck oben im Flachdachrefugium notdürftig verstaut hat, wieder in Fasson gebracht und ist nach dem kühlen nächtlichen Ritt nun auch wieder halbwegs gut drauf. Er trägt einen seiner blütenweißen Reserve-Brionis. Dazu die leichten Bergschuhe, die er im Alpenland stets den Gucci-Schlüpfern vorzieht. Wenn er aber noch lange in der Kälte vor diesem Namensschild warten muss, dann dreht er durch!
    „Duden!!!“
    Hm, „Duden“ steht da also neuerdings drauf, kommt der Schlevsky nicht umhin, beständig auf das neue Namensschild an der Tür des Mallinger zu starren. „Duden“ anstatt wie früher einmal „Emmerich Mallinger“.
    Der Schlevsky gerät darüber gehörig ins Grübeln und fragt sich: Will der Blödi solcherart einem Anschlag marodierender Schulabbrecher entgehen, denen er mit schlechten Noten das Leben versaut hat? Will er sie allen Ernstes auf eine falsche Fährte locken, indem er jetzt „Duden“ statt „Mallinger“ an
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