Lebensabende & Blutbaeder
einzige Gemeinsamkeit, die den Dorfkaiser, den Biermösel und den Mallinger verbindet, der Alkohol und der jeweilige Umgang damit. Und vielleicht noch, dass sie alle drei die einzigen Junggesellen mit einem gewissen Ruf sowie einer diesbezüglich unterschiedlichen Erfolgsgeschichte im Ort sind.
Aber anstatt dass der Bürgermeister sich seinem Alter gemäß in Würde damit abzufinden täte, dass er übrig bleiben wird, wie das der Biermösel schön langsam, aber sicher und der Mallinger mit Abstrichen tun, bildet sich der immer noch ein, dass er das Zeug zum Star hat! Mit seinem Angeber-Allrad tuscht er jeden Tag mit weit überhöhter Geschwindigkeit hinüber nach Goisern und zieht eine elende Schleimspur vor der gachblonden Discowirtin, die an ihre Disco „Blondi“ und ihr Puff „La blonde Vlies“ angeschlossen auch noch das Tagescafe „Chez la blonde“ betreibt, wo sich die Hautevollee von den Autoverkäufern und den Versicherungsvertretern gegenseitig auf die Goiserer steigt. Und dort passt er auch hin, der Bürgermeister, weiß der Biermösel auch ohne die gewisse Erfahrung im Umgang mit den ganzen Tagedieben, die sich ihre grauslichen Schnauzbärte tönen und ihre blonden Haare föhnen! Dorthin, wo die Luft schwanger ist vom Sir Irisch Moos, meine Güte, er könnte sich Tag und Nacht nur anspeiben, wenn er an die ganzen Tagediebe denkt!
Der Biermösel traut dem Bürgermeister Daumen mal Pi alles in allem alles zu, was Gott verboten hat, weil die wahren Meister vom Bösen sich letztlich immer in der Politik finden. Schau dir den Pontius und den Pilatus an, fällt dem Biermösel gleich ein Beispiel ein, die unseren Herrn Jesus Christus blindlings erschossen beziehungsweise abgestochen haben (genau weiß er es nicht mehr)! Oder denk an den Nero, der ohne Not und mir nichts dir nichts eine Feuersbrunst nach der anderen entfacht hat! Beziehungsweise schweif nicht ab, sondern bleib im eigenen Land und erinnere dich an den Hitler, die depperte Sau (nur schwer kann er sich beruhigen, wenn er an den Hitler, die depperte Drecksau, denkt. Nur sehr schwer).
Bind den Politikern so wie sie sind einen Mühlstein um den Hals und wirf sie alle miteinander in die Gosau, wäre dem Biermösel seine Medizin gegen die Krankheit der Politik. Der Politik kann er nämlich beim besten Willen keine gute Prognose stellen, für die Politik im Allgemeinen sieht er einfach sehr sehr schwarz.
Mit einer immens reduzierten John-Wayne-Bewegung winkt der Biermösel den Bürgermeister schließlich nach langem Warten, während dem diesem schon sicht- und hörbar die Knie ganz gewaltig wehtun, zu sich her. Gebeugt wie der Quasimodo nähert sich der Tribun seinem Schreibtisch. Der Biermösel aber lässt ihn trotz vernehmbarer Höllenqualen in seinen zwei Kniescheiben noch immer nicht aufstehen oder gar niedersetzen. Der soll ruhig auf den Knien bleiben, denkt sich der Biermösel, und zwar genau wegen der vernehmbaren Höllenqualen! Er selbst macht es sich derweilen an seinem Schreibtisch gemütlich und kombiniert langsam und ohne unnötige Hast: Der Bürgermeister war auch im Auerhahn neulich, wie er pädagogisch geworden ist. Und er macht heute ganz den Eindruck, wie wenn er seine Pädagogik nach Punkt und Beistrich verstanden hätte. So gewaltig schwitzen tut er wegen seiner Nervosität, und so immens zittern wegen seiner Gewissensbisse (und der Höllenqualen in den Knien!), dass der Biermösel seine Vorurteile gegen die Politik gleich wieder bestätigt findet.
Aber er hat keine zwei Rotzbuben zu Hause im Stall stehen! Und bei der Kinderlosigkeit wird es auch bleiben, wie ein jeder weiß, der sich ein bisserl mit der Politik beschäftigt, weil er seit einer nie näher bekannt gewordenen, jedenfalls verlorenen Wette mit dem Schlevsky drüben im Sündentempel von der Gachblonden komplett zeugungsunfähig ist, aber wirklich komplett. Was also will er dann von ihm?
Da fixiert der Biermösel den Bürgermeister aus seinen gewissen Augenwinkeln heraus und schweigt. Er legt die Füße auf den Schreibtisch und lehnt sich im Sessel zurück und hört nicht auf zu schweigen. Er dreht die Flasche mit dem Marillenen am Schreibtisch langsam nach links, dann dreht er sie wieder langsam nach rechts, all das tut er schweigend. Er schraubt den Verschluss von der Flasche auf, dann schraubt er ihn wieder zu, und dabei schweigt er.
Bald merkt er, wie seine bewährte Foltermethode zu wirken anfängt, weil der Tribun die Flasche nicht mehr aus den Augen lassen
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