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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Schweigen –: eine weibliche mit leise aufgehobener Hand, eine männliche, die mit streng gebieterischen Zügen den Zeigefinger an die Lippen legte. Das Bett war in Form einer großen Muschel, mit Perlmutter ganz ausgelegt und mit goldenen Rändern eingefaßt. Sie ruhte auf dem schuppigen, grüngoldigen Leib eines Seeungeheuers, das mit scharfen Klauen und spitzgezähntem Rachen den Schlaf der Göttin verteidigen zu wollen schien. Eine Draperie von seegrüner Seide schwebte leicht wie Nebel darüber. Das Gemach selbst stellte eine Grotte oder Meereshöhle dar. Es war mit blinkendem Erz rauh bekleidet und kostbare Muscheln, Korallenstauden und Schnecken bildeten groteske Borten und Verzierungen. Rastignac lüftete den über das wollüstig weiche Bett hingebreiteten türkischen Schal ein wenig. «Nun? heißt das nicht unverschämt kokettieren? – Ihr Bett den Blicken eines jeden preiszugeben! Hier auf dies Heiligtum der Göttin, wo sie ruht wie eine Perle in der Schale, möchte und kann jeder seine Karte hinlegen – das ist aber auch alles.«
    »Wirklich?« fragte ich nicht ohne Eifersucht.
    »Die Kühnsten und Geschicktesten haben hier ihre Verführungskünste verschwendet, gestehen es ein, bleiben ihr treu und sind aus ihren verschmähten Liebhabern zu ihren ergebensten Freunden umgewandelt; merkst du's, Freund, das vermag Schönheit! – Aus epikureischen Wüstlingen macht sie platonische Freunde. O Gott, wenn Mann und Weib eine gespaltene Einheit sind, wie geht da heutzutage die Mannheit in die Brüche, und welch ein schlechter Rechenmeister war, der dies sagte: Plato. Feodorens platonische Hälfte macht allein ein ganzes Regiment aus, wo sollen da alle Männer herkommen, die übrigen platonischen Bataillone, Kompagnien oder Rotten zu komplettieren?«
    »So hat sie noch keinen dem andern vorgezogen?«
    «Noch für keinen gefühlt, das ist authentisch!«
    Wir verließen das Gemach, um nach dem Saale zurückzukehren. Im gotischen Zimmer begegnete uns Feodora.
    Ein anmutiges Lächeln gebot mir, zu verweilen. Rastignac ging. Sie erkundigte sich nach meinen Arbeiten. Ich sprach mit Wärme, sie schien lebhaften Anteil zu nehmen und bat sich Proben aus, um selbst darüber zu urteilen. Wer war froher als ich? – das Glück kam mir auf halbem Wege entgegen, und aus Feodorens Händen wünschte ich, es zu empfangen.
    »Rastignac,« sagte ich auf dem Heimwege, »unmöglich ist sie die leichtsinnige Kokette, die du in ihr siehst; sie fühlt, aber für keinen in ihrer Umgebung, denn keiner ist würdig, daß eine Feodora für ihn fühle.«
    »Bedanke mich,« entgegnete Rastignac, »denn was mich betrifft, so gehöre ich auch zu ihrer solcher Empfindung unwürdigen Umgebung. Aber, Raphael, ist's dein Ernst, könntest du so unklug sein, bei deiner, glimpflich zu reden, Pauvrität, um die Liebe einer dem Anschein nach reichen Fürstin zu werben, und könntest du bei deinem Verstande nicht einsehen, daß deine Liebe den Weg alles Fleisches geht, weil nichts als Fleisch und keine Seele in ihr geliebt werden kann, um trotz aller deiner Dichtergaben dich zu irgendeinem merkwürdigen naturhistorischen Exemplar herzugeben, womit diese Circe ihre nur allzu vollständige Menagerie bevölkert!? Bist du, der im Hotel St. Quentin eine Dachstube bewohnt, den Shakespeare dort für Frankreich übersetzt, sich für einen Dichter hält und von Nachruhm träumt, nicht als zweiter Uliß mit den Kräutern des Merkur versehen, nun, so mag Minerva wie Butter am Ofen schmelzen; Tugend sei die Erbschaft eines Verschwenders, auf die er Schulden macht, eh' er sie noch besitzt, und Unschuld sei ein schlechtgeflecktes Schuhwerk, was man sich bei dem ersten besten Regenwetter abläuft.«
    Er verließ mich bald. Ich hatte noch einen weiten Weg bis nach Haus, zwischen dem Faubourg St. Honoré und der Rue des Cordiers liegt ganz Paris. Dennoch dünkte der Weg mir kurz.

Sechstes Blatt
    Zu meinem ersten Debüt hatte ich Tiecks »Runenburg« und »Liebeszauber« bestimmt, – sie glichen in etwas den beliebten Hoffmannschen »Contes phantastiques« . Wir Franzosen haben von dieser Höhe der Poesie, der Fülle in Wort, Ausdruck, Charakter, Gedanken, Empfindung und Phantasie kaum eine Ahnung. Um aber den Hörer ganz in die das Kleinste durchdringende Begeisterung mit hinzureißen, muß der Leser durch Ton und Ausdruck das Kleinste auch geltend zu machen wissen. Ich übte mich tagelang, alles, was ich aus dem Original getreulich in meine Muttersprache

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