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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Alltagsmenschen nehmen neue Gefühle wie all und jedes Neue hin, Wesen wie Feodora, selbst auch wie die kleine Pauline, fühlen sich mit dem Ungeahnten in Widerstreit, und lange währt's, eh man sein Selbst an solche bedeutungsvolle Momente gewöhnt. Auch ich ja suchte jetzt das Freie, um Feodorens Worte tausendfältig zu überlegen und mich ihrer in allen möglichen Bedeutungen, die sie haben konnten, zu erfreuen.
    Wem jemals die kühnsten Wünsche plötzlich sich verwirklichten, wer in einem einzigen Abend die Lieblingsträume rasch und leicht ins Leben überschreiten sah, wer sich bewußt ist, den ganzen Zauber durch sein Selbst bewirkt zu haben, der ahnt, welche Hochgefühle mich bis in die feinsten, fernsten Nerven durchbebten. Ich ging nicht, ich flog nach Hause, Paris hatte sich für mich verengt, und hoch über alles rief eine Stimme in mir: Feodora liebt, liebt mich! Wir nur verstehen uns ganz von allen, die uns bewundern, und unser Verständnis ist Liebe! Nur ein Wesen gibt's auf Erden, meiner würdig, und ich, ich bin der einzige ihrer wert! – Der Morgen graute schon, als ich immer noch mit großen Schritten mein Zimmer maß.

Siebentes Blatt
    Noch am selben Morgen besuchte mich Rastignac. »Glück zu, Freund! Du hast gesiegt! Das nenne ich mir einen Erfolg!« so rief er, ins Zimmer hüpfend, mir entgegen. »Was, bist du noch in deinen Kleidern? Du warst also nicht zu Bett, hast nicht geschlafen? Nun in der Tat, daß du dich freust, ist verzeihlich, und was mich betrifft, so habe ich mich in dir geirrt, das hätte ich nimmermehr dir und deinem stillen Dachstubenwesen zugetraut. Mensch, wo hast du diese Mund-, Schwatz- und Stimmenbiegsamkeit und Fertigkeit her? Doch das ist Talent und angeboren. Komm, laß dich umarmen!« – Er tat's, und bevor ich noch Zeit fand, etwas zu erwidern, hatte er von neuem das Wort genommen. – »Ja! du hast recht, deinen Triumph so aus den Augen leuchten zu lassen. Weißt du auch, was du erreicht? Alle Damen sind auf deiner Seite, allgemein hat man Feodorens ungebührliches Benehmen mißbilligt. Aus ihren Salons bist du verwiesen, allein die Marschallin B–, die Vicomtesse G–, die Herzogin W–, Mesdames v. F– und N– wünschen, dich bei sich zu sehen, und haben mir den Auftrag gegeben, dich einzuladen.«
    Hier machte Rastignac endlich eine Pause des Nachdrucks, und ich durfte fragen: »Woher weißt du so genau, daß ich aus ihrem Salon verbannt bin?«
    »Was sonst? Hat sie dich nicht wegwerfend behandelt, darfst du füglich wieder bei ihr erscheinen?
    »Gesetzt aber, sie hätte mir schon alles abgebeten?«
    »So geschah es unter vier Augen, gedemütigt wurdest du aber vor einer ganzen Gesellschaft!«
    »Die günstig für mich gestimmt war; ich durfte die Beleidigung verachten und fand am Ende in Feodorens Unwillen, o glaube mir, den höchsten und begehrenswertesten Erfolg.«
    »Freund! so wenig wie zwei Hähne auf einem Hofe sich vertragen, so wenig kannst du mit ihr in einem Salon bestehen. Ihr macht beide dieselben Ansprüche auf ausschließliche Bewunderung. Sie kokettiert mit ihren Reizen, wie du mit deinem Genie; wie die Sachen jetzt stehen, mußt du entweder ihr Ansehen stürzen, oder sie untergräbt deinen Ruf, der nur noch auf schwachen Füßen steht.«
    »Bei Gott! ich tu' ihr nichts Leides, was sie auch gegen mich beginnen mag; ich seh' auch nicht ein, wie ich's könnte.«
    »Bist du rasend?«
    »Vielleicht! und wenn ich's bin, aus Liebe zu ihr!«
    »Das hätte ich nicht erwartet!« sprach Rastignac zornig. »Leb wohl!«
    »Wohin?«
    »Einen Narren seinem Schicksal überlassen oder vielmehr seiner Narrheit, denn das ist das Gestirn, so über ihm waltet.«
    »Rastignac, jetzt will ich stolz reden! Wofür soll ich's halten, daß die, die für niemand noch empfand, in einer Assemblee meinethalben gänzlich sich vergaß, eine auserwählte Gesellschaft hintansetzte, um ihrer Bitterkeit gegen mich Luft zu machen? – Glaube nur, die Erstlingsblüte der Liebe entkeimt einem herben Kelche; Jungfräulichkeit haßt den Gegenstand, der sie zwingt, sich in sich selbst anzufeinden. Verlaß dich drauf, Feodora hat besser mich verstanden als du oder sonst jemand im Salon!«
    Rastignac schlug eine laute Lache auf. »Du bist der eitelste Geck, den je die Sonne sah!«
    »Eine sehr freundschaftliche Überführung!« erwiderte ich gereizt.
    »Jetzt seh' ich ein, woher Genies es im Leben zu nichts bringen!«
    »Es gibt Ausnahmen!«
    »Wunder hast du gestern getan, aber wahrlich

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