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Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Titel: Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Bielendorfer
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ihrer Serviette in Ashleys Gesicht herum.
    »Lass das, Oma, das ist Schminke«, sagte ich und schob ihre Hand beiseite, bevor sie das Gesicht meiner Freundin zu einem Jackson Pollock würdigen Farbbrei verrührte. Meine Oma schaute Ashley verwundert an und begann dann, sich zu bekreuzigen. Sonst verlief das Tischgespräch eher schleppend, als wäre Darth Vader bei den Amish eingeladen. Meine Mutter hatte gekocht, Tortellini mit Schinken. Ashley war Vegetarierin und knabberte zaghaft die Außenseiten der Nudeln ab. Eigentlich hatte ich sie während ihres ganzen Aufenthalts noch nicht essen sehen, vielleicht ernährte sie sich von Schwermut – wir hatten bereits entdeckt, dass der Hauptmoment unserer Anziehung auf der generellen Ablehnung von allem basierte.
    Der hormonelle Ausnahmezustand in unseren Gehirnen hatte sogar die Sprachbarriere aufgeweicht, und so hatte ich trotz meines mangelhaften Englischs die zwei schönsten Wochen meines bisherigen Menschseins erlebt. Eine Freundin zu haben hatte den Kompass meines Lebens irgendwie eingenordet. Jetzt verstand ich auch, warum Knutschflecke so einen hohen Stellenwert bei Teenagern einnahmen, Ashley und ich sahen mittlerweile aus, als würden wir unter einem späten Ausbruch der Röteln leiden, so sehr hatten wir die Haut des anderen zersiebt. Der Knutschfleck war eine Art offizielle Verpfändung des Herzens, der Kuckuck unserer Generation. Ashley hielt unter dem Tisch heimlich meine Hand, die Fremdheit der Situation war für sie sicherlich nicht leicht.
    Als meine Eltern auch noch krampfhaft versuchten, Konversation zu machen, wurde das Ganze für Ashley nur noch schlimmer.
    »Do you like KISS?«, fragte mein Vater und durchbrach damit die Stille, die bleischwer über dem Esstisch lag.
    »Excuse me?«, flüsterte Ashley unsicher, die Frage war nicht so anzüglich gemeint, wie sie wohl geklungen hatte.
    »The Band … KISS, you know?«, half er nach, wahrscheinlich glaubte er, dass die kosmetische Ähnlichkeit zwischen meiner ersten Freundin und der amerikanischen Partykapelle absichtlich war. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen, das war schlimmer, als seine Physiklehrerin am FKK-Strand zu treffen.
    Ashley schaute immer noch unsicher. Für jemanden, der Gothic mochte und zur Beruhigung Slayer hörte, war KISS eine Todsünde. Eine Band, die alles, wofür Gegenkultur stand, in Zuckerwatte getaucht und mit amerikanischer Oberflächlichkeit erstickt hatte. Sie schüttelte fast unmerklich den Kopf und suchte meinen Blick. Mein Vater stand begeistert auf und hechtete in seinen Keller, subtile Signale waren in meiner Familie fehl am Platz.
    »And you and Taylor are friends at school?«, fragte meine Mutter zielsicher Fettnäpfchen Nummer eins von der langen Liste möglicher verbaler Verfehlungen ab. Schon ein kurzer Blick auf die Platzwahl hätte zur Beantwortung dieser Frage eigentlich gereicht, denn Taylor und Ashley saßen auf gegenüberliegenden Seiten des Tisches und würdigten sich keines Blickes. Auch die Begrüßung, als sie unser Esszimmer betreten hatte, war mit einem Grunzen aufseiten Taylors eher schmal ausgefallen. Zwischen einem Mädchen im Gothic-Outfit, das in seiner Freizeit todessehnsüchtige Haikus schrieb, und einem Spitzensportler, der einen Großteil des Tages auf die Ausbildung seines Trizepses verwendete, gab es keine Anknüpfungspunkte, die das Wort »Friends« ermöglichten. Genauso wenig wie zwischen Taylor und mir, der glatzköpfigen Knackwurst. Weder Taylor noch Ashley antworteten auf die Frage, und so schaute meine Mutter wieder auf ihr Essen. Es war so still, man hätte einen Maulwurf im Vorgarten furzen hören können. Nun konnte es nicht mehr peinlicher werden, dachte ich … und irrte mich.
    Denn plötzlich kehrte mein Vater mit einer Schallplatte unter dem Arm zurück, und noch bevor jemand einen Sprengstoffgürtel zünden konnte, dröhnten schon die ersten Akkorde eines »KISS – Best of« aus den Boxen in unser Wohnzimmer.
    »Rooobert!«, brüllte meine Mutter wie ein Feueralarm den Namen meines Vaters über den Esstisch. Der wiederum machte mit gebeugten Knien vor dem Tisch Tanzbewegungen und faselte irgendetwas von »Wir waren auch mal rockig«. Es ist ein Naturgesetz, dass alle Teenager ihre Eltern peinlich finden, in diesem Fall brauchte man aber keine Naturwissenschaft, um zu erklären, warum ich vor Scham fast im Stuhl versank.
    Das Abendessen war damit wohl endgültig beendet, meine Eltern hatten das Dessert durch einen

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