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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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ich habe doch nicht gesehen, dass du deine Hände dazwischen hattest, entschuldige, entschuldige …»
    Er nahm das Mädchen auf den Arm und achtete darauf, dass kein Blut an den Mantel kam. Aber vergeblich, sie bohrte ihren Kopf an seinen Hals und wischte Tränen und Schnodder an seinem Anzugkragen ab.
    «Das tut so weeeh …»
    «Jaja», sagte Thomas und spürte, wie ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach.
    «Die ist immer so tollpatschig», sagte Kalle und starrte mit großen Augen auf das Blut am Fußboden, das schon dunkel zu werden begann.
    «So, und jetzt ab in den Fahrstuhl.»
    Er schob seinen Sohn mit einem Arm hinein und hielt seine Tochter mit dem anderen an sich gedrückt, griff nach der Aktentasche und stellte sie in den Fahrstuhl, schloss die Gittertüren (erst die eine, dann die andere) und ließ Kalle den Knopf für die fünfte Etage drücken.
    Die Dachgeschosswohnung.
    Thepenthouse,
wie Sofia es auf ihrer Homepage nannte. «Das tut weeeh, Papa …»
    «Jaja», sagte Thomas und starrte ungeduldig auf die vorbeigleitenden Etagen, den Kristallkronleuchter im zweiten Stock, der unter seinen Füßen verschwand, die holzgetäfelten Wände im dritten Stock mit ihrer gemalten Maserung und den doppelten Eingangstüren.
    «Was gibt's zu essen?»
    Kalle hatte neuerdings ständig Hunger.
    «Ich weiß nicht. Sofia wollte etwas für uns kochen.»
    Mit einem kleinem Ruck kam der Aufzug ganz oben zum Stehen.
    «Jetzt Vorsicht mit den Fingern», sagte er unnötig laut, bevor er die Eisengitter zurückschob.
    Er hatte keine Lust, in der Aktentasche nach dem Wohnungsschlüssel zu suchen, deshalb drückte er mit seiner freien Hand auf die Klingel, während er mit der anderen Ellen fester umarmte, die schluchzte und weinte und sich die Finger hielt.
    «Schhh, schhh», machte er und schaukelte sie ein wenig ratlos hin und her.
    Ellens Weinen ließ ein wenig nach. Er hörte keine Geräusche aus der Wohnung. Das Kind auf seinem Arm wurde langsam mächtig schwer. War Sofia nicht zu Hause?
    Er klingelte noch einmal.
    Mittendrin flog die Tür auf.
    Sofia hatte eine Schürze umgebunden und die Ärmel hochgekrempelt, zwischen ihren Augenbrauen stand eine kleine senkrechte Falte.
    «Hast du deinen Schlüssel vergessen?», fragte sie, noch bevor sie Ellens Heulattacke bemerkte.
    Thomas drängte sich an ihr vorbei und ging in die Knie, um seine Tochter auf dem Fußboden abzusetzen.
    «Jetzt zeig Papa mal, wo du dich geklemmt hast», sagte er und nahm die Hand des Mädchens.
    «Ist was passiert?»
    Er schloss die Augen einen Moment und schluckte, ließ Ellens Hand los, stand auf und lächelte.
    «Liebling», sagte er und küsste Sofia auf die Wange. «Ellen hat sich die Finger in der Fahrstuhltür eingeklemmt, sie blutet ziemlich, ich muss ihr ein Pflaster drauftun.»
    «Du hast sie doch im Fahrstuhl eingeklemmt», trompetete Kalle und schielte zu Sofia.
    «Zieh die Sachen aus und häng sie an deinen Haken, und dann gehst du Hände waschen», sagte Thomas zu Kalle und schälte sich schnell aus seinem Mantel.
    Der musste in die Reinigung. Er beäugte seinen Anzug. Ebenfalls reif für die Reinigung.
    Er sah Sofia an. Sie bemerkte seine stumme Bitte nicht, sondern drehte sich um und ging wieder in die Küche.
    Annika hat sich immer um die Reinigung gekümmert.
    Der Gedanke tauchte plötzlich aus dem Nichts auf, und Thomas blinzelte verwirrt.
    Ja, so war das all die Jahre gewesen, seit dem Tag, als er den Abholschein für die alte Angorajacke – ein Erbstück ihrer Großmutter – verbummelt hatte.
    Er ließ Mantel und Jackett auf die Bank in der Diele fallen.
    «So, jetzt aber», sagte er und hob das Mädchen hoch. «Jetzt holen wir dir ein Pflaster.»
    Das Weinen verebbte.
    Er trug Ellen ins Badezimmer, wo er feststellte, dass die Quetschung genau am Nagelbett ihres rechten Ringfingers saß. Sicher würde sie den Nagel verlieren.
    «Er ist blau», sagte Ellen und sah ein klein wenig fasziniert auf ihren Fingernagel.
    «Wie Blaubeerpudding», sagte Thomas, und Ellen kicherte.
    Er setzte sich auf den Toilettendeckel, nahm seine Tochter auf den Schoß und wiegte sie sachte.
    «Entschuldige», flüsterte er. «Papa wollte dich nicht einklemmen.»
    «Kriegt man was zu naschen, wenn man sich geklemmt hat?»
    Ellen sah hoffnungsvoll zu ihm auf, während sie ihre Rotznase am Pulloverärmel abwischte.
    «Vielleicht», sagte er. «Falls wir was dahaben.»
    «Kann man im Laden kaufen. Speckautos sind gut.»
    Sie gingen aus dem Badezimmer,

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