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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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bat, war aufrüttelnd.
    Ich hatte mich selbst zu einem Curlingpartner gemacht, einem, der vorauseilte und die Bahn polierte, damit Anne leichter darauf voran gleiten konnte.
    Sie blieb an einer Fußgängerampel stehen und schluckte ihren Ärger hinunter.
    Mit Selbstkritik im Blick gestand sie sich ein, dass sie die Bahn dort poliert hatte, wo es ihr behagte, dass sie Anne in die Richtung gesteuert hatte, die ihr selbst genehm war.
    Und ihre Freundschaft war in eine Schieflage geraten. Anne nahm es als gegeben hin, dass Annika alles für sie organisierte, von Geld und Kleidung bis hin zu Vortragsterminen und neuen Auftraggebern. Annika wiederum war davon ausgegangen, dass Anne eine Verliererin war, die von allein nichts auf die Reihe brachte.
    Als ob ich wollte, dass sie von mir abhängig ist, damit ich mich wichtig fühlen kann.
    Es wurde grün, und sie überquerte eilig die Straße.
    Anne hat sich geweigert, für mich da zu sein, als mein Leben zusammenbrach. Sie hat mich mit den Kindern auf der Straße sitzenlassen, als Thomas mich verließ und das Haus abbrannte.
    Die Wut war immer noch heftig und weiß glühend.
    Sie erreichte die Untersuchungshaftanstalt um 7 Uhr 59, ging zum Empfangstresen und musste sich ausweisen. Sie legte ihre Sachen in ein Schließfach und stieg mit Stift und Notizblock bewaffnet in den Aufzug.
    Keine Schleusen, keine Röntgenapparate.
    Sie wurde in einen fensterlosen Raum mit einem Tisch und vier Stühlen gebracht.
    Annika blieb stehen und starrte die Wände an.
    Dass wir immer noch Menschen auf die Art einsperren, weil sie Regeln gebrochen haben, die von anderen aufgestellt wurden. Das ist wirklich absolut barbarisch.
    Die Tür ging auf. Die Vollzugsbeamtin trat zur Seite, und eine kleine blonde Frau betrat das Besuchszimmer. Sie trug Jeans und Pantoffeln und einen grauen Pullover, die Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ein paar Strähnen hatten sich gelöst und tanzten um ihr Gesicht. Sie blieb kurz hinter der Tür stehen und zog die Ärmel ihres Pullovers in die Länge.
    «Hallo», sagte sie.
    «Hallo», erwiderte Annika.
    «Sie sehen noch genau so aus, wie ich Sie in Erinnerung hatte.» «Danke, gleichfalls.»
    Das ist nicht wahr. Sie ist kleiner geworden. Älter und kleiner. Oder war es die Uniform, die sie damals groß wirken ließ?
    Sie gaben sich die Hand und setzten sich einander gegenüber an den Tisch. Annika legte Block und Stift vor sich hin. Die schwache Energiesparlampe zeichnete tiefe Schatten unter Julias Augen. Der Pullover war zu weit.
    «Sie haben also ein Mädchen bekommen», sagte Julia. «Schläft sie ordentlich?»
    Annika nickte.
    «Gleich von Anfang an. Mein Erster, Kalle, hat die Nächte durchgeschrien, bis er ein halbes Jahr alt war. Ich war dermaßen müde, dass ich dachte, ich werde wahnsinnig.»
    Julia entspannte sich.
    «Das kenne ich. Alexander hat keine Nacht durchgeschlafen, bis er zwei war. Glauben Sie, dass es mit Mädchen leichter ist?»
    Annika musterte die Augen der Frau, sie waren weit geöffnet und hohl, auf eine Art, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte.
    Gesund sieht anders aus.
    «Ich glaube, beim zweiten Kind ist es leichter», erwiderte Annika. «Dann konnte man ja schon mal üben. Und außerdem weiß man, dass es vorübergeht, die Blähungen und die Schlaflosigkeit und der ganze Stress …»
    Julia schüttelte den Kopf.
    «Ich weiß nicht, ob ich mich trauen würde, noch ein Kind zu bekommen», sagte sie.
    «Nach Alexanders Geburt ging es mir wahnsinnig schlecht.»
    «Das lag vielleicht gar nicht nur an dem Jungen oder an der Geburt», sagte Annika, «sondern auch noch an anderen Sachen.»
    Julias Augen blieben an einem Punkt an der Wand hängen. Sie schwieg eine Weile.
    «Die glauben, dass ich ihn umgebracht habe», sagte sie dann.
    «Ich weiß.» Annika nickte. «Aber ich glaube das nicht.» «Nina sagt, dass ich ins Gefängnis komme. Was denken Sie?»
    Annika spürte, wie ihr Hals trocken wurde, wie die Unschlüssigkeit in ihre Augen trat.
    «Die Experten sind dieser Ansicht», sagte sie, «und wenn sie recht behalten, dann glaube ich, dass da ein großer Fehler gemacht wurde. Ich glaube nicht, dass Sie es getan haben. Ich glaube, dass noch eine andere Frau in der Wohnung war, und ich glaube, dass sie Alexander mitgenommen hat.»
    Julia saß vollkommen bewegungslos da. «Warum glauben Sie das?»
    «Ich bin überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Mord an David und dem schrecklichen Dreifachmord gibt, in den

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