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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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hinaufkriechen.
    Was für ein Glück, dass ich mich nicht noch mehr blamiert habe. Wenn ich tatsächlich was gesagt hätte…
    Sie hörte das Echo von Anders Schymans Stimme.
    Verfolgen Sie keine unschuldigen Leute, Annika. Sehen Sie sich vor.
    Sie schluckte hart und spürte die Scham pochen.
    Verzeih, dass ich so eine eingebildete Idiotin bin. Verzeih, dass ich stehle und zerstöre und sabotiere.
    Sie begann plötzlich zu weinen, die Tränen brannten und rollten über die Wangen.
    Hör auf zu heulen. Du hast keinen Grund, dich selbst zu bemitleiden.
    Sie schüttelte sich, wischte sich mit dem Jackenärmel übers Gesicht und legte den Gang ein. Nach einigen hundert Metern kam sie an dem roten Pfahl vorbei, den Yvonne Nordin erwähnt hatte.
    Ich muss mit mir ins Reine kommen, ich kann so nicht weitermachen.
    Sie rollte durch die Landschaft, ein Schneeschauer hing in der Luft, ohne richtig loszubrechen. Ihr Magen knurrte, und ihr fiel ein, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte (außer zwei Bissen Chorizo morgens um Viertel vor acht).
    In Garphyttan fand sie eine Pizzeria namens Garpen und bestellte das Tagesgericht. Es stellte sich als Pizza plus ein Gratis-Erfrischungsgetränk heraus.
    Annika nahm eine Cola und setzte sich an einen Fenstertisch.
    In der Nachbarschaft befand sich ein großer Industriekomplex, Haldex Garphyttan AB.
    Sie ließ den Blick über den Parkplatz schweifen.
    So viele Autos. So viele Menschen, denen die Autos gehören, die sie waschen und pflegen und sie in die Werkstatt bringen, die ihr Leben in Garphyttan leben, ohne dass ich eine Ahnung von ihnen habe …
    Sie wäre beinahe wieder in Tränen ausgebrochen, riss sich aber zusammen.
    Ich sollte es wie Anne machen. Lch sollte wirklich um Entschuldigung bitten.
    Ohne nachzudenken, griff sie zu ihrem Handy und sah, dass sie einen Anruf verpasst hatte. Unterdrückte Nummer, das war sicher die Redaktion.
    Sie sammelte sich und wählte dann eine Nummer, die sie seit einem halben Jahr nicht mehr angerufen hatte, eine Nummer, die sie früher mindestens zweimal am Tag gewählt hatte, aber dann aus ihrem Bewusstsein hatte löschen wollen.
    «Ja, Anne Snapphane …»
    «Hallo», sagte Annika. «Ich bin's.»
    Kurze Pause.
    «Annika. Wie schön, dass du anrufst. Ich freue mich wirklich.»
    «Entschuldige», sagte Annika. «Ich habe mich auch wie eine Idiotin benommen.»
    Anne legte die Hand über das Mikrofon und sagte «Kann ich dich später zurückrufen?»
    in einen anderen Hörer, dann war sie wieder dran.
    «Du brauchst dich nicht bei mir zu entschuldigen», sagte sie.
    «Es gibt so vieles, für das ich mich entschuldigen muss», erwiderte Annika. «Ich benehme mich wie eine Dampfwalze, ohne auf irgendjemand anderen Rücksicht zu nehmen als mich selbst. Thomas hat recht, ich drehe mir die Welt so hin, wie sie mir passt. Alles andere ist mir egal.»
    «Du bist sehr engagiert», sagte Anne, «und manchmal gehst du einfach ein bisschen zu weit.»
    Annika lachte auf, ein kurzes, freudloses Lachen.
    «Das war die Untertreibung des Tages. Ich nutze die Menschen aus, ich stehle und betrüge. Ich weigere mich einzusehen, dass ich Fehler habe.»
    «Jeder hat Fehler», sagte Anne. «Jeder macht Fehler. Du bist nicht der einzige Mensch auf der Welt, dem es so geht. Es wäre sehr gut, wenn du versuchen könntest, das zu akzeptieren.»
    «Ich weiß», flüsterte Annika und blickte hinüber zum Pizzaofen. Ein mehlweißer Pizzabäcker mit Bierbauch und knallroten Haaren war gerade dabei, Oregano auf ihre Capricciosa zu streuen.
    «Wo bist du?»
    Sie lachte wieder.
    «In einer Pizzeria in Garphyttan. Mein Mittagessen kommt gleich.»
    «Wo zum Teufel liegt Garphyttan?»
    «Das willst du nicht wirklich wissen, und du willst auch nicht wissen, wie es hier aussieht…»
    «Sag nichts. Strukturtapeten an den Wänden und Rüschenvorhänge mit einseitig aufgedrucktem Blumenmuster.»
    Annika lachte befreit.
    «Exakt.»
    «Was machst du da?»
    «Mich blamieren, wie immer. Willst düs hören?»
    «Logisch.»
    Die Pizza wurde vor sie hingestellt, sie warf dem rothaarigen Pizzabäcker, der offenbar auch als Kellner fungierte, ein stummes «Danke» zu.
    «Ich habe mich Thomas gegenüber wie ein Schwein verhalten. Ich habe seine Arbeit sabotiert und in seiner neuen Wohnung den Kleiderschrank durchstöbert, richtig fies.»
    «Oberfies», bestätigte Anne. «Und hundsgemein.»
    «Und außerdem schnüffle ich im Leben des ermordeten Polizisten herum, und ich habe mir

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