Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
aber dann fanden sie Halt, und das Auto fuhr an.
    Sie hatte noch nie ein so folgsames Auto gefahren, es lag auf der Straße wie ein Brett.
    Es muss hier irgendwo sein!
    Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, da öffnete sich die dunkle Wand aus Baumstämmen und gab den Blick auf eine Waldlichtung frei. Dunkles Wasser schimmerte zwischen Sumpfgräsern und Moos, auf einem Grasholm weiter draußen duckten sich ein paar krummgewachsene Birken unter dem Wind.
    Sie kuppelte aus, zog die Handbremse an, beugte sich übers Lenkrad und blinzelte in die zunehmende Dunkelheit.
    Bin ich hier richtig?
    Da, links von dem Holm mit den Birken, gar nicht mal so weit entfernt, entdeckte sie eine kleine Gruppe Männer. Einer von ihnen winkte, sie erkannte am Hut, dass es Holger war.
    Nina stellte den Motor ab, öffnete die Autotür und stieg aus. Ihr Fuß versank sofort in dem sumpfigen Boden, sie schnappte nach Luft, als die Nässe durch ihre Turnschuhe drang und auf die Haut traf. Ein Windstoß fuhr ihr in den Rücken und hätte sie beinahe umgeworfen.
    Holger hielt seinen Hut mit der rechten Hand fest und kämpfte sich mit schweren Schritten zu ihr herüber. Nina klammerte sich an die Autotür, während sie auf ihn wartete.
    Als er vor ihr stand, sah sie, dass seine Augen rot gerändert waren, aber ob das wirklich nur am Unwetter lag, war schwer zu sagen.
    «Wie gut, dass du gekommen bist», sagte er, und trotz des Abgrunds in seiner Stimme erkannte sie ihren Holger wieder, die Kraft und Stabilität.
    Sie ging auf ihn zu und umarmte ihn, drückte ihn lange fest an sich.
    «Es tut mir so leid», flüsterte sie.
    Holger nickte.
    «Uns auch», sagte er. «Hast du keine besseren Schuhe?» Nina blickte auf ihre Nikes und schüttelte den Kopf. «Halt dich an mir fest», sagte er und streckte ihr seinen Arm hin.
    Zusammen betraten sie das Moor. Manchmal trug der Untergrund gut, dann wieder versank Nina bis zu den Knöcheln im Sumpf. Holger mit seinen schweren Jagdstiefeln kam besser voran. Der Wind drückte sie von hinten und zwang sie, lange Schritte zu machen. Der Regen nahm wieder zu und peitschte unangenehm, bald merkte Nina, dass das Wasser auch ihre Jeansjacke durchdrungen hatte und ihr den Rücken hinunterlief. Die Birken auf dem Holm bogen sich im Wind.
    Nach kurzer Zeit hatten sie die anderen Männer erreicht, Kaj vom Nachbargehöft und noch zwei, die sie nicht kannte. Sie gab ihnen die Hand zur Begrüßung und merkte, dass sie schon eiskalt war, die Hände der Männer dagegen trocken und warm. Ihre Augen waren groß und stumm, keiner sagte ein Wort.
    Sie begriff, dass sie nun etwas festeren Boden unter den Füßen hatte. Der Untergrund der kleinen Grasinsel bestand aus Felsen und fester Erde, der Regen floss zu den Rändern hin ab.
    «Hier», sagte Holger und zeigte auf einen Pfahl, der dicht neben ihnen aus dem Wasser ragte. «Als Kaj den herauszog, kam das hier hoch.»
    Er deutete auf ein Bündel neben dem Pfahl, genau dort, wo der Untergrund fester wurde.
    Nina ging die paar Schritte zu dem kleinen Bündel, beugte sich hinunter und nahm es in Augenschein.
    Stoff. Verdreckt, aber nicht zerrissen.
    Sie tastete mit der Hand den Boden ab und fand einen kleinen Ast. Vorsichtig berührte sie damit das Bündel, um seine Festigkeit zu prüfen.
    Reißt nicht, hat also nicht lange in der Nässe gelegen. Aber was ist das?
    Sie wollte den Stoff nicht anfassen, obwohl er vermutlich kaum irgendwelche Spuren aufwies. Stattdessen nahm sie den dünnen Stock und zupfte damit den Klumpen auseinander.
    Das Bündel zerfiel in zwei Teile. Sie breitete das kleinere davon aus. Es war ein Hemd.
    Ein Kinderhemd.
    Sie bückte sich tief über den Stoff und kratzte an einer Stelle mit dem Fingernagel.
    Nein, kein Hemd, dazu war der Stoff zu dick, es war … «Flanell», sagte Holger.
Ein Pyjama!
    Sie breitete das andere Stück aus.
    Eine kleine Hose.
    Eine Pyjamahose aus Flanell.
    Sie zog einen Ärmel ihres Pullovers übers Handgelenk, pfiff darauf, dass sie eventuell Spuren vernichtete, und wischte den Matsch weg, um die Originalfarbe und das Muster erkennen zu können.
    Heller Untergrund mit blauen und grünen Luftballons.
    «Sind sie blau und grün?», fragte Holger.
    Nina nickte.
    «Erkennst du ihn wieder?»
    «So auf Anhieb nicht», antwortete sie.
    «Und das da?», fragte Holger und zeigte auf eine Baumwurzel neben dem Pfahl.
    Nina erhob sich und ging einen Schritt weiter zu der Baumwurzel. Sie war gut zwanzig Zentimeter lang, schlammig und

Weitere Kostenlose Bücher