Lebenslänglich
sagte sie.
«Hast du vielleicht gesehen, ob Journalisten dort waren?»
Nina runzelte die Augenbrauen.
«Ja», sagte sie, «der Lokalredakteur aus Flen war da. Sein Name ist Oscarsson, er wohnt in Granhed und hatte im Polizeifunk von dem Fund gehört. Falls ich einen formalen Fehler begangen habe, möchte ich, dass du es mir sagst.»
«Ich finde, du hast vollkommen korrekt gehandelt», erwiderte er und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. «Du hast die vorläufige Einschätzung vorgenommen, dass der Fund interessant ist, und den Finder ermutigt, die örtliche Polizeidienststelle zu benachrichtigen.»
Er zögerte.
«Und mir ist auch klar, dass es natürlich keine gewöhnliche Dienstangelegenheit für dich war.»
Sie verschränkte die Arme und lehnte sich zurück.
«Wie kommst du darauf?», fragte sie.
Der Wachleiter verzog den Mund und drehte sich zum Fenster, sodass Nina sein Gesicht im Profil sah.
«Ich weiß noch, wie du und Julia zum ersten Mal hier aufgekreuzt seid. Man sieht sich die SAO-Mädels ja immer gerne an, und ich kann nicht behaupten, dass ich mich an alle erinnere, aber ihr beide seid mir sehr gut im Gedächtnis geblieben.»
Nina hielt die Arme immer noch verschränkt und wusste nicht, ob sie beleidigt oder geschmeichelt sein sollte.
Er schaute hastig in eine andere Richtung.
«So engagiert, so langhaarig und mit so großen Augen …»
Er blickte auf seine Hände und stand dann auf. Nina erhob sich ebenfalls.
«Du wirst also keinen Bericht schreiben, dass ich einen Fehler gemacht habe?», fragte sie steif. Der Wachleiter schüttelte den Kopf. «Warum sollte ich?», erwiderte er.
«Go and sin no more.»
Sie sah ihn erstaunt an.
«Du sprichst Englisch mit amerikanischem Akzent? Ich dachte, du wärst Vollschwede.»
Der große Schwarze brach in herzliches Gelächter aus.
«Oh man»,
sagte er, «du nimmst wirklich kein Blatt vor den Mund! Kanake und Neger und Affe hat man mich schon genannt, aber noch nie Vollschwede!»
Sie spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss und ihre Wangen feuerrot wurden.
«Entschuldige», sagte sie und senkte den Blick.
«Mein Vater ist aus Südafrika, und meine Mutter wurde in den USA geboren. Ich bin in Fruängen aufgewachsen. Stell das Auto wieder in die Garage, nachdem du es gewaschen hast.»
Er lachte immer noch, als er sich wieder an seinen Schreibtisch setzte und Nina durch die Tür Richtung Ausgang verschwand.
Anders Schyman starrte auf die Titelseite des
Abendblatts.
Sie wurde dominiert von dem grobkörnigen Foto eines Sumpfes, in das oben rechts das Porträt des Lindholm-Jungen montiert war.
ALEXANDERS GRAB lautete die wenig subtile Schlagzeile.
Kein Fragezeichen, kein Zweifel.
Ist das hier wirklich gut? Ist es nicht einfach nur spekulativ und reißerisch?
Aus dem Aufmacher ging hervor, dass Pyjama und Teddybär des Jungen in einem Sumpfgelände gefunden worden waren, nur wenige Meter vom Sommerhaus der Mordverdächtigen entfernt.
«Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir den Jungen finden», hieß es aus Polizeikreisen.
Die letzte Zeile verkündete, dass Alexanders Mutter am Nachmittag in Untersuchungshaft überstellt werden sollte.
Der Chefredakteur raufte sich die Haare.
Nein, das hier ist nicht gut. Dafür werden sie uns die Hölle heißmachen.
Er gab einen tiefen Seufzer von sich.
Durch die Glaswand sah er, wie die Mitglieder der Journalistengewerkschaft sich zum langen Arbeitstisch der Tagesreporter begaben, um ihre Jahresversammlung abzuhalten. Aus ihrer entspannten Körperhaltung zog er den Schluss, dass keine gewichtigen Fragen auf der Tagesordnung standen.
Dem
Konkurrenten
war die ganze Geschichte mit dem Fund im Moor entgangen, sie hatten es nicht einmal geschafft, die Nachricht in den Regionalausgaben unterzubringen, und nur einen kurzen Text ohne Foto in der Stockholmer Ausgabe gedruckt, so gesehen konnte er also ganz zufrieden sein …
In seiner Sprechanlage knackte es.
«Herr Schyman, da ist ein Gespräch für Sie.»
Die nasale Stimme der Telefonistin in der Zentrale klang noch verschnupfter als sonst.
«Ja, und? Dann stellen Sie doch durch!»
«Es ist der Pressesprecher der Stockholmer Polizei.»
Scheiße!
Anders Schyman schloss für zwei Sekunden die Augen, dann nahm er den Telefonhörer ab. «Schyman», sagte er kurz.
«Ich will Sie gar nicht nach Informanten aushorchen», sagte der Pressesprecher mit seiner müden Stimme. «Ich will mir auch kein Urteil über die Ethik Ihrer wilden
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