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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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mich. Wiederhören.»
    Er legte auf.
    Annika beschloss, sich nun doch einen Kaffee zu genehmigen.
    Dann setzte sie sich hin, um einen Artikel über Davids Vergangenheit zu schreiben.
    Dass er bei diversen Firmen seine Finger im Spiel hatte, konnte sie ja ruhig bringen, ebenso, dass er Fallschirm gesprungen war und sich verletzt hatte, und dass er Vertrauensmann für Filip Andersson gewesen war und ihn noch wenige Tage vor seinem Tod besucht hatte, war ja auch ganz schön interessant, und eigentlich konnte sie auch erwähnen, dass er wegen Misshandlung angeklagt und rehabilitiert worden war, sofern sie nicht ins Detail ging.
    Es wurde eine Art Feature, und sie fand selbst, dass es sich heuchlerisch und ziemlich schönfärberisch anhörte.
    Sie hatte ein paar Informationen eingebaut, die Nina Hoffman ihr gegeben hatte, als sie sich im Sommer trafen, etwa, dass David manchmal längere Zeit im Ausland stationiert war. Sie hatte versprochen, Nina Bescheid zu sagen, falls sie diese Angaben jemals verwenden sollte.
    Sie seufzte leicht und wählte Nina Hoffmans Handynummer.
    Die Polizistin antwortete sofort.
    «Ich wollte Ihnen nur Bescheid sagen, dass ich in der morgigen Ausgabe einen Artikel über David bringe», sagte Annika. «Ich erwähne darin, dass er und Julia manchmal im Ausland gewohnt haben, unter anderem in Estepona.»
    «Hauptsache, Sie schreiben nichts über seine kriminellen Kontakte», sagte Nina.
    Annika erschrak.
    «Was meinen Sie damit?»
    «Von mir haben Sie das nicht», sagte Nina.
    Annika legte die Handfläche an die Stirn und grübelte, dass die Nerven glühten. Was hatte das zu bedeuten?
    «Also ich wollte morgen Folgendes bringen», sagte sie. «Über Algot Heinrich Heimer und Filip Andersson und …»
    In der Leitung blieb es still.
    «Hallo?», rief sie. «Nina?»
    «Mein Kollege ist gerade wieder ins Auto gestiegen. Ich habe um Mitternacht Dienstschluss. Vielleicht können wir uns morgen früh treffen. Ich rufe Sie an.»
    Die Polizistin drückte das Gespräch weg.
    Da ist was, irgendwas ist da.
    Sie sammelte ihre Sachen zusammen, packte den Laptop ein und stopfte alles, was sie ausgedruckt hatte, in eine Plastikmappe.
    «Gehst du jetzt?», fragte die junge Reporterin. «Du hast es gut, ich muss die ganze Nacht hier hocken. Bestimmt hat es inzwischen auch aufgehört zu schneien, das wäre gut, hoffentlich kriegen wir wenigstens noch ein paar schöne Tage, bevor es richtig losgeht…»
    Annika lächelte das Mädchen an.
    «Bis morgen», sagte sie.
    Die Wohnung war dunkel und stumm.
    Annika schloss die Eingangstür hinter sich und ging in die Diele, ohne Licht zu machen. Sie zog die Stiefel aus, hängte die Daunenjacke auf.
    Sie trat in die Tür zum großen Zimmer und sog die Stille ein.
    Als sie noch in Kungsholmen wohnten, waren Stockholms Geräusche durch zugige Fenster und Lüftungsklappen eingedrungen, ihre Vibrationen hatten sich durch Steinwände und Zentralheizungsrohre fortgepflanzt, die quietschenden Bremsen der Busse und die Sirenen der Einsatzfahrzeuge. Doch hier war es still, bis hierher in den mittelalterlichen Stadtkern drang die Brandung der modernen Geräusche nicht.
    Sie seufzte und hörte das Echo von den Wänden widerhallen.
    Ohne Licht zu machen, ging sie weiter in Ellens Zimmer.
    Als sie die Wohnungsschlüssel bekam, war sie noch am selben Tag mit den Kindern zu Ikea gefahren und hatte sie neue Möbel aussuchen lassen, genau die, die ihnen gefielen, mit exakt den Kissen und Decken, die sie haben wollten.
    Alles in Ellens Zimmer war rosa. Sogar in dem grauschwarzen Winterlicht schimmerten Bettdecke und Samtkissen zartrot.
    Sie strich mit der Hand über das Kopfende des Bettgestells.
Leere, Leere …
    Mit einem Loch in der Brust ging sie ins Zimmer ihres Sohnes. Am Tag war alles blau, im Dunkel der Nacht pechschwarz.
    Sie sank auf Kalles Bett. Er hatte heute Morgen vergessen, Chicken mitzunehmen. Sie nahm das Kuscheltier auf den Schoß, seinen neuen Liebling, der genauso aussah wie der, der verbrannt war, nur dass dieser Chicken ein wenig anders roch. Sie sog seinen Duft ein, den neuen, sauberen, antiseptischen Geruch, der noch nicht von Bettwärme und Fieberschauern überlagert worden war.
    Ich müsste eigentlich den Abwasch machen …
    Durch die Türöffnung sah sie ins große Zimmer, ahnte die Wärme der Heizkörper, lauschte auf das Flüstern in den Ecken.
    Einsam, einsam …
    Das Dröhnen der Stille in den Ohren und die Sehnsucht nach Zugehörigkeit wie ein Eiszapfen in der

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