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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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auch nur ein Wort gesprochen hatte, wußte sie, woher er kam: Er war von der Polizei.
     
    »Wie lange haben Sie mich schon beobachten lassen?« fragte sie Lieutenant Cole knapp eine Stunde später. Sie saßen nebeneinander auf dem Bett in ihrem Zimmer in der Amelia Street 44.
    »Seit Sie sich aufs Detektivspielen verlegt haben. Oh, ich bin Ihnen natürlich nicht gleich draufgekommen. Ich schöpfte Verdacht, weil ich Sie telefonisch nie erreichen konnte. Als ich Sie dann doch endlich mal erwischte, haben Ihre Ausflüchte mich noch mißtrauischer gemacht. Da beschloß ich, Ihnen nachzufahren, um rauszukriegen, wohin Sie tagtäglich verschwanden.«
    »Warum haben Sie mich nicht aufgehalten?«
    »Wir leben in einem freien Land. Ich kann Ihnen nicht verbieten, nach Newark zu fahren. Aber ich hielt es für ratsam, Ihnen einen Beschützer an die Fersen zu heften, deshalb schickte ich Peter hinter Ihnen her.«
    »Haben Sie die Wanze in meinem Zimmer versteckt?«
    »Ja, aber nicht nur hier, sondern in allen Zimmern, die Sie gemietet haben.«
    »Was ist mit Nick Rogers?«
    »Wir haben ihn gleich nach Ihrem Anruf überprüft.«
    »Sie wußten, daß ich das war, am Telefon?«
    »Nun, sagen wir, ich nahm es an.«
    »Und?«
    »Er behauptet, er habe keine Ahnung von dem Mord an Ihrer Tochter. Er will den ganzen April und Mai über in Kalifornien gewesen sein. Sein Alibi ist zwar noch nicht überprüft, aber wir haben auch nicht den geringsten Beweis dafür, daß er etwas mit dem Mord an Cindy zu tun hat. Wir haben uns’nen Durchsuchungsbefehl besorgt und sein Zimmer auf den Kopf gestellt. Nichts. Seine Schuhgröße ist mindestens eine Nummer kleiner als die von dem Abdruck, der am Tatort gemacht wurde.«

    »Aber er ist vorbestraft. Er war im Gefängnis, das hat er mir selbst gesagt.«
    »Weil er mit fünfzehn in ein Lebensmittelgeschäft eingestiegen ist. Außerdem war’s kein Gefängnis, sondern eine Besserungsanstalt. Er stand von Kind an auf seiten der Verlierer, Gail. Aber ich glaube nicht, daß er Ihre Tochter auf dem Gewissen hat.« Gail sackte zusammen, und der Kommissar legte den Arm um sie. Sie barg das Gesicht an seiner Schulter und spürte die Waffe unter seinem Jackett. »Gehn Sie nach Hause, Gail. Überlassen Sie die Polizeiarbeit uns, statt uns noch zusätzlich welche zu machen.«
    »Bitte, sagen Sie Jack nichts davon«, flüsterte sie.
    »Er weiß es schon.« Gail richtete sich auf und sah dem Kommissar forschend in die Augen. »Sobald ich erfuhr, was sich hier abspielte, hab’ ich ihn angerufen. Ich hatte das Gefühl, das sei ich ihm schuldig. Er wartet zu Hause auf Sie. Ich bring’ Sie heim.«
    »Ich bin mit dem Wagen hier.« Ihre Stimme klang fremd, so als gehöre sie jemand anderem. Sie fühlte sich schwach und körperlos.
    »Geben Sie mir die Schlüssel«, bat Lieutenant Cole. »Einer von meinen Leuten wird sich um Ihr Auto kümmern.«
    Gail gehorchte. Sie händigte ihm die Schlüssel aus, stand auf und folgte dem Kommissar zur Tür.
    Sie sah sich ein letztes Mal in dem trostlosen Zimmer um. Lieutenant Cole schien ihre Gedanken zu erraten. »Nehmen Sie Abschied, Gail«, sagte er.

27
    Jack empfing sie an der Tür. Er schwieg, bis Lieutenant Coles Wagen abgefahren war und Gail die Haustür geschlossen hatte. Stumm beobachtete er sie, während sie ins Wohnzimmer ging,
ohne den Mantel auszuziehen, aufs Sofa sank und blicklos vor sich hin starrte.
    Gail hörte Jack hinter sich das Zimmer betreten, wußte, daß er nur ein paar Schritte entfernt von ihr stand, sie anschaute und darauf wartete, daß sie etwas sagte, ihm ihr Verhalten erklärte. Das war sie ihm schuldig, sie wußte es, doch sie fand nicht die richtigen Worte.
    Es war vorbei, war alles, was sie denken konnte. Ihre Suche war zu Ende. Sie hatte ihre Tochter ein zweites Mal im Stich gelassen. Sie hatte noch ein Versprechen gebrochen.
    »Gail...« Jacks Stimme versagte.
    »Ein Polizist bringt meinen Wagen nach Hause«, sagte sie tonlos.
    »Was kümmert mich das verdammte Auto!« fuhr er sie ungeduldig an, entschuldigte sich jedoch gleich darauf: »Verzeih mir, ich hatte mir fest vorgenommen, nicht die Nerven zu verlieren.«
    »Du hast weiß Gott Anlaß, die Nerven zu verlieren.« Gail war erleichtert zu hören, daß es Vorsätze gab, die auch er nicht halten konnte.
    »Aber damit erreicht man doch nichts«, sagte er müde und setzte sich neben sie. »Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?«
    »Ich dachte, Lieutenant Cole hätte dich schon

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