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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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weiß.«

    »Laura und Mike haben uns für nächste Woche wieder zum Essen eingeladen...«
    »Tut mir leid wegen dieses Wochenendes. Aber mir war einfach nicht nach Feiern zumute.«
    »Das verstehe ich ja, und sie auch. Auch mir war nicht sonderlich nach Feiern. Aber ein ruhiges Abendessen mit Freunden würde uns vielleicht guttun.«
    »Ja, vielleicht.«
    Jack kniete neben ihrem Sessel nieder. »Ich liebe dich«, sagte er.
    »Ich liebe dich auch.«
    »Wie geht’s dir? Wie geht’s dir wirklich?« fragte er eindringlich. »Sieh mich an. Versuch mir nichts zu verheimlichen.« »Ich könnte dir nie etwas verheimlichen.« Sie schob die Zeitung beiseite. »Wie’s mir geht, willst du wissen? Was soll ich darauf antworten?« Nach einer langen Pause setzte sie hinzu: »Ich bin einsam. Ich glaube, ich empfinde nichts so stark wie meine Einsamkeit. Sie fehlt mir so sehr.«
    Jacks Augen füllten sich mit Tränen, und er drehte den Kopf zur Wand. »Sieh mich an«, wiederholte sie leise seine Worte. »Versuch mir nichts zu verheimlichen.«
    »Sie fehlt mir auch.« Seine Stimme klang rauh und unnatürlich.
    »Du hast deine Arbeit, das ist wenigstens etwas. Die′ lenkt dich ab, beschäftigt dich.«
    »Ja, das stimmt. In vieler Hinsicht war die Arbeit meine Rettung. Aber an manchen Tagen, da kommt irgendein Mann mit seiner kleinen Tochter rein, und die beiden weinen, weil ihre Katze überfahren wurde. Doch ich kann das Tier kaum sehen, weil ich nur Augen habe für das kleine Mädchen, und dann wünschte ich, ich hätte mehr Zeit mit meiner eigenen Tochter verbringen dürfen. Du hattest solches Glück, weißt du, weil du die ganze Zeit mit ihr zusammensein konntest, auch wenn es dadurch jetzt besonders schwer für dich ist.« Er
schüttelte den Kopf. »Meine Arbeit leidet darunter«, sagte er nach einer Weile.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich denke, es hat was mit dem Interesse zu tun. Meine Arbeit ist mir irgendwie gleichgültig geworden.«
    »Aber Jack, du hast doch deinen Beruf immer so geliebt.«
    »Ja. Doch wenn erst einmal so etwas geschehen ist, fällt es schwer, sich darüber aufzuregen, ob eine Katze lebt oder stirbt. Mein Gott, das sind doch bloß Tiere.« Er hielt inne und schüttelte den Kopf. »Obwohl ich zugeben muß, daß ich vor ein paar Tagen das niedlichste Hündchen in der Praxis hatte, das du dir vorstellen kannst. Weißt du, ich hab’ wahnsinnig viel zu tun. Man könnte fast meinen, ich sei der einzige Tierarzt im Bezirk Essex. Kommt wahrscheinlich von all der Publicity. Na, wie auch immer, ich habe jedenfalls noch nie so viele Patienten gehabt.«
    »Erzähl mir mehr von diesem kleinen Hund«, bat Gail.
    »Es war eigentlich eine Sie, weißt du. Nicht reinrassig, sondern halb Pudel, halb Pekinese. Klingt wahrscheinlich nach’ner schaurigen Mischung, aber das war sie ganz und gar nicht. Im Gegenteil, ein hübsches kleines Hündchen mit aprikosenfarbenem Fell. Unheimlich lebendig. Promenadenmischungen sind meistens viel aufgeweckter als Reinrassige. Hatte Schmerzen an den Hinterläufen. Das kommt bei Pudeln oft vor. Wirklich erstaunlich«, fuhr er, ganz in Gedanken versunken, fort, »aber eigentlich sieht sie weder aus wie ein Pudel noch wie ein Pekinese. Eher wie ein Cockerspaniel. Ich weiß nicht, woher das kommt.« Traurig lächelte er Gail an. »Sieht ganz so aus, als hätte ich das Bedürfnis gehabt, mich auszusprechen.«
    »Ist schon gut. Ich bin zum Zuhören aufgelegt.«
    »Die Besitzer wollen mit ihr züchten«, fuhr Jack fort. »Sie haben mir angeboten, ich dürfe mir das Schönste aus dem ersten Wurf aussuchen.«
    »Du möchtest einen Hund?« fragte Gail erstaunt. »Du hast
doch immer gesagt, du hättest in der Praxis genug Tiere um dich.«
    »Diese Hündin hat’s mir irgendwie angetan. Ich weiß selber nicht recht, wieso. Jedenfalls können wir’s uns ja mal überlegen.«
    »Ein junger Hund«, sagte Gail nachdenklich.
    »Du, die machen mehr Arbeit als ein Baby.«
    »Auch das könnten wir bekommen.«
    Ein paar Sekunden lang schwiegen sie beide.
    »Man kann ein Kind nicht durch ein anderes ersetzen«, sagte Gail schließlich behutsam.
    »Das weiß ich.«
    »Ich fürchte, ich kann über so was noch nicht sprechen«, flüsterte Gail.
    Jack strich ihr über die Schultern. »Ich geh’ zu Bett.« Er stand auf und streckte ihr seine Hand entgegen. »Kommst du mit?«
    Gail sah ihm in die Augen. »Das kann ich auch noch nicht. Bitte sei mir nicht böse.«
    »Warum sollte ich böse sein? Ich hab’ sehr viel

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