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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Gail.
    »Was?«
    »Du hast gesagt, ich darf mir das Restaurant aussuchen. Ich möchte gern ins Maestro’s.«
    »Davon hab’ ich noch nie gehört.«
    »Es ist angeblich die Nummer eins der italienischen Küche.«
    »Fein, ich esse gern italienisch. Wo ist denn dieses Lokal?«
    »In der Washington Street.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen in der Leitung. »Washington Street? Meinst du Washington Street in Newark?«

    »Ja«, antwortete Gail entschlossen. »Ich hab’ gehört, es sei ganz phantastisch.«
    »Himmel, Gail, gibt’s denn nichts, was günstiger gelegen ist? Ich meine, in einer hübscheren Gegend? Ich dachte zum Beispiel an Mayfair Farms.«
    »Maestro’s.« Gail blieb fest.
    »Also gut, Maestro’s«, willigte Laura nach kurzem Zögern ein.
    »Ich hol’ dich um zwölf ab«, sagte Gail.
    Ohne Laura Zeit für weitere Fragen zu lassen, verabschiedete sie sich und legte auf.
     
    »Gail, was machen wir hier?« Laura beugte sich weit über den Tisch und flüsterte, als seien sie beide Mitglieder einer geheimen Verschwörung.
    »Wir essen zu Mittag.« Gail lächelte.
    »Du vielleicht. Ich bin so aufgeregt, daß ich keinen Bissen runterkriege.«
    »Schade, der Salat schmeckt köstlich.« Gail lachte.
    »Gail, hast du dich mal umgesehen? Das ist hier der reinste Gangstertreff, verdammt noch mal.«
    »Laura, übertreibst du nicht ein bißchen...«
    »Nein, ganz und gar nicht. Sieh dich doch um. Na los! Mach’s nur nicht zu auffällig.«
    Gail legte die Gabel beiseite und ließ den Blick langsam durch den großen, schwach erleuchteten Raum wandern, obgleich das eigentlich ganz überflüssig war. Sie hatte das Lokal gleich beim Eintreten gründlich in Augenschein genommen, genau wie die Washington Street in all ihrer schäbigen Armseligkeit. Im Vorbeifahren hatte sie jede zersprungene Fensterscheibe registriert, den schlurfenden Schritten eines Wermutbruders nachgeschaut und das Gekicher der alten Stadtstreicherin gehört, die an einer Ecke die Abfalltonnen durchwühlte. Als sie das Lokal betraten, hatten Gails Augen sich in Sekundenschnelle an das schummrige
Licht gewöhnt. Sie stellte fest, daß die Gäste zum größten Teil relativ gut gekleidet waren; vermutlich Geschäftsleute. Ihr war klar, daß sie Cindys Mörder hier nicht finden würde, aber es war immerhin ein Anfang.
    Die beiden Frauen bestellten Salat und Spaghetti. Gail stellte überrascht fest, daß sie großen Appetit hatte. Sie sprach ihrem Salat herzhaft zu, während Laura nur in ihrer Schüssel herumstocherte.
    »Entspann dich doch, Laura.« Gail blickte die Freundin über den Tisch hinweg an. »Niemand wird hier reinkommen und uns über den Haufen schießen.«
    »Ach nein? Weißt du noch, was in diesem Restaurant in New York passierte? Vier harmlose Typen nahmen nichtsahnend an der Bar einen Drink, als ein Kerl mit’ner Maschinenpistole reinkam und auf sie losballerte. Und dann stellte sich heraus, daß er die Falschen erwischt hatte.«
    »Jeden Tag sterben unschuldige Menschen«, sagte Gail schlicht.
    Laura, die gerade halbherzig ihren Salat in Angriff nahm, hielt mitten in der Bewegung inne.
    »Entschuldige«, bat Gail, »ich hab’s nicht so gemeint.«
    »Was machen wir hier, Gail?« wiederholte Laura langsam ihre Frage.
    »Wir essen zu Mittag«, antwortete Gail wie zuvor. »Sag mal, hast du Nancy in letzter Zeit gesehen?«
    »Sie hat mich letzte Woche einmal in ihren übervollen Terminkalender zwängen können. Aber leicht war das nicht. Zwischen Friseurbesuch, Massage und Vorbereitungen der nächsten Modenschau hat sie schon Schwierigkeiten, eine Maniküre einzuschieben, von’nem Lunch ganz zu schweigen.«
    »Ich glaube, sie war sehr verletzt, daß Larry sie damals verließ«, sagte Gail mehr zu sich selbst als zu ihrer Freundin. »Wir hätten ihr vielleicht mehr Verständnis entgegenbringen sollen.«
    »Vielleicht. Aber mein Mitleid hat sie sich verscherzt, als sie so
rachsüchtig wurde und anfing, Larry bis aufs Hemd auszunehmen.«
    »Larry konnte das Geld verschmerzen. Wie willst du beurteilen, wer im Recht war?« Gail dachte an den Abend bei Lloyd Michener. »Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet«, wiederholte sie laut das Motto der Gruppe.
    »Wahrscheinlich hast du recht. Wie dem auch sei, du kannst damit rechnen, daß du im September die Einladung im Briefkasten hast.«
    »Was denn für’ne Einladung?«
    »Na, für die Modenschau! Nancy organisiert sie dieses Jahr. Ich glaube, sie sagte, am 15.

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