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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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war. Was wäre leichter, dachte sie, während die Männer sich ihrer Wagentür näherten und sie ihre Waffen deutlich erkennen konnte, was wäre leichter, als sich als Polizisten auszugeben. Die Polizei schafft es, jeden anzuhalten. Keiner bezweifelt die Glaubwürdigkeit einer Uniform oder Dienstmarke.
    Sie spürte die Pistole an ihrer Schläfe und stieg wortlos aus. Niemand sprach ein Wort, als die Männer sie vom Wagen fort und ins hohe Gras führten. Niemand fuhr vorbei, der ihren erzwungenen Striptease hätte bezeugen können. Kein Mensch sah, wie sie nackt auf die kalte Erde gelegt wurde, eine Waffe an der Schläfe, während der andere sich an ihrem Bein hinauftastete. Vielleicht würden die beiden sie nur erschießen und ihr die Qualen der Folter ersparen. Ich bin schon genug gefoltert worden, dachte sie und sah durchs Seitenfenster in die besorgt, ja ängstlich dreinblickenden Augen des jungen Mannes, der neben ihrem Wagen stand. Sie betätigte den automatischen Fensterheber.
    »Polizei, Madam«, sagte der junge Mann und hielt ihr seine Dienstmarke entgegen. Gail warf nur einen flüchtigen Blick darauf. Sie hätte ohnehin nicht zwischen einem echten Abzeichen und einer Fälschung unterscheiden können. »Würden Sie bitte aussteigen, Madam.« Es war keine Frage, sondern ein Befehl. Gail holte tief Luft und atmete dann langsam aus. Ihre Knie zitterten, als ihre Füße den Boden berührten. Das Gras streifte ihre
Knöchel. Die Luft war kühl. Es war wesentlich kälter geworden, seit sie von zu Hause losgefahren war. Der Herbst ist da, dachte sie und wunderte sich, wieso ihr das bisher entgangen war. Wie unerbittlich die Zeit doch verstrich. Der zweite Mann ging um ihr Auto herum zur Beifahrerseite und leuchtete mit einer Taschenlampe auf den Rücksitz. »Wir möchten uns den Wagen gern mal ansehen«, sagte der erste. Gail nickte. Gehörte das zu dem Spiel dazu? Sollte das Opfer sich entspannen und in Sicherheit wähnen, ehe man es zur Schlachtbank führte? »Darf ich Ihren Führerschein sehen, Madam?« fragte einer der Beamten - Gail beschloß, sich fürs erste vorzustellen, die beiden seien Polizisten. Er sprach höflich, wenn er sie auch wachsam im Auge behielt, als sie ihre Handtasche öffnete, die Brieftasche herausnahm und ihm entgegenstreckte. Aber er nahm sie nicht, trat vielmehr betont einen Schritt zurück. »Bitte nehmen Sie den Führerschein heraus«, sagte er.
    Gail lächelte. Sie hatte ihn getestet. Sie wußte, daß Polizisten einen Kraftfahrer ersuchen mußten, die Papiere aus der Brieftasche herauszunehmen und ihnen separat zu übergeben. Wenn der Mann von ihr das nicht verlangt hätte, dann hätte sie jetzt die Gewißheit gehabt, daß er nicht war, wofür er sich ausgab. Aber offenbar hatte er seine Rolle gut gelernt. Sie beobachtete ihn, während er ihren Führerschein überprüfte.
    »Hier ist alles in Ordnung«, rief der andere Polizist. »Würden Sie bitte noch den Kofferraum öffnen?« setzte er, an Gail gewandt, hinzu. Gail langte in ihren Wagen, zog den Zündschlüssel ab und übergab ihn dem jungen Beamten. Der warf ihn übers Autodach seinem Kollegen zu. Als er den Kofferraum öffnete, fand er ihn leer bis auf das Reserverad. Der erste Mann ging nun zurück zu seinem Wagen und gab der Zentrale telefonisch die Nummer ihres Führerscheins zur Überprüfung durch. Als er wenige Minuten später zurückkam, schien er zufrieden. Seine Pistole steckte jetzt im Halfter. »Würden Sie uns verraten, was, zum Teufel, Sie zu so später Stunde auf dem Highway verloren
haben, und noch dazu allein?« fragte er. Seine Stimme schwankte zwischen Neugier und Ärger.
    »Ich hatte Streit mit meinem Mann.« Es war die erstbeste Notlüge, die ihr in den Sinn kam. Gail war immer noch nicht sicher, ob diese Männer wirklich zur Polizei gehörten. Sie sah Jacks Gesicht vor sich und überlegte, ob er wohl schon zu Hause sei. Würden sie ihn anrufen und ihm erzählen, wo sie gewesen war? »Ich mußte für ein Weilchen raus, um mich abzureagieren.«
    »Auf diesem Highway?« fragte der zweite Mann ungläubig.
    Es war der ältere von beiden. Sein Haar war dunkel, der andere aber war blond.
    »Er schien mir nicht schlechter als die anderen«, sagte Gail, die nicht wußte, was sie sonst hätte sagen sollen.
    »Lesen Sie denn keine Zeitung?« fragte der Jüngere. »Wissen Sie etwa nicht, was auf diesem Highway passiert ist?«
    »Wir waren verreist«, sagte Gail. »In Florida. Wir sind gerade erst

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