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Lebenslügen / Roman

Lebenslügen / Roman

Titel: Lebenslügen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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er mittlerweile wieder ausgezeichnet zurecht.
     
    Die Straße aus Edinburgh hinaus war ruhig, wenn auch nicht völlig leer, es war fünf Uhr an einem Wintermorgen, doch es waren schon Leute unterwegs, die sich einen missmutigen Weg durch die frühmorgendliche Dunkelheit bahnten. Ein paar Supermarkt-Lkws donnerten dahin, ein rasender Motorradfahrer überholte sie, erpicht darauf, jemandem zu Weihnachten ein Organ zu spenden, aber nichts hinderte Jackson daran, den Nissan im Auge zu behalten.
    Schwieriger wurde es, als er von der Hauptstraße abfuhr. Jackson blieb so weit wie möglich zurück, aber er kannte diese Straßen nicht und sorgte sich, dass der Nissan unerwartet abbiegen könnte und verschwunden wäre, bevor er ihn wiederfand. Eine Weile dachte er, er hätte ihn verloren, aber dann sah er die Rücklichter erneut, hoch über der Straße, und er nahm an, dass es der Nissan war. Er bog auf eine unbefestigte Straße ab, die Rücklichter hüpften jetzt auf und ab. Jackson fuhr an der Abzweigung vorbei und setzte zurück, schaltete das Licht aus und folgte aus einiger Entfernung. Es war kein Weg, der zu vielen Orten führte.
    Nach ein paar hundert Metern hielt er neben einem Feld an. Der Wagen war dahinter nicht vollständig verborgen, aber auch nicht völlig einsehbar.
    »Okay«, sagte er zu Reggie. »Du – und der Hund –, ihr bleibt beide hier. Ich meine es ernst, okay? Ich weiß, dass du jemand bist, der sofort aussteigt, kaum bin ich außer Sichtweite, aber ich bitte dich, mir feierlich zu versprechen, hierzubleiben. Versprochen?«
    »Versprochen«, sagte sie kleinlaut.
    Er fand eine schwere Maglite in Joanna Hunters Handschuhfach. Im Notfall war es eine ausgezeichnete Waffe, und er hätte sie selbst brauchen können, aber er gab sie Reggie und sagte: »Wenn dir jemand nahe kommt, schlag damit zu.«
    Er stieg aus und horchte. Er hörte den Motor des Nissan vor sich, und plötzlich verstummte er. Er setzte sich in Bewegung.
     
    Der Nissan stand vor einem Haus neben einem unauffälligen Toyota, und die Männer stiegen aus, steif, als hätten sie eine lange Nacht hinter sich. Einer klopfte an die Tür des Hauses, bevor beide hineingingen, ohne auf eine Antwort zu warten. Nach ein paar Sekunden hörte er sie aufgeregt schreien, als hätten sie etwas vorgefunden, was sie nicht erwartet hatten – oder hätten etwas nicht vorgefunden, was sie erwartet hatten (oder auch beides), und dann kamen sie wieder aus dem Haus gerannt, stiegen erneut in den Nissan, einer telefonierte im Laufen, und Jackson hatte gerade noch Zeit genug, um sich in einen Graben neben der Straße zu werfen, bevor sie den Weg entlang zur Straße zurückrasten. Zu seiner Erleichterung fuhren sie schnurgerade am Prius vorbei.
    Er ging weiter zum Haus und fragte sich, was sie so sehr beunruhigt hatte. Hoffentlich nicht der Tod. Es hatte diese Woche schon genug Tote gegeben.
     
    Eine Bewegung in den hohen Büschen um das Haus schreckte ihn auf. Er dachte, es könnte ein Fuchs oder ein Dachs sein, aber ein Mensch, kein Tier trat auf den Weg. Im Haus brannte genug Licht, um zu erkennen, dass es eine Frau war, und dann stand sie plötzlich im Licht, festgehalten wie eine Motte im Schein der Maglite, die sich in der unsicheren Hand von Reggie (ungehorsam wie immer) befand, und Jackson sah, dass es nicht nur eine Frau war, sondern eine Frau, die ein Kind in den Armen hielt. Sie war von Kopf bis Fuß mit Blut befleckt und hielt ein Messer in der Hand. Keine Madonna, sondern ein großer, gefährlicher Racheengel.
    Der Hund bellte freudig und lief zu ihr.
    »Dr. Hunter?«, sagte Jackson und näherte sich ihr vorsichtig.
    »Können Sie mir helfen?«, sagte sie zu ihm. Mehr ein Befehl als eine Bitte, als fände sich eine Göttin unerwarteterweise auf der Erde wieder und brauchte dringend einen Akolythen. Und Jackson hatte noch nie nein gesagt, weder zu Göttinnen noch zu Bitten um Hilfe.

La règle du jeu
    M argaret, bist du traurig, die goldenen Blätter fallen, der Sommer kommt, Kuckuck schreit’s aus dem Wald, es war einmal eine alte Frau, die eine Fliege verschluckte, Adam lag gebunden und noch Meilen, bevor ich einschlafe, fünf kleine Vöglein hüpfen vor der Tür. Lauf, lauf, Joanna, lauf. Aber sie konnte nicht laufen, weil sie mit einem Seil angebunden war, wie ein Tier. Sie dachte an Tiere, die sich ein Bein abbissen, um sich aus einer Falle zu befreien, und sie hatte versucht, das Seil mit den Zähnen zu zerbeißen, aber es war aus

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