Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebenslügen / Roman

Lebenslügen / Roman

Titel: Lebenslügen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
Vom Netzwerk:
gut«, laut Reggie – und war mit William Morris einer Meinung, dass man nichts im Haus haben sollte, was man nicht für nützlich oder für schön hielt. Sie liebte Kaffee am Morgen und Tee am Nachmittag und aß erstaunlicherweise gern Süßes und behauptete, es sei eine medizinische Tatsache, dass man einen separaten »Nachtischmagen« habe, weswegen man auch nach einem großen Essen immer noch »Platz für ein Dessert« fand. Sie glaubte nicht an Gott, ihr Lieblingsbuch war Betty und ihre Schwestern, weil es davon handelte, wie »Mädchen und Frauen ihre Stärken entdeckten«, und ihr Lieblingsfilm war Die Spielregel, den sie Reggie einmal geliehen hatte und den Reggie mochte, wenn auch nicht so wie The Railway Children, der ihr Lieblingsfilm war. Wenn Dr. Hunter drei Dinge aus einem brennenden Haus retten müsste, wären es das Baby und der Hund, aber Reggie war nicht sicher, was das dritte wäre – Louise schlug Mr. Hunter vor, aber Reggie meinte, der könne sich wahrscheinlich selbst retten. Wenn Reggie in dem Haus wäre, würde Dr. Hunter sie retten, sagte Reggie.
    Und sie liebte das Baby. Gabriel – natürlich, Gabriel, Gabrielle. Das Baby war nach Joanna Hunters toter Mutter benannt. Louise hatte die Verbindung nicht hergestellt, wahrscheinlich weil weder Joanna Hunter noch Reggie Chase ihn beim Namen nannten. Er war für beide »das Baby«. Das einzige Baby, das Licht der Welt.
    »Chase und Hunter« – was war das gleich noch mal? Es klang wie eine schlechte Krimikomödie aus den siebziger Jahren. Oder »Hunter und Chase«, Immobilienmakler für gehobene Landhäuser. Reggie. Regina. Es gab nicht viele Mädchen, die Regina hießen.
    »Ich habe das in der Tasche des Mannes gefunden«, sagte das Mädchen und reichte ihr schüchtern eine schmutzige Postkarte.
    »Welcher Mann?«, fragte Louise und nahm die Postkarte widerwillig zwischen Daumen und Zeigefinger. Wie die Babydecke war die Postkarte ein biologisches Risiko aus Dreck und Blut und sah aus, als wäre eine Herde Pferde darüber getrampelt.
    »Der Mann, dem ich das Leben gerettet habe.«
    Ah, der Mann, dachte Louise. Der imaginäre Mann. Auf der Postkarte war das Bild irgendeiner europäischen Stadt. Louise versuchte sie unter dem Schmutz zu erkennen.
    »Brügge«, sagte das Mädchen. »In Belgien. Sein Name und seine Adresse stehen auf der anderen Seite. Ich habe ihn nicht erfunden.«
    »Das habe ich auch nicht gesagt.« Sie drehte die Postkarte um und las die Nachricht. Las Namen und Adresse.
    »Jackson Brodie«, sagte das Mädchen hoffnungsvoll. »Ich weiß nicht, ob er tot ist oder noch lebt. Vielleicht könnten Sie ein bisschen nach ihm suchen?«
    Louise gab ihr die Postkarte zurück und sagte: »Ich habe im Moment viel zu tun.«
     
    Sie nahm nicht die Abfahrt von der A1. Statt nach Hause zu fahren, bog sie in Newcraighall ab und fuhr zum Krankenhaus, so gehorsam wie der Hund, den der Schäfer zu sich ruft.

Nada y pues nada
    A uf keinen Fall würde sie nach Gorgie zurückkehren, deswegen war es nur gut, dass sie die Schlüssel zu Ms MacDonalds Haus hatte. Ein weiterer Pluspunkt war, dass Musselburgh derzeit im Mittelpunkt der landesweiten Medienaufmerksamkeit stand. Reggie konnte sich nicht vorstellen, dass die Möchtegernterminatoren in Ms MacDonalds langweiliger Straße nach einem »Typ namens Reggie« suchen würden, insbesondere da sie vor Polizisten nur so wimmelte. Je mehr Zeit seit heute Morgen vergangen war, desto unwahrscheinlicher schien es, dass die Idioten, von Reggie umbenannt in »Rotkopf« und »Blondie«, tatsächlich nach ihr suchten. Sie suchten Billy. Sie hätte ihnen einfach seine Adresse in the Inch geben sollen, offensichtlich hatte er den beiden ihre Adresse gegeben. Sie sollte ihm den Gefallen erwidern.
    »Hier wohnst du?«, sagte Kommissarin Monroe und spähte durch die Windschutzscheibe auf Ms MacDonalds Haus.
    »Ja«, sagte Reggie. »Meine Mutter ist im Augenblick nicht da.« Einmal gelogen, einmal die Wahrheit gesagt. Das hob sich gegenseitig auf und ließ die Welt unverändert. Es schien so viel einfacher, nicht in irgendwelche Einzelheiten zu gehen.
    Kommissarin Monroe hatte ihr zumindest zugehört, auch wenn sie ihr eindeutig nicht glaubte, aber wenn Reggie noch hinzugefügt hätte, »Und in einem damit überhaupt nicht in Zusammenhang stehenden Vorfall haben heute Morgen zwei Männer meine Wohnung verwüstet und gedroht, mich umzubringen, und ach ja, sie haben mir eine Ausgabe der Ilias gegeben«, wäre

Weitere Kostenlose Bücher