Lebenssonden: Roman (German Edition)
auf ihren Vater reagierte. Sie musste zugeben, dass der alte Baissespekulant sehr charmant sein konnte, wenn er nur wollte.
Haller betrat die Bühne und bat seine Gäste zu sich herauf. Der Applaus, der während der Vorstellungskür abgeflaut war, lebte mit doppelter Stärke wieder auf. Er gab das Signal, auf das mit Champagnergläsern beladene Kellner in der Menge ausschwärmten. Als die Getränke ausgeteilt worden waren, bat er mit einer Geste um Ruhe.
»Meine Damen und Herren, diejenigen von Ihnen, die mich kennen, wissen, dass ich lange Reden hasse. Deshalb werde ich mich kurz fassen. Wenn ich es nicht schon persönlich getan habe, möchte ich Sie nun auf Moose Hill willkommen heißen. Feiern Sie heute Abend nach Herzenslust und machen Sie sich keine Sorge, wenn Sie es ein bisschen übertreiben. Wir haben genug Zimmer, um jedem eine Übernachtung zu ermöglichen. Sie finden Ihre Quartiere im hinteren Anbau. Fragen Sie einfach einen Mitarbeiter von Haller & Partner nach dem Weg.
Nun denn. Es ist mir ein Vergnügen, unsere Gäste vorzustellen …« Haller stellte die Alphaner der Reihe nach vor und wurde jedes Mal durch den Applaus unterbrochen. Als der Beifall verklungen war, fuhr er fort. »Und nun lassen Sie uns feiern. Sie haben Platzkarten auf den Tischen. Sie können die Plätze aber auch tauschen, wenn wir Sie nicht mit dem Mitglied des anderen Geschlechts Ihrer Wahl zusammengesetzt haben. Das Essen wird gleich serviert!«
Es folgte eine fünfminütige Unordnung, und dann strömten Kolonnen von Kellnern mit vollen Tellern aus den Küchen. Während das Essen aufgetragen wurde, stellte Haller die Alphaner ihren Tischnachbarn vor. Einer von ihnen war Luigi Chiardi.
»Gelehrter Price, Sie werden sich ohne Zweifel für Professore Chiardis Arbeit interessieren«, sagte Chryse. »Er hat die Forschungslinie zu identifizieren versucht, die die Sternenreisenden zum FTL-Antrieb führte.«
»Dann sind Sie von der Gruppe Gemeinschaft der Nationen, Professor?«, fragte Price und schaute von dem Brötchen auf, das er gerade mit Butter bestrichen hatte.
Chiardi, ein beleibter Mann mit schütterem Haar, einem weißen Spitzbart und langen Koteletten, sagte: »Nein, ich bin von Haller & Partner. Wir führen eine ähnliche Studie wie die Gemeinschaft durch.«
»Und haben Sie schon irgendwelche Ergebnisse?«
»Das ist schwer zu sagen«, erwiderte Chiardi, wobei er seine Worte sorgfältig wählte. »Es scheint jedenfalls ein bestimmtes durchgängiges wissenschaftliches Mysterium in der Galaxis zu geben. Natürlich muss es in keinerlei Beziehung zum Sternenantrieb stehen.«
»Worum handelt es sich?«
Chiardi lächelte verhalten. »Vielleicht möchten Sie einmal raten?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Soweit wir wissen«, sagte Chiardi, »ist es keiner der bekannten Rassen je gelungen, die Existenz der I-Masse plausibel zu erklären.«
Price schaute den europäischen Professor durchdringend an und suchte in seinem Gesichtsausdruck nach einem Hinweis, ob er sich etwa einen Scherz erlaubt hatte. »Ist das Ihr Ernst?«
»Es ist doch so offensichtlich! Deshalb grenzt es fast an ein Wunder, dass wir nicht schon früher darauf gekommen sind.«
»Sind Sie sich Ihrer Ergebnisse sicher?«
Chiardis Schultern hoben sich in einem übertriebenen Achselzucken. »Wer vermag sich überhaupt etwas sicher zu sein, wenn er sich mit außerirdischen Daten befasst?«
Die zwei Wissenschaftler vertieften sich alsbald in ein angeregtes Gespräch, das mit technischen Fachausdrücken gespickt war. Harrold Haller hörte für ein paar Minuten zu, bevor er ihren Dialog unterbrach.
»Entschuldigen Sie meine Unwissenheit«, sagte er, »aber worüber unterhalten Sie beide sich eigentlich?«
»Über I-Massen natürlich«, sagte Chiardi.
»So viel habe ich auch mitbekommen. Was ist mit ihnen?«
»Gemäß allen Theorien dürften sie gar nicht existieren.«
Haller runzelte die Stirn. »Aber das ist doch verrückt.«
»Natürlich ist es das«, sagte Price. »Wir wissen zwar, dass sie existieren – haben aber nie plausibel zu erklären vermocht, wieso . Professor Chiardis Arbeit legt nahe, dass wir in unserer Verwirrung nicht allein sind.«
»Nicht so schnell. Ich vermag nicht mehr zu folgen.«
Chiardi seufzte. »Vielleicht wäre es am besten, noch einmal von vorn anzufangen.«
»Bitte tun Sie das.«
Chiardi lehnte sich zurück und schlug den Ton von jemandem an, der es gewohnt war, vom Podium eines Hörsaals zu sprechen. »Als schwarze
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