Lebenssonden: Roman (German Edition)

klingen, wüsste ich nicht, wie die Gemeinschaft jetzt noch einen Rückzieher machen könnte. Der Vorsitzende hat öffentlich bekannt gegeben, dass er die Bitte der Alphaner in der Vollversammlung unterstützen wird.«
    »Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Vorsitzender seine Meinung ändert. Vergesst nicht, die Leute haben ein kurzes Gedächtnis«, sagte Haller. »Ich glaube eher …«
    Plötzlich ertönte eine panische Stimme im Interkom auf dem Schreibtisch: »Hilf Kimmel, wir werden angegriffen! «
    »Von wem, verdammt?«, rief Haller, als Braedon schon nach dem Kommunikator im Gewand griff. Er hatte gerade mit dem Daumen die Schalterabdeckung hochgeschnippt und den roten Notrufknopf gedrückt, als die Tür des Studierzimmers in einer Geräuschexplosion und einem Splitterregen nach innen flog.
    Zwei Männer in Kellnerlivréen stürzten durch den beißenden Qualm und richteten Handlaser auf die Personen im Zimmer. Gleichzeitig brüllte eine raue Stimme: » Gemeinschafts -Sicherheitskräfte! Niemand bewegt sich.«

44
     
    »Ich empfange ein SOS, Calver.«
    Commander Calver Martin, der vorläufig das Kommando auf dem Sternenschiff Procyon’s Promise hatte, schaute vom Tagesbericht auf, den er studiert hatte, und suchte schnell den Himmel jenseits der Brücken-Sichtkuppel nach Anzeichen von Problemen ab. Diese Reaktion war automatisch, das Ergebnis einer Million Jahre Evolution. Doch aufgrund der nun einmal bestehenden Beschränkungen des menschlichen Auges war nichts zu sehen außer dem unveränderlichen Panorama von Mutter Erde.
    »Identifizieren Sie die Quelle«, befahl Martin.
    »Das Schiff ist die Juanita Gallegos , ein vom Raumhafen Brasilia gestarteter Erde-Orbit-Shuttle«, erwiderte PROM. »Sie melden einen Druckabfall in der Kabine mit Verlusten: zwei Tote und ein Verwundeter mit inneren Verletzungen.«
    »Wieso rufen sie gerade uns?«
    »Sie waren mit Ersatzteilen und Vorräten zur SGC Sentinel unterwegs. Wir sind das nächste verfügbare Schiff. Sie bitten um sofortige medizinische Hilfe.«
    Martin runzelte die Stirn. Die Sentinel war der Kreuzer, der zur Bewachung der Promise abgestellt worden war . Er stand in derselben Bahn wie das Sternenschiff, aber hundert Kilometer vor der Promise .
    »Was sagt die Sentinel dazu?«
    »Kapitän Hansen hat die Identität des Shuttles bestätigt. Er bittet, dass wir jede mögliche Hilfe leisten.«
    »Stellen Sie mich zur Gallegos durch.«
    Eine heisere Stimme mit einem nordamerikanischen Akzent erfüllte plötzlich die Brücke der Promise : »Was hält euch auf, Sternenschiff? Ich habe hier jemanden, der stirbt . Wir brauchen Hilfe …«
    »Achtung, Gallegos! «, erwiderte Martin. »Die Erlaubnis zum Rendezvous wird gewährt. Führen Sie die Annäherung von der Außerorbit-Seite durch, und wir werden Sie über das Hangardeck an Bord nehmen. Unser Arzt wird bereitstehen.«
    »Verstanden, Sternenschiff. Außerorbit-Annäherung. Wir werden in fünf Minuten da sein.«
    »Verständige Doktor Pollard, PROM.«
    »Schon geschehen, Calver.«
    Martin überflog den Horizont der Erde, bis ein winziger Fleck direkt über der hellblauen Linie erschien, die der Rand der Atmosphäre bildete. Der Shuttle wurde zusehends größer, sein Pilot hatte es offensichtlich eilig. So, wie die Düsen der Steuertriebwerke feuerten, wurde die Reaktionsmasse nur so rausgehauen. Das geflügelte Raumfahrzeug hatte sich bis auf fünf Kilometer genähert, als plötzlich Schiffsalarm ausgelöst wurde. PROMs Stimme ertönte auf der Brücke:
    »Alarm! Kapitän Braedon hat sein Notfunkfeuer auf der Oberfläche des Planeten ausgelöst.«
    »Stehst du mit ihm in Verbindung?«, fragte Martin.
    »Negativ. Wir sind nicht in Reichweite für Stimmübertragungen.«
    »Öffne einen Kanal zur Gallegos .«
    »Offen, Calver.«
    »Drehen Sie ab, Shuttle! Die Erlaubnis zum Anlegen wird hiermit widerrufen! Ich wiederhole, die Erlaubnis wird widerrufen. Verschwinden Sie verdammt noch mal von meinem Schiff!«
    »Zu spät«, sagte PROM. »Er hat Raketen gestartet.«
    »Wie lang …« Martins Frage wurde plötzlich durch ein ohrenbetäubendes Scheppern auf dem Rumpf der Promise unterbrochen.
    »Multipler Aufprall«, meldete PROM. »Keine Explosionen, kein Einschlag.«
    »Was zum Teufel?«, fragte der Erste Offizier der Promise eher verdutzt als erschrocken.
    »Die Sentinel versucht zu kommunizieren, Calver.«
    »Schalte auf Lautsprecher und dann wirf die Konverter an. Wir hauen ab!« Er drehte sich zur Befehls-Konsole