Lebenssonden: Roman (German Edition)

vollständige Abwesenheit des Lichts, dass es eine spürbare Kraft auf die Seele ausübte. Er wandte den Blick von der hypnotischen Weite des Nichts ab und drückte die Taste in der Armlehne seines Stuhls, die das Intraschiff-Kommunikationssystem aktivierte.
    »Abteilungsleiter, Statusmeldung.«
    Der Interkom erwachte sofort zum Leben. Die Besatzung brannte genauso darauf wie ihr Kapitän, die lange Reise zu beenden. Zwei Minuten später meldete sich Braedons Erster Offizier.
    »Alle Abteilungen melden Bereitschaft, Kommodore.«
    »Sehr gut. PROM, den Sichtkuppel-Schild ausfahren.«
    »Schilde, Robert.« Normalerweise flog das Schiff als Sicherheitsmaßnahme mit ausgefahrenen Schilden, doch Braedon hatte angewiesen, die Sichtkuppel offen zu lassen, damit er die Schwärze des FTL-Flugs zu schauen vermochte. Innerhalb von Sekunden schoben lamellenartige Strahlungs-Schutzschilde sich vor die Sichtkuppel und blendeten den schwarzen Himmel aus.
    »Waffen feuerbereit.«
    »Waffen sind feuerbereit.«
    »Kommunikation.«
    »Bereit, Sir.«
    »Zeit?«
    »Zwei Minuten und abnehmend.«
    Braedon nickte. »Du hast die Kontrolle, PROM. Zähl uns runter, bevor wir springen.«
    »Anweisung erhalten und bestätigt.«
    Nachdem er alles in seinen Kräften Stehende getan hatte, entspannte Braedon sich. Er lehnte sich auf dem Sitz zurück und lauschte dem Rauschen des Bluts in den Ohren. Falls jetzt noch irgendetwas schief ging, würde der Tod so schnell kommen, dass menschliche Sinne es überhaupt nicht registrierten.
    »Zehn Sekunden«, meldete PROM nach einer scheinbar endlosen Wartezeit. Ihre Stimme hallte noch in den hintersten Winkeln des Schiffs wider. Es trat erneut eine Pause ein. Dann sagte sie: »Fünf Sekunden. Vier … drei … zwei … eins.
    Ausbruch!«

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    Kein Objekt, das die als Masse bekannte Eigenschaft besitzt, vermag sich jemals schneller zu bewegen als elektromagnetische Strahlung in einem Vakuum. Die Geschwindigkeit des Lichtes ist eine absolute, unverletzliche Grenze. Man vermag sich ihr zu nähern, aber sie nie zu erreichen. Jeder, der etwas anderes behauptet, ist ein Dummkopf, ein Scharlatan oder ein gottverdammter Lügner!
     
    Ein Physiker zu einem Reporter von The Luna Gazette, 16. Juli 2068
    Ein Großteil des eindrucksvollen Gebäudes, das die moderne Wissenschaft darstellt, wurde auf dem Fundament der von Albert Einstein entwickelten Speziellen Relativitätstheorie errichtet. Die Spezielle Relativität besagt, dass die Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum die universale Geschwindigkeitsbegrenzung sei, dass sowohl Masse als auch Zeit eine Funktion der Geschwindigkeit seien und dass Materie ein Äquivalent von Energie sei (die berühmte Gleichung E = mc 2 ).
    Nach der Rückkehr der Alphaner-Kolonisten zur Erde wurde offenbar, dass die Spezielle Relativität mit einem großen Manko behaftet war. Doch selbst mit einem funktionierenden Sternenschiff als Anschauungsobjekt bestanden die meisten bedeutenden Wissenschaftler der Menschheit darauf, dass überlichtschnelle Fortbewegung die Naturgesetze verletzte. Genauso wenig vermittelte die Kampagne, die Datenbanken zu diesem Thema zu befragen, neue Einsichten, nachdem man sich schon mühsam dazu durchgerungen hatte, die I-Masse für den Sternenantrieb zu akzeptieren.
    Obwohl die Prinzipien des Sternenantriebs schwer fassbar waren, erwies sich die Mechanik seines Betriebs als recht verständlich. Der Antrieb wurde von einer komplexen Reihe von Wellenformen aktiviert und kontrolliert, die über Tausende einzelner Steuerkanäle in die FTL-Generatoren eingespeist wurden. Jedes Eingangssignal war durch eine bestimmte Frequenz und Phase mit allen anderen gekoppelt. Wissenschaftler vertraten die Theorie, dass die einzelnen Signale in den Generatoren zu einer komplexen Abfolge von Harmonien sich vereinigten, die das Sternenschiff aus dem Normalraum »entführten«.
    Es kam in Mode, den FTL-Generator als Analogie des Klangkörpers einer Geige oder Gitarre zu betrachten. Forscher benutzten den Begriff Verstärker (was genau er verstärkte, wussten sie allerdings nicht). Dennoch entdeckten die Wissenschaftler trotz der allgemeinen Unkenntnis der zu Grunde liegenden Prinzipien schnell, dass, je präziser das optimale Frequenz-/Phase-Verhältnis aufrechterhalten wurde, desto höher auch die Geschwindigkeit eines Sternenschiffs wurde.
    Als die Schiffswerften des Sonnensystems die letzten Retuschen am ersten Sternenschifffrachter vornahmen, hatten Ingenieure die