Lebenssonden: Roman (German Edition)
privaten Besichtigung der Schiffswerft ein.
»Ich weiß, dass Sie im nächsten Monat mit der Procyon’s Promise nach Alpha fliegen wollen, Kapitän«, sagte Haller, als er Braedon durch eine der weitläufigen Elektronik-Werkstätten im Habitat führte.
»Das stimmt«, erwiderte Braedon. »Man scheint die Situation hier im Griff zu haben, und unsere Leute haben schon allzu lange nichts mehr von uns gehört.«
»Ich kann mir vorstellen, dass nach Ihrer Rückkehr eine große Feier auf Sie wartet.«
Braedon grinste. »Das ist gut möglich«, sagte er mit bewusster Untertreibung.
Harrold Haller schwieg für einen Moment und sagte dann: »Dürfte ich Sie vielleicht um einen Gefallen bitten?«
»Nur zu.«
Haller grinste verschmitzt. »Ich möchte, dass Sie meine Tochter als ein Mitglied der Besatzung von Promise mitnehmen.«
Braedon runzelte die Stirn. »Chryse? Wieso denn?«
»Ohne Zweifel wissen Sie, dass sie es sich in den Kopf gesetzt hat, ein Raumfahrer zu werden!«
Braedon nickte. »Sie hat so etwas erwähnt.«
»Ich halte das für ausgemachten Blödsinn«, sagte Haller. »Sie hat kein Recht, sich im Weltall herumzutreiben. Ich brauche sie hier, um das Geschäft zu führen. Ich werde schließlich auch nicht jünger, müssen Sie wissen.«
»Auf mich machen Sie einen kerngesunden Eindruck«, sagte Braedon und musterte seinen geschniegelten grauhaarigen Gastgeber.
»Darum geht es auch nicht. Ich brauche Chryses Hilfe bei der Leitung von Haller & Partner. Sie ist mein starker rechter Arm. Ich kann es mir nicht leisten, sie zu verlieren.«
»Und wieso soll ich sie dann nach Alpha mitnehmen?«
Haller lachte. »Es wird Sie vielleicht wundern zu hören, dass ich früher selbst einmal Besatzungsmitglied auf einem interplanetarischen Raumfahrzeug war, Kapitän. Der nachhaltigste Eindruck, den ich auf diesen Reisen gewonnen habe, ist tödliche Langeweile.«
Braedon nickte. »Wochen der Langeweile, aufgelockert durch Momente schieren Entsetzens!«
»Genau. Ich hoffe, dass sie – nachdem sie mal ins Leben eines Raumfahrers reingeschnuppert hat – diese Schnapsidee wieder vergisst. Wenn sie mit zu Ihnen nach Hause fliegt, sitzt sie wahrscheinlich in ein paar Monaten wieder am Schreibtisch. Wenn sie jedoch darauf besteht, an dieser Expedition zur Suche der Schöpfer teilzunehmen, würde ich sie vielleicht auf Jahre hinaus verlieren!«
»Ich könnte jemanden im Büro des Zahlmeisters brauchen«, sagte Braedon nach kurzer Überlegung.
»Sie könnten einen schlechteren Griff tun«, sagte Haller. »Chryse ist eine erstklassige Verwalterin.«
»Aber Sie werden sie vielleicht nicht zurückbekommen«, gab Braedon zu bedenken.
Auf Hallers Gesicht zeigte sich plötzlich eine Mischung von Gefühlen, die Braedon kaum zu deuten vermochte. »Ich habe sie eh schon verloren. Ich bin bereit, das Risiko einzugehen.«
Wie sich herausstellte, war Chryse Haller nicht der einzige Solarier an Bord der Procyon’s Promise , als das Sternenschiff nach Hause aufbrach. Braedon erhielt nämlich regelmäßig Anfragen, Alphaner-Techniker und Ingenieure zum Dienst auf den Schiffswerften abzustellen. Gelehrter Price war als Erster gegangen. Noch vor ein paar Monaten waren fast alle Spezialisten der zweiten und dritten Garnitur der Promise als Vollzeitkräfte »auf dem Bau« beschäftigt. Schließlich hatte Braedon einen so großen Teil seiner Besatzung verloren, dass die Promise praktisch genauso unbeweglich war wie mit den Haftminen am Rumpf.
Um das Problem zu lösen, bat er die Solarier, Ersatz zu stellen. Die Raumwacht stellte umgehend hundert ihrer besten Leute für den Dienst an Bord des Sternenschiffs ab. Die solcherart abkommandierten Offiziere und Mannschaften sollten den Kern der Solarier-Sternenflotte bilden.
Als die Procyon’s Promise sich schließlich von Sol entfernte, quollen ihre Frachträume schier über mit Produkten der Solarier-Industrie. Und das Schiff trug auch menschliche Fracht: Fast hundert Solarier-Diplomaten, Ingenieure und Wissenschaftler waren an Bord. Die Diplomaten sollten in Procyon eine Botschaft gründen, während die Ingenieure und Wissenschaftler die Relikte der Aliens aus erster Hand studieren wollten. Die Besatzungs-Quartiere waren derart überfüllt, dass Braedon gezwungen wurde, Essen und Schlafen im turnusmäßigen Schichtbetrieb zu organisieren.
Der Ausbruch am Rand des Procyon-Systems war eine emotionale Erfahrung für die Alphaner. Sie brauchten ein paar Stunden, um auf eine Geschwindigkeit
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