Lebenssonden: Roman (German Edition)
planetarisches Bevölkerungszentrum identifiziert hatte.
»Fotografisches Mosaik ist im Speicher, und ich komme nach Hause«, meldete Zou Chou Leng, der Pilot der Göttlicher Wind , nachdem er fünf atemberaubende Minuten dicht über den Ausläufern der Atmosphäre des Planeten verbracht hatte. »Keine Anzeichen von Aktivitäten festgestellt. Keine Industrie-Emissionen beobachtet.«
»Von hier ist auch nichts zu sehen«, meldete Terra Braedon von ihrer Position hoch über Lengs Schiff.
Leng übermittelte die Daten per Kommunikationslaser ans Sternenschiff und dann machte sein Scoutboot sich wieder auf den langen Rückflug. Selbst bei maximaler Übertragungsgeschwindigkeit dauerte es zehn Sekunden, bis jedes hoch auflösende Bild auf der Pseudooberfläche eines Holoschirms sich aufbaute. Überall in der Procyon’s Promise saßen kleine Gruppen still zusammen und schauten fasziniert zu, wie schnelle Lichtpunkte Ansichten einer außerirdischen Welt zeichneten.
Gleich zu Beginn stellte sich heraus, dass der zweite Planet der K0-Sonne hoch zivilisiert war. Das Bevölkerungszentrum, das das primäre Ziel der Kameras der Göttlicher Wind gewesen war, erwies sich als viel größer, als man zunächst geglaubt hatte. Es erstreckte sich über den halben Kontinent und schwappte an einer Stelle sogar hundert Kilometer weit ins Meer hinaus. Das Luftbild der Stadt unterschied sich auf den ersten Blick kaum von einer ähnlichen Ansicht eines menschlichen Pendants. Menschliche Städte neigen dazu, gemäß den jeweils existierenden wirtschaftlichen Bedingungen zu wachsen beziehungsweise zu schrumpfen. Das Ergebnis ist ein uneinheitliches Bild, das sogar dem oberflächlichen Betrachter auffällt.
Die Stadt auf dem Bildschirm hatte jedoch eine homogene Anmutung, als ob sie in einer Nacht oder strikt nach einem Masterplan errichtet worden wäre. Nicht, dass es keine architektonischen Variationen der einzelnen Komponenten gab. Es gab sogar viele. Lange, schlanke Türme standen neben geduckten Kuppeln, kleine quaderförmige Strukturen mischten sich unter geflügelte Wolkenkratzer und die glatten Linien eines Glasquaders standen neben einem scheinbar chaotischen Haufen von Pyramiden. Aber die Variationen schienen gut austariert – ohne die auffällige Konzentration ähnlicher Stilrichtungen an bestimmten Punkten. Wenn es einmal ein Stadtzentrum gegeben hatte, dann hatte der Zahn der Zeit es völlig abgenagt. Die Stadt der Schöpfer unterschied sich auch noch in einer anderen Hinsicht von menschlichen Städten. Sie war kreuz und quer von breiten Waldstücken und Grünflächen durchzogen – manche mit gepflasterten Pfaden, andere im Stil eines Landschaftsparks.
Doch so atemberaubend die Stadt auch war – die Ansichten, die die Wissenschaftler an Bord der Promise am meisten interessierten, befanden sich weit außerhalb der Stadt. Wohin auch immer der Blick der Kameras fiel, fanden sie Beweise für das Wirken intelligenter Wesen. Der südliche Kontinent mutete wie ein einziger riesiger Park an. Flüsse strömten geradlinig durch die Landschaft und verschwanden zuweilen in Tunnels, die man durch Bergketten getrieben hatte. Ganze Wälder schienen akkurat in geometrischen Mustern angepflanzt worden zu sein. Kulturlandschaften wechselten sich in »friedlicher Koexistenz« mit Wildwuchs ab. Parzelliertes Grasland war auf tausenden Kilometern mit Hecken bepflanzt, um die Kraft des Windes zu brechen. Die Küste des Kontinents wurde auf ganzer Länge von Buchten und Fjorden markiert, die in zu regelmäßigen Abständen aufeinander folgten, um natürlichen Ursprungs zu sein. Der Formgebung nach zu urteilen waren sie für die speziellen Bedürfnisse der Schöpfer ausgebaggert worden.
»Ich frage mich, ob der ganze Planet so aussieht«, sagte Robert Braedon versonnen, während er und Horace Price eine idyllische Szene nach der anderen goutierten.
»Wieso nicht?«, entgegnete Price. »In einer Million Jahren kann man viel Gartenarbeit verrichten.«
»PROM!«
»Ja, Robert.«
»Liegen schon Schätzungen bezüglich der Bevölkerung dieser Stadt vor?«
»Die Daten genügen noch nicht. Über hundert Millionen, aber weniger als eine Milliarde, schätze ich.«
Braedon stieß einen Pfiff aus und widmete sich wieder der Beobachtung der Daten, die auf dem Bildschirm erschienen. Zwanzig Minuten später meldete PROM sich wieder.
»Sie sollten sich einmal das Bild anschauen, das gerade reinkommt, Robert.«
Braedon betätigte das Bedienelement, das
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