Lebenssonden: Roman (German Edition)
Nationen.
»Guten Morgen, Savala«, sagte er gut gelaunt zu der jungen Frau, die am Empfang saß.
»Oh, guten Morgen, Oberst M’Buto! Wir hatten nicht erwartet, Sie heute zu sehen.«
»Ich hatte das selbst auch nicht erwartet. Jedoch muss man in dieser unvollkommenen Welt stets bereit sein, den einmal eingeschlagenen Weg kurzfristig zu ändern. Ist der Chef da?«
»Jawohl, Sir.«
»Melden Sie mich bitte an.«
Savala drehte sich um und sprach für ein paar Sekunden in ein Mikrofon. Dann drehte sie sich wieder zu M’Buto um. »Der General wird Sie jetzt empfangen, Sir.«
»Danke.«
General M’ava Yaruanda thronte hinter einem wuchtigen Teakholzschreibtisch. Ein mit Zebrahaut bespannter Schild und zwei gekreuzte Speere hingen hinter ihm an der Wand. Der General war mit einem konservativen Geschäftsgewand und einer Krawatte bekleidet, was ihm das Erscheinungsbild eines urbanen internationalen Geschäftsmanns verlieh. Diesen Eindruck versuchte er auch allen Besuchern zu vermitteln. Und seine Bemühungen waren auch erfolgreich; zum Teil deshalb, weil die meisten Menschen die Tätowierungen der Kriegerkaste nicht zu deuten vermochten, die seine Wangen und Stirn schmückten.
M’Buto schritt zur Vorderseite des Schreibtischs, fiel auf die Knie und senkte in einer ruckartigen Bewegung den Kopf. » Zu Ihren Diensten, Jagdmeister «, sagte er in rituellem Xhosa.
»Stehen Sie auf und setzen Sie sich, Oberst.«
Der General wartete, bis M’Buto es sich auf einem der Besucherstühle bequem gemacht hatte, und trommelte dann ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte. »Sagen Sie mir, Oberst, wieso wir jedes Jahr unsere Schatulle so weit für Ihre Abteilung öffnen müssen?«
»Ich verstehe nicht, Herr.«
»Wir verwöhnen euch Nachrichtendienstler mit dem Besten, was wir haben. Aber wenn es darum geht, wirklich wichtige Information über eine Sache zu beschaffen, die lebenswichtig für unsere Nation sind, muss ich sie aus einem popligen Nachrichtenfax erfahren.«
»Keine Entschuldigung, Herr. Ich war gerade auf dem Rückweg zur Erde, um zu sehen, was ich über das UN-Projekt in Erfahrung zu bringen vermochte, als ich die Nachricht hörte. Wie viel von dem, was die Papiere sagen, ist denn wahr?«
»Wahr?«, fragte Yaruanda und versuchte gar nicht erst, seine Verärgerung zu verhehlen. »Alles natürlich! Jeder mit einem primären Satellitenempfänger muss nur den Fokus in Richtung des Außerirdischen neu justieren, wenn er die Botschaft aus erster Hand hören will. ›Elektronische Aufklärung für die Massen‹, so hat der Botschafter sich ausgedrückt.«
»Haben wir eine Aufnahme?«
Der General griff in den Schreibtisch und brachte ein Aufnahme-Modul zum Vorschein. »Hier. Unsere besten Leute befassen sich mit dem wissenschaftlichen Aspekt. Sie konzentrieren sich auf die allgemeinen Informationen.«
»Die Nachrichtenagenturen behaupten, das außerirdische Schiff sei unbemannt.«
Der General nickte. »Anscheinend ein Instrumentenpaket, das von einem Computer gesteuert wird, der sich selbst als Sonde bezeichnet. Sie sagt, dass sie auf einer Mission der wissenschaftlichen Datensammlung sei, und bittet uns um Hilfe, sie auf den Heimflug vorzubereiten. Sie hat sogar angeboten, für unsere Hilfe zu zahlen.«
»Bezahlung? Davon hatte ich noch nichts gehört«, sagte M’Buto und runzelte die Stirn. »Welches Tauschmittel?«
»Fortgeschrittene wissenschaftliche Erkenntnisse. Sie hat ein paar Muster gesendet.«
»Was plant die Vollversammlung?«
»Die VV setzt die Debatte …« Yaruanda warf einen Blick auf die Armbanduhr. »… in sechsundfünfzig Minuten fort. Botschafter Boswani betreibt seit ein paar Tagen eine Verzögerungstaktik, um uns Zeit für die Formulierung einer Position zu verschaffen. Das fällt ihm nicht schwer, denn die anderen Botschafter tun das auch. Sie haben nun die Aufgabe, diese Aufzeichnung zu studieren. Der Premier-Minister will unsere Empfehlung, ob er die Resolution zur Begrüßung dieser Sonde unterstützen oder ablehnen soll. Und zwar schnell.«
18
Die Sonne war größer und heller, als SONDE sie je zuvor gesehen hatte. Das Erde-Mond-System hatte sich auch verändert. Die Heimat der Menschen war nicht mehr nur ein elliptischer Lichtklecks in ihren Teleskopen, sondern zeigte sich auch bei relativ geringer Vergrößerung bereits als eine lebendige Welt. Erst zum zweiten Mal in ihrer langen Existenz war SONDE einem Planeten nahe genug, um ihn direkt zu untersuchen. Dennoch
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