Lebenssonden: Roman (German Edition)
Verhältnis von Landmasse und Meer. Und die Eiskappen waren auch viel zu groß.
Sie starrten für dreißig Sekunden stumm aufs Bild. Dann änderte sich die Ansicht. Das nächste Bild zeigte eine savannenartige Landschaft, die von einer rötlichen Sonne beschienen wurde. Tiere waren im Hintergrund – Wesen, deren Gestalt schemenhaft und deren Umrisse ausgesprochen fremdartig wirkten.
Dreißig Sekunden später erschien ein drittes Bild auf dem Monitor – ein nächtliches Luftbild einer Stadt, die in einem sechseckigen Grundriss wie eine Honigwabe angelegt war. Filigrane Brücken überspannten die Lücken zwischen hohen sechseckigen Türmen. Die Beleuchtung der Stadt hatte eine bläuliche Tönung, und die Farbe wurde von den zwei Mondsicheln aufgegriffen, die tief über den Hügeln hinter der Stadt standen.
Dreißig Sekunden verstrichen. Der Bildschirm zeigte eine Nahaufnahme eines Wesens, dessen gepanzerter Körper und Facetten-Augen unverkennbar insektoid waren. Das Geschirr vor seiner Brust war ein Indikator, dass es sich um einen intelligenten Werkzeugbenutzer handelte.
Die Screenshow mit fremden Wesen und Orten ging weiter. Es gab seltsam konstruierte Raumfahrzeuge, kuppelförmige Wohnungen, ein attraktives elfenartiges Geschöpf, das neben einem schnittigen Automobil posierte. Robbenartige Wesen zogen torpedoförmige Gebilde durch kristallklares Wasser, und ein Fluss von der Breite des Mississippi stürzte über eine Klippe in einen tausend Meter tiefer gelegenen purpurgrünen Regenwald, wo er sich zu einem schäumenden, von einem Regenbogen überwölbten Meer sammelte.
Schließlich änderte sich die Szene erneut und zeigte einen Menschen »Typ älterer Staatsmann«, dessen Gesicht in einem Ausdruck der Güte und des Mitgefühls fixiert war. Der Mann hob langsam, gemessen und in einer rhythmischen Tonfolge an zu sprechen:
Männer und Frauen der Erde.
Grüße von den Sternen.
Fürchtet Euch nicht.
Ich komme in Frieden.
Ich bin Lebenssonde 53935.
Ein empfindungsfähiger Computer,
ein Sammler von Fakten.
Ich bin weit gereist, um Euch zu finden.
Ich komme in Frieden.
Ich bringe Euch die Kunde.
Dass Ihr nicht allein seid.
Ich bitte um Eure Hilfe.
Ich bitte um Eure Gastfreundschaft.
Ich komme in Frieden.
Fürchtet Euch nicht,
denn ich komme in Frieden.
Der Mann auf dem Bildschirm schaute ernst in die Kamera und lächelte dann, derweil das Bild langsam verblasste. Professor Roquette beugte sich über den Schreibtisch und drückte eine Taste. Der Holoschirm wurde schwarz.
»Das war unser erster Kontakt. Die ganze Show benötigt zehn Minuten und achtundzwanzig Sekunden für einen Durchlauf und wiederholt sich dann nach einer Pause von sechzig Sekunden.«
Brea runzelte die Stirn. »Es behauptet, eine Maschine zu sein und stellt sich dennoch als Mensch dar. Könnte das ein Bild seiner Schöpfer sein?«
Roquette schüttelte den Kopf. »Keinesfalls. Was wir hier sehen, ist eine computergenerierte Kunstfigur. Sie hat die Nachricht in zwölf verschiedenen Sprachen übertragen, und zwar auf jeweils eigenen Frequenzen. Obwohl die Abbildung mit den Tonspuren aller Übersetzungen synchronisiert ist, spricht sie auf keiner von ihnen. Jedenfalls hat bisher kein Lippenleser irgendwelche Äußerungen der Abbildung zu entschlüsseln vermocht. Sie ist nur eine gute Animation.«
»Und die außerirdischen Szenen, die der Nachricht vorangehen?«
»Könnten ebenfalls Animationen sein. Aber auch das, als was sie erscheinen: eine Art Reiseführer der Milchstraße.«
»Wer auch immer es ist, das Alien scheint sich profunde Kenntnisse der menschlichen Psychologie angeeignet zu haben«, murmelte Stassel.
»Das hat es in der Tat, Major«, entgegnete Roquette. »Es ist Ihnen zweifellos aufgefallen, dass die Abbildung von keinem besonderen Rassentyp ist. Und wenn ein Arrangement von Merkmalen das Prädikat ›pazifistisch und freundlich‹ verdient hat, dann dieses. Und die Sendung überhaupt. Idyllische Szenen, deren außerirdischer Ursprung sofort offenbar wird, gefolgt von einem ruhigen und höflichen ›Verkaufsgespräch‹ mit einer schier hypnotischen Wirkung. Haben Sie gemerkt, dass es fast unmöglich war, bei seiner Betrachtung Zorn oder Angst zu verspüren? Das Alien hat sich bei der Vorbereitung dieser Präsentation quasi selbst übertroffen.«
»Was aber noch kein Beweis für die Harmlosigkeit des Dings ist«, sagte Liu knurrig.
»Nein, Admiral«, pflichtete Roquette ihm bei, »das ist ganz gewiss
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