Lebensversicherung (German Edition)
Entwicklung. Impfstoffe sind bekannt, gegen jegliche
Seuchen. AIDS ist heilbar! Die Grippe! Es werden Viren beschrieben, die ich
nicht kenne. Die Entwicklung der Chlamydien. Meine Herren, ich –
Joseph versuchte, seine Erregung zu beherrschen.
- Warum werden die Erkenntnisse über Seuchenheilung nicht verwendet?
Warum lässt man Millionen sterben?
Plötzlich wurde ihm klar, dass ihm seine Fragen beantwortet
werden würden.
Hier und jetzt.
- Meine Programme. Sie werden nur für Wenige benutzt. Warum?
Politik, ach ja. Wir sprachen darüber .
Joseph machte eine Pause und sah auf seine Hände.
- Wie kann man verheimlichen, dass lebende Organe zur
Verfügung stehen?
Erst jetzt konnte er seinen unfassbaren Gedanken aussprechen.
Hilfesuchend blickte er seinen Chef an.
- Dr. Zacharias, es werden Hinrichtungen nach Bedarf
durchgeführt! Wußten Sie das?
Was für eine blöde Frage. Joseph realisiert seine Naivität im
selben Moment, als seine Worte aus dem Mund kamen.
- Ja, selbstverständlich. Nach Bedarf. Sonst wären
Todestrakte doch unsinnig. Das jahrelange Vorhalten der Kandidaten doch
finanziell unverantwortlich.
Lassen Sie es mich so sagen, Dr. Banks, wir schaffen uns den
gläsernen Menschen. Wir nehmen uns die Zeit. Wir beobachten die Gefangenen.
Mit der Todesstrafe sind sämtliche Persönlichkeitsrechte
hinfällig. Wir pflegen unsere potentiellen Spender, wir ernähren sie,
trainieren sie, erhalten sie, bis sie ihre Verbrechen wiedergutmachen können.
Was ist falsch daran? Ihre Organe gehören uns, dem Staat, wenn Sie so wollen, ab
der Verkündung des Urteils.
Dr. Zacharias lehnte sich zurück.
Joseph suchte den Blick von Dr. Teeman. Die Logik Zacharias´
hatte ihn sprachlos gemacht.
Also doch, sie halten die Dinger auf Vorrat.
- Wir haben dafür gesorgt, dass die Todesstrafe in den
meisten Bundesstaaten zugelassen ist. In einigen wurde sie wieder eingeführt.
Es sind jetzt 38.
Wir haben unseren Pool vergrößert, sozusagen. Über 3.300
Delinquenten warten auf ihre Hinrichtung. Im Schnitt exekutieren wir zwei pro
Woche, Tendenz steigend.
Der Bedarf ist groß. Weltweit. Sie erinnern sich, letztens
war König Hussein hier. Jordanien. Wir konnten ihm leider nicht helfen.
Pinochet in England. Mitterand hätten wir helfen können, aber das war politisch
nicht opportun. Boris Jelzin. Was glauben sie, wann der bereits gestorben wäre?
Dr. Zacharias griff nach seiner Pfeife. Weihrauch dem Klerus.
Joseph erwartete schon den süßlichen Geruch.
- Sehen Sie, Dr. Banks, Politik. Der Präsident war bislang
nur halbherziger Befürworter der Todesstrafe. Die Praktikantin hat uns nicht
geholfen. Er blieb im Amt. Jetzt bekam er einen Herzinfarkt. Ich denke, er wird
nun von ganzem Herzen unsere Sache vertreten. Wir werden ihn einweihen. Er wird
kooperieren.
Dr. Teeman hatte sich eingemischt. Normalerweise war er eher
der ruhige Beobachter. An seiner Hand bemerkte Joseph den gleichen Ring mit dem
gleichen Siegel wie Dr. Zacharias ihn trug.
Zacharias quittierte den Satz "von ganzem Herzen"
mit einem Lächeln. Er wurde jedoch gleich wieder ernst.
- Es ist Politik. Es handelt sich um Macht. Das Wesen der
Macht hat sich seit Jahrtausenden nicht verändert. Im Grunde ist es gleich
geblieben. Die Intervention der Macht jedoch ändert sich in ihrem Mittel. Sie
ist heute öfters nötig als früher. Nehmen Sie die Überbevölkerung. Wir können
da nicht zusehen. Die Welt würde unregierbar werden.
Dr. Zacharias sah Joseph jetzt eindringlich an.
- Ich möchte, dass Sie mir folgen, Joseph. Wir müssen die
Bevölkerung kontrollieren. Wir haben natürliche Mittel. Andere erfinden wir.
Epidemien pflegen wir sie zu nennen. Seuchen, Grippe, Herzinfarkte, AIDS,
Krebs. Sie haben es genannt. Vieles mehr. Auch bei Säuglingen sind wir
erfolgreich. Nehmen Sie zum Beispiel den Plötzlichen Kindstod. SIDS. Sudden Infant Death
Syndrome. Sehr
erfolgreich. Und die Autopsien versorgen uns mit unschätzbaren pränatalen
Organen. Leider ist das jetzt aufgefallen in England und Deutschland. Aber mit
der Zeit werden wir wieder Wege finden -
Zacharias spitzte die Lippen und Teeman nickte
selbstgefällig.
- Ja, wir könnten sie heilen, Seuchen ausrotten. Doch wofür?
Joseph wäre am liebsten aufgesprungen. Zacharias fuhr fort.
- Natürliche Geburtenkontrolle gibt es auch im Tierreich.
Denken Sie an Ratten. Werden sie zu viele, leiden sie unter Stress. Sie werden
krank, infertil. Das führt zur Bevölkerungsreduktion. Oder
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